Justitia hatte es gestern nicht leicht im Gericht in Hechingen – die Urteilsfindung erwies sich als Herausforderung. Foto: Ebener

45-jähriger Albstädter "Stalker" kommt mit Geldstrafe davon - und wird trotzdem im Gerichtssaal festgenommen.

Albstadt - Im Prozess gegen einen wegen räuberischen Erpressung angeklagten Albstädter ist gestern das Urteil ergangen: Er kam mit einer Geldstrafe davon. Dennoch verließ er den Gerichtssaal am Ende in Handschellen.

Der Grund: Dem Mann werden noch weitere Vergehen zur Last gelegt, die nicht Gegenstand der Verhandlung waren. Dieses Strafverfahren hatte während des Prozesses hatte geruht; aufgrund seines Ausgangs stellte sich jedoch gestern die Frage, ob es wieder aufgenommen und der Haftbefehl erneuert werden müsse. Der Weg des Angeklagten führte daher gestern vom Hechinger Gerichtssaal zum Haftrichter in Ebingen – stante pede und, wie gesagt, in Handschellen.

Die Urteilsfindung war dem Gericht nicht leicht gefallen, unter anderem deshalb, weil man, wie in der Urteilsbegründung dargelegt wurde, mit dem Angeklagten nie richtig ins Gespräch gekommen sei. Die Frage, ob der Mann psychisch krank sei, ließ sich am Ende nicht eindeutig klären; zwei Gutachter hatten sie weder vorbehaltlos bejaht noch verneint, obwohl sie für die Jahre 2008 und 2009 durchaus Anzeichen einer Entwicklung zur paranoiden Schizophrenie konstatierten. Der Angeklagte selbst hält sich für völlig gesund; dem Gericht erschien er als Narziss, der als Lebemann und Frauenschwarm aufgetreten sei, um Geldnöte zu regeln, Zurückweisung aber nicht verkraftet und das Scheitern zweier Ehen – eine in Mazedonien, die andere in Deutschland geschlossen – als schwere Kränkung seines Stolzes empfunden habe.

Ob der Angeklagte psychisch krank ist, war eine Frage, ob sein 20-monatige Zwangsaufenthalt in einem Psychiatrischen Krankenhausangemessen und rechtens gewesen sei, eine andere. Das hätte nämlich vorausgesetzt, dass eine etwaige wahnhafte Störung sich direkt auf die Straftat, die verhandelt wurde, ausgewirkt hätte. Dem 45-Jährigen wurde vorgeworfen, einer Lebensgefährtin 2070 Euro abgepresst zu haben – als Grund für sein penetrantes "Stalking" vermochte das Gericht aber keine paranoiden Anwandlungen zu erkennen, sondern nur die Absicht, zu Geld zu kommen und "bella figura" im feinen Zwirn zu machen. Die Frau hatte offenbar versucht, den Mann durch Zahlung los zu werden und Ruhe vor ihm zu haben – das Gericht bezweifelte nicht, dass sie nachhaltige psychische Folgeschäden davongetragen hat.

Welches Strafmaß ist in einem solchen Fall angemessen? Die Unzurechnungsfähigkeit des Angeklagten ist zwar nicht bewiesen; die Möglichkeit blieb aber auch nicht ganz unberücksichtigt. Ferner hielt ihm das Gericht zugute, dass die Schadenshöhe deutlich im unteren Bereich liege – trotz der Leiden des Opfers kam daher eine Freiheitsstrafe nicht in Betracht. Stattdessen verhängte das Gericht eine Geldstrafe von 210 Tagessätzen à fünf Euro – mehr war nicht drin, denn der Angeklagte verfügt über kein Einkommen. Der Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus wurden im Nachhinein die rechtlichen Voraussetzungen bestritten, da die Erpressung sich nicht auf eine psychische Krankheit zurückführen ließ, und der entsprechende gerichtliche Beschluss aufgehoben. Was unter anderem bedeutet, dass dem Angeklagten eine Entschädigung zusteht.

Ein Urteil, das der Angeklagte reglos hinnahm – offensichtlich glaubte er, nun als freier Mann den Gerichtssaal verlassen zu können. Aber daraus wurde nichts. Wegen anderer Delikte – in der Verhandlung war von Gewalt gegen die Frauen des Angeklagten und dubiosen Geldüberweisungen die Rede – ließ ihn die Staatsanwaltschaft noch im Gerichtssaal festnehmen.