Foto: Schwarzwälder-Bote

"Sie sind alle meine Kinder. Und ich liebe keines weniger, weil

"Sie sind alle meine Kinder. Und ich liebe keines weniger, weil es eine Hasenscharte oder einen Klumpfuß hat." So hat der große Regisseur John Huston einmal auf die Frage geantwortet, welcher seiner Filme ihm der liebste sei. Nein, ein Vater sollte keine "Lieblingskinder" haben – auch wenn es sich nur um Filme handelt.

Für Lokalreporter gilt das ebenfalls. Zumal es immer etwas Gutes zu berichten gibt über Menschen, die sich anstrengen, sich einsetzen in ihrer Heimat und für sie – beim einen dies, beim anderen jenes. Und doch: Eine kleine Schwäche für den einen oder anderen, über den wir schreiben, darf man uns zugestehen. Weil eben manchmal Menschen darunter sind, die aus der großen Zahl derer, über die es viel Gutes zu berichten gibt, noch ein Stückchen weiter herausragen.

Zwei Männer, auf die das im Besonderen zutrifft, gehen jetzt in den Ruhestand: Siegfried Fischer und Wolfgang Schurr. Wenn es doch nur solche Lehrer gäbe!

Dabei hatten sie nicht gerade die einfachsten Arbeitsplätze an den Albstädter Innenstadtschulen: Schurr als Rektor der Tailfinger Lutherschule, Fischer als Konrektor und zeitweise als kommissarischer Leiter der Ebinger Hohenbergschule. Erstere hat vor drei Jahren ihren Status als Werkrealschule eingebüßt, was eine rein politische Entscheidung war und mit der Qualität der Ausbildung nicht das Geringste zu tun hatte. Wohlgemerkt: Getroffen hat die Entscheidung ein Gemeinderat, der sich davor nicht ein Mal die Mühe gemacht hat, die Schule zu besuchen, mit Schurr und seinen engagierten Kollegen, mit den Eltern und Schülern zu reden.

Vielen Stadträten ist vermutlich bis heute nicht klar, wie viele Probleme Albstadt nicht hat, weil an der Lutherschule so gute Arbeit geleistet wird, an der in Spitzenzeiten bis zu 17 Nationalitäten unterrichtet wurden. Was heute übrigens kaum anders ist. Bei Grundschülern sind die negativen Auswirkungen suboptimaler Bildung und Erziehung allerdings noch längst nicht so spürbar wie bei Haupt- und Werkrealschülern. Dass es diese Auswirkungen bei jenen, welche die Lutherschule absolviert haben, eben nicht gab, ist kein Glück und kein Zufall, sondern das Ergebnis konsequenter, hervorragender Arbeit eines Lehrerteams, das mit Wolfgang Schurr 15 Jahre lang den optimalen Chef hatte.

Dasselbe gilt für die Hohenbergschule, die noch Werkrealschule ist, Kinder aus noch mehr Nationen unter ihrem Dach vereint und in drei Vorbereitungsklassen selbst geflüchtete Kinder ohne jede Deutschkenntnisse darauf vorbereitet, auf dem Bildungsweg ans Ziel zu kommen. Welch großen Anteil Siegfried Fischer mit seiner natürlichen Autorität und seinem Verständnis für Schüler am Erfolg hat, weiß jeder, der ihn kennt oder gar selbst das Glück hatte, von ihm unterrichtet zu werden.

Schurr und Fischer eint vieles – eines vor allem: Beide sind Sportler, mit entsprechendem Teamgeist ausgestattet, faire Spieler, die sich an die Regeln halten und dennoch um jeden Punkt kämpfen, kein Spiel – und keinen Schüler – je verloren gegeben haben. Wer à la John Huston bei den beiden eine Hasenscharte oder einen Klumpfuß finden will, muss lange suchen. Ob Albstadt weiß, was es solchen wie ihnen verdankt? Eines ist sicher: Die beiden werden fehlen. Nicht nur mir.