Wurde Harald Wohlfahrt kaltgestellt, um seinem Nachfolger Platz zu machen? Foto: dpa

Generationswechsel in Traube Tonbach beschäftigt Arbeitsgericht. Inhaber spricht angeblich Hausverbot aus.

Baiersbronn - Die Gourmetszene im In- und Ausland schluckt schwer: Sternekoch Harald Wohlfahrt trat wohl nicht freiwillig als Küchenchef der legendären "Schwarzwaldstube" in Baiersbronn (Kreis Freudenstadt) ab. Wurde er kaltgestellt, um seinem Nachfolger Platz zu machen?

Wohlfahrt klagt gegen seinen Arbeitgeber – das renommierte Hotel Traube Tonbach. Noch aber sind die Vorgänge schwer einzuschätzen: Vom Hotel und der Inhaberfamilie Finkbeiner gibt es bislang trotz Anfrage unserer Zeitung keine Stellungnahme.

So viel ist bekannt: Am Freitag veröffentlichte das Arbeitsgericht Pforzheim eine Mitteilung, deren Brisanz sich in Windeseile verbreitete. Spitzenkoch Wohlfahrt (61) hat dort eine einstweilige Verfügung gegen die Traube Tonbach beantragt. Hintergrund: "Der Inhaber des Hotels übergab Herrn Wohlfahrt am 2. Juli ein Schreiben, mit dem ihm Tätigkeiten eines kulinarischen Direktors zugewiesen wurden. Kurze Zeit später wies der Inhaber Herrn Wohlfahrt an, es zu unterlassen, die Räume der Schwarzwaldstube aufzusuchen. Herr Wohlfahrt möchte mit seinem Antrag nun erreichen, als Küchenchef der Schwarzwaldstube weiter beschäftigt zu werden", heißt es in der Mitteilung des Gerichts. Der Küchenchef, der dem Haus drei Sterne geholt und über Jahre verteidigt hat, einfach entthront? Oder konnte Wohlfahrt sich einfach nicht von der Chefrolle lösen? So heißt es jetzt in Medien.

Im einstweiligen Verfügungsverfahren prüfe das Gericht nicht nur, ob Wohlfahrt Anspruch auf Weiterbeschäftigung zusteht. Es bewertet, ob die Sache "so eilbedürftig ist, dass dem Kläger ein Abwarten des normalen arbeitsgerichtlichen Verfahrens nicht zumutbar ist". Ansonsten würde Wohlfahrts Antrag in Gänze an formalen rechtlichen Gründen scheitern.

Das wiederum wäre ebenfalls eine Überraschung. Denn der Sternekoch aus dem Schwarzwald lässt sich von einem Star-Anwalt vertreten: der Kanzlei von Christoph Schickhardt aus Ludwigsburg, zu deren Mandanten viele Profisportler zählen. Schickhardt gilt nicht nur als ausgebuffter Jurist, sondern ist durch viele prominente Fälle auch medienerfahren.

Eine öffentliche Verhandlung ist am 25. Juli angesetzt

Das öffentliche Interesse dürfte in diesem Fall auch enorm sein. Wohlfahrt ist Deutschlands dienstältester Drei-Sterne-Koch. Er schrieb Geschichte in der deutschen Gastronomie und erhielt das Bundesverdienstkreuz. Seit 41 Jahren arbeitet er in der Traube Tonbach. Viele Nachwuchsköche, die durch seine Schule gingen, holten später selbst Michelin-Sterne.

Im Mai hatte die Traube Tonbach bekannt gegeben, dass Wohlfahrt als Küchenchef der "Schwarzwaldstube" zurücktrete und das Zepter an seinen bisherigen Sous-Chef Torsten Michel (39) übergebe. Wohlfahrt bleibe dem Haus aber erhalten, hieß es, wobei die genaue Tätigkeit noch festzulegen sei. Wohlfahrt selbst hatte zu dieser "Zäsur" im Hause auffällig geschwiegen – offenbar nicht ohne Grund.

Laut Anwältin Leonie Frank, die den Fall in der Kanzlei Schickhardt vertritt, klagt Wohlfahrt "schlicht und ergreifend auf eine vertragsgemäße Beschäftigung". Sie sei ihm "einseitig und vertragswidrig entzogen" worden. Er habe sich arbeitsrechtlich nichts zuschulden kommen lassen. "Das steht auch überhaupt nicht im Raum", so Frank. Da die "Schwarzwaldstube" sein "Lebenswerk" sei, verlange Wohlfahrt eine "faire, respektvolle Lösung". Gespräche, wann und wie der Herd übergeben werden könnte, habe ihr Mandant immer angeboten.

Den Generationswechsel "in leisen Tönen", wie ihn Inhaber Heiner Finkbeiner angestrebt hat, wird es wohl nicht mehr geben. Das Arbeitsgericht Pforzheim hat eine öffentliche Verhandlung angesetzt, Termin ist der 25. Juli. Ob es zu einem öffentlichen Streit kommt? Wohlfahrt zeige sich grundsätzlich gesprächsbereit für eine gütliche Einigung. "Einer sinnvollen Lösung würden wir uns sicher nicht verschließen", sagt Anwältin Frank.