Siegfried Engler (links) und Heinz Kasik reicht es: Sie fordern den größten Zahlmeister im Landkreis auf, denselben zu verlassen, sollte Politik weiterhin zu dessen Ungunsten betrieben werden. Foto: Eyrich

Bürger zeigen Präsenz bei Klinik-Debatte im Kreistag. Haller: Zwei-Häuser-Modell  hat "noch keinen Tag Bewährungsprobe hinter sich."

Albstadt/Balingen - Starke Präsenz haben Albstädter und Bürger aus dem Umland der größten Stadt im Zollernalbkreis bei der Diskussion um das Medizinkonzept im Kreistag gezeigt. Viele befürchten, dass damit das Ende des Krankenhausstandorts Albstadt vorgezeichnet ist.

Dass er sich ärgert, lässt Oberbürgermeister Klaus Konzelmann sich nicht anmerken, als er nach zwei Stunden Diskussion um das Medizinkonzept für das Zollernalb-Klinikum den Sitzungssaal im Landratsamt verlässt. Sein scheinbar amüsiertes Lächeln zeigt, dass er das Ganze für eine Alibi-Diskussion, die Entscheidung über künftige Klinik-Standorte für längst vorgezeichnet hält. "Das war doch von vorne herein klar", sagt Konzelmann: "Man braucht kein medizinisches Konzept in Auftrag geben, wenn man schon genau weiß, was dabei herauskommt", erklärt er mit Blick auf den Tenor der meisten Aussagen am Montagabend, dass ein bestens ausgestattetes Klinikum in Balingen, das schwarze Zahlen schreibt, zwei Standorten, die Geld schlucken, vorzuziehen sei. "Ich bin mal gespannt, wie man das politisch umsetzen will", fragt sich der Albstädter Oberbürgermeister mit Blick auf die "fast 100.000 Einwohner im oberen Bereich", die Region um Albstadt.

Lennart Spengler, selbst Arzt und CDU-Stadtrat in Albstadt, ist "von einigen in der CDU enttäuscht", sagt er mit Blick auf die Kreistagsfraktion, die bei der Abstimmung zum größteren Teil dem Balinger Fraktionschef Edmund Merkel gefolgt war. "Es handelt sich hier nicht um eine medizinische Entscheidung, sondern um eine politische." Er jedoch hält es für unabdingbar, "dass ein politischer Ausgleich im Kreis gefunden werden muss".

Spenglers Fraktions- und Berufskollege Matthias Strähler befürchtet, "dass damit das kurzfristige Ende des Klinikums in Albstadt besiegelt ist", denn er erwartet nicht, dass das Gutachten zur Untersuchung der beiden Klinik-Standorte und deren Zukunft ergebnisoffen sein wird. "Damals war das anders besprochen", betont Strähler mit Blick auf die Entscheidung vor zehn Jahren für zwei Standorte und gegen ein Zentralklinikum: "dass man nicht nach zehn Jahren wieder eine andere Linie verfolgt, sondern das Zwei-Standort-Konzept für einige Jahrzehnte gilt". Die Arbeitsplätze im Klinikum gehörten zu den wenigen konjunkturunabhängigen, die Albstadt hat, so Strähler, der in einem Verlust derselben ein großes Problem für Albstadt, seine Schulen und Kindergärten sowie den Immobilienmarkt sieht. Nach Angaben von Geschäftsführer Josef Weiss beschäftigt das Zollernalb-Klinikum 1200 Mitarbeiter auf 837 Voll-Stellen, davon derzeit 378 in Balingen und 459 in Albstadt. Mit dem Umzug der Gynäkologie nach Balingen gehen laut Weiss acht Hebammen, 18 Pflegekräfte und zwölf Ärzte aus Albstadt weg.

Die Argumente, die Kreisräte aus Albstadt und Umgebung in der Sitzung vorgebracht hatten, waren ebenfalls eindeutig. Das Defizit des Klinikums sei nicht der Zwei-Standorte-Lösung, sondern den Restriktionen bei der Krankenhausfinanzierung geschuldet, betonte Manuela Heider (Freie Wähler). Selbst nach einem Ausbau werde das Balinger Krankenhaus niemals alle erforderlichen Kriterien erfüllen können. Hans-Martin Haller (SPD) beklagte, dass das Zwei-Häuser-Modell "noch keinen Tag der Bewährungsprobe hinter sich" habe, ist das Balinger Haus nach der Erweiterung doch noch nicht wieder voll in Betrieb. "Albstadt ist der Leistungsträger des Zollernalb-Klinikums", so Haller und fügte mit Blick auf die Forderung nach einer ähnlichen Satelliten-Lösung wie im Kreis Sigmaringen an: "Albstadt ist nicht Bad Saulgau, sondern stellt mit dem Umland die Hälfte der Kreisbevölkerung."

Dass sich seit der Entscheidung vor zehn Jahren keine wesentlichen Faktoren verändert hätten, stellte Anton Reger (CDU), Erster Bürgermeister in Albstadt, klar und nannte die eine Ausnahme: "dass die Baukosten in Balingen explodiert sind". Rhetorisch stellte Reger die Frage nach einem roten Faden in der Krankenhaus-Politik. "Wir zerschneiden ihn, wie wir den Landkreis zerschneiden."

"Wenn es einen Weg von A nach B, also von Albstadt nach Balingen gibt, gibt es auch einen von B nach A", sagte Elmar Maute (SPD). "Ich habe den Verdacht, dass es vorgezeichnet ist, dass der Vektor nach B zeigt – Sie dürfen ihn aber auch gerne umdrehen. Nur habe ich davon noch nichts gehört."