Viele Gemeinden müssen im Südwesten mit Schlaglochpisten leben. Foto: Dold

Nils Schmid und Wolfgang Grupp diskutieren in Baiersbronn über die Zukunft des ländlichen Raums.

Baiersbronn - Arbeitsplätze und Infrastruktur – welche Chancen haben Handwerk und Industrie im ländlichen Raum? Diese Frage stand im Mittelpunkt des zweiten Teils der Veranstaltungsreihe "Dunkle Wälder – Bunte Perspektiven" der Gemeinde Baiersbronn (Kreis Freudenstadt).

Mit dem Auto auf der Schlaglochpiste und im Schneckentempo ins Internet, das sind die Startbedingungen, mit denen viele Gemeinden den Wettlauf um Einwohnerzahlen und Fachkräfte landesweit antreten müssen. Neben Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) diskutierten Wolfgang Grupp, Geschäftsführer und Inhaber der Firma Trigema (Burladingen), Renate Bengel, Eigentümerin der Firma Colordruck in Baiersbronn, und Roman Glaser, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands.

Wie es um Infrastruktur und Anbindung des ländlichen Raums an die Städte bestellt ist, konnte Minister Schmid persönlich testen: Nach Stau und langer Überlandfahrt kam er zu spät zur Veranstaltung in den Nordschwarzwald. Die fand themengerecht in der Werkstatt der Zimmerei Haist in Baiersbronn-Mitteltal statt, deren eher nüchterne und arbeitsame Umgebung dann auch zum Fazit der Veranstaltung passte: Die Bürger werden ihre Erwartungshaltung an die Politik zurückschrauben und manche Dinge selbst in die Hand nehmen müssen, fasste Roman Glaser die Diskussion zusammen und forderte statt der Ausgabendiskussion jetzt endlich eine Aufgabendiskussion zu führen. Lösungen für Infrastrukturprobleme sieht er etwa in mehr Kooperationen oder Privatinitiativen.

Mehr Eigenleistung der Unternehmen forderte auch Wolfgang Grupp vor allem mit Blick auf den Fachkräftemangel im ländlichen Raum: Alle leitenden Angestellten seines Unternehmens seien einst Auszubildende bei ihm gewesen, versicherte der Textilhersteller von der Schwäbischen Alb: »Die Gene im ländlichen Raum sind nicht blöder als in der Großstadt, wir müssen den Leuten nur eine Chance geben«, so Grupp.

Auch Renate Bengel setzt bei Fachkräften auf Mitarbeiter aus der Region: "Wenn das Profil stimmt, bevorzugen wir heimische Leute", meint die Baiersbronner Unternehmerin. Allerdings sei es nicht immer einfach, potenzielle Kandidaten vor Ort zu halten. "Wenn junge Leute studieren und das Stadtleben kennenlernen, zieht es sie danach nicht unbedingt ins Schwarzwalddorf zurück."

Auf die berufliche und duale Ausbildung setzt Nils Schmid beim Fachkräftemangel: "Gute Ingenieure gibt es überall", meint er, für einen Großteil der Arbeitsplätze brauche man in Zukunft jedoch gute Meister und Techniker. Daher sollte Lehrer bis hin zum Gymnasium mehr Zugang zur Berufswelt haben: "Vielleicht sollte man ihnen ein Betriebspraktikum vorschreiben", meint der Minister.

Bei der Infrastruktur setzt auch er in Zukunft verstärkt auf Kooperationen, beispielsweise bei der Gesundheitsversorgung: "Wir werden nicht alle kleinen Krankenhäuser halten können", meint Schmid und auch den alten Landarzt, der Tag und Nacht im Dienst ist, werde es bald nicht mehr geben.

Nachholbedarf sieht er beim Straßenbau: Der Erhalt von Straßen sei in der Vergangenheit vernachlässigt worden, meint Schmid, außerdem gebe es Lücken im Ausbau.