Aus einer Kooperation von "Menschen für Menschen" mit dem Kreuzfahrtschiff MS-Europa hat Axel Haasis (links) nie ein Hehl gemacht: Das Bild zeigt ihn bei der Einweihung einer Schule in Äthiopien mit Kapitän Friedrich Jan Akkermann. Foto: Archiv-Foto: Kwiotek

Boulevard-Blatt "Bild" attackiert Geschäftsführer von "Menschen für Menschen". Äthiopienhilfe hat Anzeige erstattet.

Albstadt/München - Heftig angegriffen wird der aus Albstadt stammende Axel Haasis, Geschäftsführer der Äthiopienhilfe "Menschen für Menschen", in der gestrigen Ausgabe der "Bild". Haasis wollte sich gestern nicht zu den Vorwürfen äußern.

"Bilanzfälschung" – so lautet der Vorwurf, den das Boulevard-Blatt "Bild" in seiner Ausgabe vom 10. Februar gegen Axel Haasis, den Geschäftsführer der Äthiopienhilfe "Menschen für Menschen" (MfM), erhoben hat. In der gestrigen Ausgabe wurde der Vorwurf konkretisiert. Kern der Anschuldigungen: Der Großspender Jürgen Wagentrotz, der im Ausland lebt und MfM laut "Bild" jährlich eine Million Euro gespendet hat, soll von Haasis gebeten worden sein, seine Spenden an den Büchern von MfM vorbeilaufen zu lassen und damit statt dessen Rechnungen für MfM direkt zu bezahlen.

Mit dem Geld, so "Bild" gestern, sollen unter anderem drei Erster-Klasse-Flüge für Haasis nach Äthiopien und ein Flug in der Komfort-Klasse nach Antigua bezahlt worden sein, wo sich Haasis zu Gesprächen über Marketingmaßnahmen aufgehalten haben soll. Zudem seien fünf Stiftungsmitarbeiter auf Kosten des Großspenders 2009 für vier Tage nach Cannes zu einer Benefiz-Veranstaltung auf dem Schiff MS-Europa gereist, heißt es weiter.

Eine Reise auf dem Kreuzfahrtschiff, die Haasis 2010 für sich sowie für MfM-Gründer Karlheinz Böhm, dessen Frau Almaz und ihre zwei Kinder gebucht haben soll, sei wegen eines technischen Defekts auf dem Schiff ausgefallen. Hermann Orgeldinger, Vorstandssprecher von MfM, wird mit den Worten zitiert: "Die Reisen in der First Class erfolgten laut Herrn Haasis auf ausdrücklichen Wunsch des Großspenders." Dieser beklagt sich in dem Boulevard-Blatt nun über Selbstbedienungsmentalität bei der Stiftung.

Axel Haasis selbst wollte trotz mehrfacher Anfragen des Schwarzwälder Boten gestern keine Stellung zu den Vorwürfen nehmen. Den Worten seiner Mitarbeiterin war zu entnehmen, dass man in der Münchener Stiftungszentrale geschockt ist über die Anschuldigungen. Derzeit werde beraten.

"Versuchte Erpressung und Nötigung"

Einer Erklärung auf der Internetseite von MfM zufolge haben die Vorstandsmitglieder der Stiftung jedoch "Strafanzeige wegen versuchter Erpressung, Nötigung, Beleidigung, Verleumdung und falscher Verdächtigung" gegen Jürgen Wagentrotz erstattet. Dieser sei 2004 an MfM herangetreten mit dem Angebot, "auf eigene Rechnung Marketing-Maßnahmen durchzuführen".

Einen großen Teil des Geldes habe Wagentrotz direkt an Dritte gezahlt, so dass diese Mittel nicht in der MfM-Bilanz aufgetaucht seien. Im Mai 2012 habe Wagentrotz sein Engagement für MfM beendet "und überzieht die Stiftung seitdem mit falschen und unberechtigten Vorwürfen", heißt es weiter: "Dies gipfelte in der Ankündigung seines Anwalts, weiter gegen die Stiftung in den Medien vorzugehen, wenn Jürgen Wagentrotz nicht sein finanzielles Engagement für MfM zurück erhalte."

Daher, so MfM, prüften derzeit das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen sowie eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die Vorwürfe, insbesondere alle betroffenen Geschäftsvorfälle.

Die "Bild" ist indes nicht das einzige Blatt, das Kritik an MfM übt. In der Ausgabe vom 14. Februar hat der Donaukurier die Frage gestellt, was mit den Spendengeldern aus Neuburg im Rahmen der "Städtewette" passiert sei, an der sich auch Albstadt beteiligt hat. 22 294 Euro hatte Oberbürgermeister Jürgen Gneveckow 2011 mit Hilfe Albstädter Bürger gesammelt, um den Bau einer Schule in Anano Mitae zu unterstützen. Kritisiert wird, dass die Schule in den Besitz des äthiopischen Staates übergegangen sei, was Haasis im Donaukurier damit begründet, dass der Staat auch die laufenden Kosten trage. Den Bau eines "teuren Bürogebäudes" in der äthiopischen Hauptstadt, den die bayerische Tageszeitung ebenfalls kritisiert, rechtfertigt Haasis damit, dass die Stiftung dort "aus allen Nähten platze". Das Logistikzentrum sei notwendig.

Schon als Schüler für Äthiopien aktiv

Während Deutschlands größtes Boulevard-Blatt sich auf Axel Haasis einzuschießen scheint, herrscht in Albstadt Fassungslosigkeit über die Vorwürfe. In seiner Heimatstadt hatte sich Haasis schon als Schülersprecher des Gymnasiums Ebingen für die Äthiopienhilfe engagiert. 1984 hatte er eine Aktion gestartet, bei der 46 543 Kreuze aus Steichhölzern daran erinnern sollten, dass täglich mehr als 40 000 äthiopische Kinder an Hunger starben. Während seines Betriebswirtschaftsstudiums hatte Haasis ehrenamtliche Gruppen aufgebaut und nach dem Studium hauptberuflich für die Stiftung gearbeitet – seit 2003 als deren Geschäftsführer.

Bei Hilfsorganisationen dieser Größenordnung müssten bezahlte Kräfte sein, hat Haasis 2012 im Interview mit dem Schwarzwälder Boten deutlich gemacht – "damit die Spenden effizient eingesetzt werden können".

Dass dies der Fall ist, bescheinigt MfM das Deutsche Zentralinstitut für Soziale Fragen, das ein Spendensiegel für nachgeprüfte und sparsame Verwendung von Spenden vergibt. Rund 90 Prozent der Spenden an MfM fließen demnach direkt in Projekt vor Ort in Äthiopien.

Mehr als 400 Millionen Euro hat das Lebenswerk des Schauspielers Karlheinz Böhm, das dieser nach einer Wette bei "Wetten dass..." aufgebaut hat, seit Anfang der 1980-er Jahre gesammelt. Laut Axel Haasis haben bisher rund 4,5 Millionen Menschen in Äthiopien davon profitiert.