Ekhard Sekinger an seinem Arbeitsplatz im Aichhalder Rathaus Foto: Wegner Foto: Schwarzwälder-Bote

Abschied: Ekhard Sekinger tritt nach 24 Jahren nicht mehr an

Mit der Wahl von Ekhard Sekinger zum Bürgermeister von Aichhalden am 25. April 1993, dem Tag vor seinem 35. Geburtstag, hatten viele Bürger nicht gerechnet.

Aichhalden. Vor allem in Rötenberg gab es damals bedrückte Mienen am sonntagabendlichen Stammtisch. Der Bankbetriebswirt Sekinger hatte sich mit 55,3 Prozent bei einer hohen Wahlbeteiligung von 81,5 Prozent deutlich gegen seine Mitbewerber, darunter der bisherige Aichhalder Hauptamtsleiter Bernhard Haas (heute Bürgermeister in Dornstetten) und der Schramberger Verwaltungsfachmann Franz Moser (heute Bürgermeister in Eschbronn), durchgesetzt. In allen Wahlbezirken hatte Sekinger übrigens die Mehrheit der Stimmen geholt.

"Es gehört einfach Geschick dazu, eine Gemeinde zu lenken", hatte ihm am Wahlabend sein Vorgänger Reinhold Kühner, der sich damals nach 28 Jahren an der Spitze der Gemeinde nicht mehr zur Wahl gestellt hatte, mit auf den Weg gegeben. Sekinger selbst hatte damals gesagt, Ein Bürgermeister allein bewegt nicht viel, sondern um so mehr mit den Bürgerinnen und Bürgern. In einem Kommentar hatte der "Schwarzwälder Bote" damals festgestellt, dass mit der Wahl Sekingers die Bürger Mut bewiesen hätten, da sie "den Kandidaten gewählt" hätten, der bisher "keine Erfahrung in der Verwaltungsarbeit einer Kommune hat und der dem Wahlkampf mit der Forderung nach einem zweiten Ortschaftsrat sein Thema aufgedrückt hat".

Dabei war es ihm darum gegangen, dass beide Ortsteile, Aichhalden und Rötenberg, gleichberechtigt zum Zug kommen. Interessanter Weise hatte Gegenkandidat Bernhard Haas eine andere Idee: Er hatte vorgeschlagen, auf den Ortschaftsrat Rötenberg ganz zu verzichten – eine Idee, die in die damalige Zeit noch nicht passte. Gut sei es gewesen, so kommentierte damals der Schwarzwälder Bote zudem zur Wahl, "dass private Unterstellungen nicht den Ausschlag für den Wahlausgang gegeben haben." Sekinger hatte sich zwar nach seiner Wahl für den fairen Wahlkampf bedankt, das G’schmäckle, das die damalige Frage von Dekan Anton Cingia in der Kandidatenvorstellung nach der Frage ob denn Sekingers (evangelisch) Kinder mit seiner Lebensgefährtin Isolde Eberhardt (katholisch) getauft sind oder nicht, mit sich brachte, blieb vielen in Erinnerung. Sekinger hatte übrigens damals "sauber pariert", wie der Schwarzwälder Bote feststellte: "Ich werde nicht aus wahltaktischen Gründen meine Kinder taufen lassen – eins katholisch, eins evangelisch!" Sekinger hatte mit dem Slogan "Auch eine ganz normale Familie" sich und die Seinen vorgestellt.

Schwierigkeiten, wen es zu wählen galt, könnte dafür vielleicht ein anderes Ehepaar in der Gemeinde gehabt haben: Sekingers Bruder, der damals schon mit der Schwester von Bernhard Haas verheiratet war.

Aichhalden. Bis zum 1. Juli dauert die Amtszeit von Aichhaldens Bürgermeister Ekhard Sekinger noch, so lange führt er auch die Geschäfte der Gemeinde und kümmert sich darüber hinaus um eine korrekt ablaufende Wahl seines Nachfolgers.  

Bei ihrer Amtseinführung am 2. Juli 1993 hatten Sie angekündigt, "Wunschzettel" an die Bürger zu verteilen. Wissen Sie noch, was sich die Bürger damals wünschten?

Nicht mehr alle. Es waren weniger, als ich zunächst dachte. Darüber war ich auch ganz froh, denn die ersten beiden Jahre waren ja durchaus "kernig". Ein Schwerpunkt der Wunschzettel betraf die Einführung von Tempo-30-Zonen, die dann im Ortsteil Aichhalden eingeführt wurden. Ein weiterer war die Sanierung der Josef-Merz-Halle, vor allem was die "Küche" und die beengten Neben- und Geräteräume betraf.

Bei einigen Wünschen ging es um Hofzufahrten, Feldwege und das Wegenetz im Außenbereich insgesamt. Dies ist aber eine Daueraufgabe.  

Die Raiffeisenbank Aichhalden und damit auch Sie als Vorstand, hatte sich in den größten Streitpunkt der Gemeinde, der sich um die Zukunft der "alten Post" drehte, 1992 mit dem Angebot eingegriffen, das Gebäude zu erwerben, um dahin den Sitz der Bank zu verlegen. War die "alte Post" bei Ihnen ein Dreh- und Angelpunkt, sich als Bürgermeister zur Wahl zu stellen?

Nein, die Überlegung in Aichhalden zu kandidieren, reichte viel weiter zurück. Sie reifte schon während meiner Anstellung bei der Volksbank Dunningen.

Mit ein Grund für den Wechsel zur damaligen Raiffeisenbank Aichhalden war der feste Entschluss in Aichhalden zu kandidieren, wenn der damalige Bürgermeister Reinhold Kühner in den Ruhestand geht. Dies habe ich damals auch meinem Vorstandskollegen Reiner Neuburger so mitgeteilt. Nur er und später dann meine damalige Partnerin und heutige Ehefrau Isolde Eberhardt wussten von meinem Vorhaben.

Um die alte Post haben wir uns erst bemüht, als sämtliche Erweiterungspläne am alten Standort am Schramberger Weg bau- und nachbarschaftsrechtlich gescheitert waren.  

24 Jahre als Bürgermeister einer Landgemeinde, ihrer Heimatgemeinde. War das Ihr Ziel, als Sie 1993 angetreten sind?

Nein, das ursprüngliche Ziel waren 16 Jahre, jetzt sind 24 draus geworden. Mein ursprünglicher Gedanke wieder ins Bankgewerbe zurückzukehren hat sich nach Gesprächen mit dem Genossenschaftsverband in Stuttgart zerschlagen. Meine Zulassung im Falle einer Bestellung zum Vorstand einer Bank wäre vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen durch die lange Pause wohl mit ziemlicher Sicherheit abgelehnt worden, was mich zunächst ärgerte.

Später wollte ich gar nicht mehr zurück. Ich habe bis heute Kontakt, vor allem zu meinen Berufskollegen des 76. Führungsseminars an der Genossenschaftsakademie Montabaur. Die Reglementierungen im Bankenbereich waren ja enorm. Einzig das Gehalt wäre noch interessant gewesen. Der Gestaltungsspielraum und die Freiheit als Bürgermeister waren mir mehr wert.

Sie waren der einzige Nicht-Verwaltungsmann, der sich beworben hatte. Wie schwer war nach der Wahl die Umstellung auf eine Arbeitsweise, bei der nicht immer alles sofort umgesetzt werden konnte – wie Sie es ansonsten in Ihrem Beruf gewöhnt waren?

Die Umstellung der Arbeitsweise ist mir leichtgefallen. Die Rathausmannschaft hat ganz wesentlich dazu beigetragen und mich unterstützt. Der Wechsel von der Doppik auf die Kameralistik war kein Problem. Ich halte die Kameralistik für Kommunen ohnehin für sinnvoller als die Doppik und bin froh, jetzt den Salto zurück nicht mehr mitmachen zu müssen.

Dass die Geschwindigkeit und Arbeitsweise in Banken eine ganz andere ist, war mir immer klar.

Übrigens hatte ich viele Jahre regelmäßige, interessante Gespräche beim Mittagstisch in Dunningen mit Kämmerer Lothar Kopf in der "Krone" und dann in Aichhalden im "Engel" mit Thomas Kienzle. Beides hervorragende Fachleute und da ist es zwangsläufig nicht ausgeblieben, sich über Kommunalpolitik und den Bankenbereich zu unterhalten und auszutauschen. Ohne die Besetzungen von Kämmerei und Hauptamt durch ausgebildete Fachleute hätte ich nicht kandidiert. Beide Ämter waren auch schon bei meinem Vorgänger sehr gut besetzt.  

Gab es damals einen Plan B falls Sie die Wahl verloren hätten?

Den Plan B hat es selbstverständlich gegeben. Bei der damaligen Bewerberlage konnte ich beileibe nicht davon ausgehen, die Wahl zu gewinnen. Ich hatte dies zwar während des ganzen Wahlkampfs gehofft. Klar war: Nur eine Bewerbung, nur in meiner Heimatgemeinde und nur einmal.

Nach einer verlorenen Wahl hätte ich mich bei einer anderen Genossenschaftsbank als Vorstandsmitglied beworben. Wir waren uns als Familie einig, wenn die Wahl verloren geht, dann ziehen wir weg. Es gab zu dieser Zeit in den neuen Bundesländern viele offene und sehr interessante Stellen bei Genossenschaftsbanken.

Was werden Sie in Zukunft tun? Die Beine hochlegen?

Ehrlich gesagt, ich weiß es noch gar nicht richtig. Es zeigt sich aber, dass meine Ehefrau Isolde teilweise ganz andere Vorstellungen von meinem Ruhestand hat als ich!

Aber im Ernst, bedingt durch Personalwechsel und die verzögerte Fertigstellung der Ortskernsanierung in Rötenberg und augenblicklich noch wichtigen Grunderwerben, bin ich immer noch voll gefordert. Das wird bis zur Amtsübergabe auch voraussichtlich so bleiben.

Die Beine hochzulegen ist verlockend, zumal ich gerne lese, vor allem Kriminalromane. Aber zuerst unternehmen meine Ehefrau und ich eine Reise ans Nordkap.

Sicher ist eines: Als Kommunalberater werde ich aber auf keinen Fall tätig werden.

Der Schwarzwälder Bote wird in zwei weiteren Interviews mit Ekhard Sekinger, Erreichtes und Wünschenswertes für die Gemeinde Aichhalden aus der Sicht des scheidenden Bürgermeisters vorstellen.