Asita Djavadi hat in Wolfgang Maier einen diskreten und einfühlsamen Klavier-Begleiter für ihr Piaf-Programm gefunden. Foto: Kosowska-Németh Foto: Schwarzwälder-Bote

Allroundkünstlerin erweist im Werkraum der Musikschule Edith Piaf mit einem bewegenden Auftritt ihre Reverenz

Von Maria Kosowska-Németh Altensteig. Beim Musiksommer Altensteig überschlagen sich die Ereignisse – fast jeden Tag gibt es ein musikalisches Glanzlicht. Dazu zählte auch der Auftritt der Allroundkünstlerin Asita Djavadi.Djavadi machte sich einen Namen vor allem als Rock- und Jazzsängerin, Schauspielerin, Tänzerin und Choreografin. Nach Altensteig kam sie mit dem bewegenden Solo-Abend "Piaf – die Suche nach Liebe". In Wolfgang Maier fand sie einen diskreten und einfühlsamen Klavier-Begleiter.

Es ist eine große Kunst, eine Legende zum Leben zu erwecken. Nur wenn sie authentisch wirkt, ist sie glaubwürdig und überzeugend. Djavadi gab in ihrem zweistündigen, bewegenden Auftritt die tragische Vita und das wahre Gesicht des französischen Stimm-Phänomens Piaf lebensnah wieder.

In dem rötlich gedämpften Bühnenlicht erschien Djavadi-Piaf in einem schlichten-schwarzen Unterrock. Ihre Lebensbeichte war schonungslos. Sie rief die Geister der Vergangenheit in Erinnerung – unzählige Männer, Affären, Alkoholexzesse ("mein Dämon"),den extravaganten Lebensstil, schließlich schwere Krankheit. Immer wieder kramte sie ein teures Andenken aus einem der vielen alten Reisekoffer und fand meistens nur eine neue Schmerzquelle. Ohne Selbstmitleid, sachlich und kühl erzählte sie über ihre Suche nach Liebe und klagte über Schicksalsschläge. Die seltenen Glückssträhnen oder -momente hingegen nahm sie mit einer unbändigen, euphorisch-ekstatischen Freude an.

Im Leben von Piaf war das Singen die einzige Konstante, ihr Lebenselixier und ihr Rettungsring. Deshalb dominierten die bekanntesten Lieder wie "Milord", "Padam" oder "La vie en rose" das Bühnen-Porträt der unvergessenen Chansonsängerin. In einer meisterlichen Synthese von Gesangs- und Schauspielkunst verschmolzen Chansons und Memoiren in ein ausdrucksstarkes, unter die Haut gehendes Bild. Man konnte des Eindrucks nicht erwehren, Djavadi stehe auf der Bühne fast nackt, nur mit Schleier der überwältigenden Ehrlichkeit der Piaf umhüllt.

Das Naturtalent Djavadi, geschliffen an der Hochschule der Künste Berlin, ist eine echte Erscheinung auf den deutschen Bühnen. Auch in dem kleinen Werkraum der Altensteiger Musikschule schuf sie eine höchst lebendige Kreation. In der Szenerie des Pariser Kabaretts stellte sie Piaf als eine Persönlichkeit mit vielen Gesichtern, als eine starke, erfolgreiche Frau oder ein trinkendes, spuckendes, menschliches Geschöpf vor. Djavadi ging auch auf das Publikum direkt zu und sprach die Menschen an. Die Überzeugungskraft ihrer voluminösen Stimme mit wunderbar deutlicher Aussprache und einer emotionalen Aufladung, die ihresgleichen sucht, gipfelte im erschütternden Gebet "Mon Dieu". Mit den letzten Tönen von "Non, je ne regrette rien", Piafs Geständnis und Abrechnung mit ihrem bisherigen Leben, verließ Djavadi die Bühne und schlug die Tür symbolträchtig, ähnlich einem Lebenskapitel, hinter sich zu.

Es war kein Spektakel im gewöhnlichen Sinne. Auch der ovationsartige Schlussbeifall ließ lange auf sich warten. Danach aber entspannte die Künstlerin die vorherige Atmosphäre durch die jazzig-swingende Version der letzten Chansons als Zugabe.