Kaum wiederzuerkennen: der junge Komponist Johann Sebastian Bach in Mühlhausen Foto: Rach Foto: Schwarzwälder-Bote

Kirchenmusik: Schwaiger und Schwarz planen am Cantate-Sonntag eine Überraschung

Albstadt-Ebingen. Nein! Das bekannte Stück "Eine feste Burg ist unser Gott" soll erst in der Festwoche zu Ehren jenes Mannes erklingen, der es geschrieben hat: Martin Luther. Bis zum 28. Oktober wollen Pfarrer Walter Schwaiger und Steffen Mark Schwarz, der Kantor der Martinskirchengemeinde, dennoch nicht warten, um Kirchgängern und solchen, die es werden wollen, die große Bedeutung des Reformators für die Kirchenmusik deutlich zu machen.

Der Sonntag "Cantate!" – zu deutsch: "Singet!" – ist dafür wie geschaffen: Am morgigen 14. Mai ab 9.30 Uhr in der Martinskirche wagen die beiden eine "rekonstruktive Annäherung an einen lutherischen Gottesdienst zur Bach-Zeit", zusammen mit der Kantorei der Martinskirche. "Diesen etwas sperrigen Titel wollen wir lebendig machen", sagt Schwarz und hat den Gottesdienst deshalb mit einem Zitat Johann Sebastian Bachs überschrieben: "Bei einer andächtigen Musik ist Gott allezeit mit seiner Gnade gegenwärtig".

"Wie wichtig das Gotteslob in der musikalischen Äußerung ist", wollen Schwaiger und Schwarz den Gläubigen in einem recht ungewöhnlichen, sowohl ernsthaften als auch humoristischen Programmpunkt näher bringen, der noch eine Überraschung sein soll. Drum herum wird die evangelische Messe mit allen reformatorischen Gottesdienst-Elementen gefeiert, wie schon Luther sie zelebriert hatte. Schwaiger und Schwarz wollen aber auch zeigen, "wie sich Menschen und Gesellschaft seither entwickelt haben".

Im Jahreskreis der Kirchenmusiksonntag schlechthin

Schwarz stellt klar, dass "Cantate!" der "Kirchenmusiksonntag schlechthin im Jahreskreis" sei und ist froh, in Walter Schwaiger einen Pfarrer an der Seite zu haben, der sein Anliegen teilt und sich sehr gut auf das verbale Ping-Pong-Spiel und die Botschaft desselben vorbereitet habe, wie der Kantor betont. Deutlich unterstreichen wollen die beiden dabei auch die enge Verbindung zwischen Luther und Johann Sebastian Bach, wenngleich 200 Jahre Kirchengeschichte – und Kirchenentwicklung – zwischen beiden liegen.

Denn das dürfe beim Blick auf Luther nicht vergessen werden, hebt Schwarz hervor: Als er lebte, sei die Aufklärung noch 200 Jahre entfernt, das Denken der Menschen noch ein ganz anderes gewesen. Dennoch habe der Reformator, dem andere ebenso den Weg bereitet hätten wie bei Bach der Fall, vieles eingeführt, was den Glauben an Gott, was die Kirche näher zu den Menschen gebracht habe.

Würde Martin Luther goutieren, was Schwaiger und Schwarz am Sonntag veranstalten? Da muss der Kantor schmunzeln: "Einerseits würde er sich wundern, wie viel aus seiner Zeit noch vorhanden ist – und andererseits wohl gerne akzeptieren, dass vor Ort entschieden wird, was die Gläubigen wollen." Ob die beiden Akteure mit ihrer Überraschung am Sonntag "Cantate!" den Nerv der Zeit treffen werden? Das können sie nur selbst herausfinden.