Holzdruck trifft digitale Fotografie: 1:43 a.m.“ von Katsutoshi Yuasa Foto: Galerie der Stadt Backnang

Katsutoshi Yuasa aus Tokio unterzieht den traditionsreichen japanischen Holzschnitt einer medialen Kur, die das ehrwürdige Handwerk mit Hilfe digitaler Technik auf die Höhe der Zeit katapultiert. Unter dem Titel „Light Itself“ zeigt die Galerie der Stadt Backnang jetzt Holzschnitte des Japaners.

Stuttgart - Sowohl der Maler als auch der Fotograf kennt ein „Motiv“, ein sichtbares – gern auch fiktives – Stück Realität, das ins Bild zu setzen ist. Zweifel am Motiv kamen Künstlern, als mit den Fotografen neue Wettbewerber auftraten. Bekanntlich „motivierte“ die Kunst des 20. Jahrhunderts sich daraufhin mit sich selbst und wurde „abstrakt“ oder „konkret“. Neue Zuversicht schöpften „gegenständlich“ orientierte Künstler, als sie begannen, die fotografische Sicht zum eigenen Vorteil zu nutzen.

So unterzieht Katsutoshi Yuasa aus Tokio den traditionsreichen japanischen Holzschnitt einer medialen Kur, die das ehrwürdige Handwerk mit Hilfe digitaler Technik auf die Höhe der Zeit katapultiert. Unter dem Titel „Light Itself“ zeigt die Galerie der Stadt Backnang jetzt Holzschnitte des Japaners.

Als Vorlagen zu den gelegentlich wandfüllenden Handdrucken dienen eigene Aufnahmen mit der Digitalkamera, zunehmend aber fotografische Funde aus dem Internet oder aus Printmedien. Am liebsten wagt sich der Japaner an „Motive“, die alles andere als „holzschnittartig“ vereinfacht wirken, vielmehr den fotografischen Charakter der Vorlagen perfekt nachahmen, ihn aber durch die handwerkliche Aneignung aufwerten.

Je schwieriger sich dieser Prozess gestaltet, desto mehr scheint er den 1978 in Tokio geborenen Künstler zu reizen. So greift das titelgebende Bild eines Seerosenteichs („The garden or light itself“), in dem sich eine mächtige Kulisse großer Bäume spiegelt, Monets obsessive Vertiefung in Spiegelbildern auf. Und tatsächlich kann der Betrachter sich in die unergründliche Tiefe des Regenwalds im selben Raum hineinverlieren.

Dabei bewirkt die Gratwanderung zwischen der an Gobelins erinnernden Textur der Arbeiten und der illusionistischen Wirkung, die Scharen unglaublich feiner Parallelschnitte erzeugen, den „neuen Blick auf Dinge“, den Simone Scholten, Kuratorin der Schau, dem Besucher in Aussicht stellt.

Opulente flämische Prunkstillleben treten wie auch Vanitas-Darstellungen und üppige Blumenstücke reduziert auf Rot, Blau oder Grau in Erscheinung. Bilder vom Tsunami des Jahres 2011 schildern den Zustand vor und nach der Katastrophe in zwei übereinander gelegten Bildebenen und, in Anlehnung an 3-D-Brillen, bläulich und rötlich. „We lost something, but we don’t know what we lost“, heißt die Serie. An gleicher Stelle, an der Jacco Olivier zuvor das Projektionsbild eines lebensgroßen Wals dümpeln ließ, liegt jetzt trist und neblig verhangen ein Schiffwrack in Seitenlage.

Backnang, Petrus-Jacobi-Weg 1. Di bis Fr 17 bis 19, Sa /So ebenso Pfingstsonntag und -montag sowie Fronleichnam 14 bis 19 Uhr.