Peter Krumrey ist Sprecher der Altensteiger Ärzte. Foto: Köncke Foto: Schwarzwälder-Bote

Bei einer Informationsveranstaltung wollen Bürgermeister Feeß und Ärzte über Zukunft der medizinischen Versorgung sprechen

Von Manfred Köncke

Altensteig. Gibt es in Altensteig in wenigen Jahren nicht mehr genügend niedergelassene Ärzte? Die Sorge treibt Patienten und Bürgermeister Gerhard Feeß gleichermaßen um. Deshalb hat das Stadtoberhaupt die Mediziner am heutigen Freitag zu einer Informationsveranstaltung ins Rathaus eingeladen. Anwesend ist voraussichtlich auch eine Vertreterin der Kassenärztlichen Vereinigung Baden Württemberg.

Bei der Zusammenkunft will sich Feeß einen Überblick über die aktuelle Situation verschaffen und die Frage diskutieren, was zu tun ist, um die Patientenversorgung in der Raumschaft langfristig sicherzustellen.

Nach einer Untersuchung des DGB haben die Hälfte der Hausärzte im Kreis Calw das 50. Lebensjahr überschritten, so dass davon ausgegangen werden kann, dass von derzeit 106 Medizinern im Jahr 2020 nur noch weniger als 60 praktizieren werden.

In Altensteig ist man schon einen Schritt weiter. Allgemeinmediziner Gerhard Förster hat nach 34 Jahren seine Tätigkeit Ende März beendet. Die Suche nach einem Nachfolger ist erfolglos geblieben. "Ich habemehr als 1000 Euro für Anzeigen ausgegeben, aber niemand hat sich gemeldet", ist Förster frustriert. Eberhard Epke (64) und Peter Krumrey (65) fühlen sich nach eigener Aussage "fit genug", um noch ein paar Jahre weiterzumachen. Die Betonung liege aber auf "ein paar". Beide Fachärzte machen sich trotzdem Gedanken, wer die Praxis nach ihrem Ausscheiden aus dem Berufsleben übernehmen wird. Allgemeinmediziner Bernhard Utters (64) hat das Blutdruckmessgerät bereits 2013 Zeit zur Seite gelegt, seine Frau Ursula will auch nicht mehr "ewig" in der Praxis stehen. Orthopäde Adolf Berenfeld hat seine Kassenzulassung bereits vor Jahren zurückgegeben. Hautarzt Ulrich Schanbacher aus Freudenstadt eröffnete im Sommer 2011 im Ärztehaus am Marktplatz eine Zweigniederlassung. An den beiden Öffnungstagen hat er nach eigener Aussage "oft bis um 22 Uhr" gearbeitet. Das war ihm auf Dauer zu viel. Seine Bemühungen um einen Assistenzarzt seien erfolglos geblieben, obwohl er Hautarztkliniken in ganz Deutschland angeschrieben und Anzeigen in Fachblättern aufgegeben habe. Die Folge: Ende 2013 stellte er seine Tätigkeit in Altensteig wieder ein.

Peter Krumrey liegen Statistiken vor, aus denen hervorgeht, dass immer weniger Haus- und Fachärzte den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Viele arbeiten demnach lieber als Angestellte in Kliniken oder Krankenhäusern, fünf Prozent gehen ins Ausland – besonders beliebt seien England, USA und die Schweiz –, wieder andere verdingen sich in der Pharmaindustrie oder sind als Medizinjournalisten tätig. "Und 70 Prozent der Studierenden sind außerdem Frauen" nennt Krumrey ein weiteres Hindernis, weil es aufgrund der hohen zeitlichen Belastung in der Arztpraxis schwierig sei, Familienplanung und Beruf unter einen Hut zu bringen.

"Die überbordende Bürokratie spieltebenfalls eine Rolle"

Für den Sprecher der Altensteiger Ärzte spielen auch eine "überbordende"Bürokratie", die Reglementierung bei der Medikamenten- und Heilmittelverordnung, eine eingeschränkte Therapiefreiheit und das festgelegte Budget eine Rolle.

Von einer optimalen Patientenversorgung in Kleinstädten oder in Orten um die 2000 Einwohner – wie gegenwärtig Stefan Breitling in Egenhausen und das Ehepaar Hector in Simmersfeld – müsse man sich nach Ansicht von Krumrey über kurz oder lang verabschieden. Für Bürgermeister Feeß ist das Modell der Zukunft ein Ärztehaus mit sechs bis acht Medizinern unter einem Dach – oder Teilzeitbeschäftigte, Praxiskooperationen und Ärzteassistenten, die regelmäßig wiederkehrende Kontrollgänge übernehmen.

Damit junge Mediziner "in die Provinz" kommen, müsste man sie nach Ansicht von Gerhard Feeß bereits während des Studiums ansprechen und ihr Interesse wecken. Nähere Aufschlüsse und Ideen erhoffen sich die Mediziner und der Rathauschef von den Ausführungen des Referenten aus Karlsruhe bei der Info-Veranstaltung am heutigen Freitag. Dazu sind auch Apotheker, Krankengymnasten und andere Fachkräfte aus dem Gesundheitsbereich eingeladen.