Happy Birthday: Heinz Fütterer wird 80 Jahre alt. Foto: dpa

Der „weiße Blitz“ wird 80 Jahre alt – Sprinter war Weltrekordler und Doppel-Europameister.

Stuttgart - 1954 war sein Jahr: Heinz Fütterer stellte den 100-Meter-Weltrekord von Jesse Owens ein und wurde zum Sportler des Jahres gewählt. Auch heute, 57 Jahre später, ist er noch flott unterwegs. Am Freitag feiert "der weiße Blitz" aus Baden seinen 80. Geburtstag.

Ohne ein rauchblaues Seidenkleid hätte es die atemberaubende Karriere von Heinz Fütterer womöglich nie gegeben. Es war das Verlobungskleid seiner älteren Schwester Klara, das Fütterer, damals 15 Jahre alt, in einer Umtauschzentrale gegen seine ersten Rennschuhe eingetauscht hat. "Das gab Ärger", erinnert er sich, "aber ich habe die Schuhe versteckt und gesagt: Ihr könnt mich totschlagen, die geb' ich nie mehr her."

Bis dahin war der Sohn eines Fischers barfuß gelaufen - und hatte dennoch alle Konkurrenten stets um Längen hinter sich gelassen. Jetzt aber besaß er endlich richtige Rennschuhe. Mit Nägeln an den Sohlen. Solche wie sein Vorbild Jesse Owens: "Mit diesen Schuhen habe ich die Welt erobert."

Und wie. Achteinhalb Jahre nach dem Kleiderklau, es war der 31. Oktober 1954, holte Fütterer sein großes Idol ein. Bei einem Sportfest in Yokohama flog er über die Aschenbahn. 100 Meter in 10,2 Sekunden. Der 19 Jahre alte Weltrekord des Amerikaners war egalisiert. Ein französischer Journalist taufte Fütterer den "weißen Blitz". Plötzlich kannte ihn, den Jungen aus dem kleinen Elchesheim-Illingen in Baden, die ganze Welt.

Neun Wochen vor dem Trip nach Fernost war Fütterer in Bern bereits Doppeleuropameister geworden, über 100 und 200 Meter, später brach er in 20,8 Sekunden auch noch den 26 Jahre alten Europarekord über 200 Meter. In seiner Laufbahn gewann Fütterer 536 internationale Rennen und blieb von 1953 bis 1955 ungeschlagen. Und das alles ohne Doping. "Ich bin froh, dass es das bei uns noch nicht gab", sagt er. Und wenn doch? Fütterer ist ehrlich: "Wer kann garantieren, dass ich es nicht gemacht hätte?"

Fütterer bekommt die Staufermedaille in Gold

Als er 1954 auch noch zum Sportler des Jahres gewählt wurde, war das dem stets bescheidenen Sprinter fast peinlich. War doch Fritz Walter - "der, zu dem alle hochgeschaut haben" - wegen ihm nur Zweiter geworden: ",Ich kann doch auch nichts dafür"', habe ich zu ihm gesagt."

Heute ist Fütterer, der nach seiner Karriere 27 Jahre lang bei einem Sportartikelhersteller arbeitete, nicht mehr ganz so flink. Ein künstliches Hüft- und ein künstliches Kniegelenk bremsen ihn aus. Er steckt aber immer noch voller Energie - und zumindest mit der Zunge ist er immer noch blitzschnell. Wenn er redet, wortgewandt und immer mit einem Schuss Selbstironie, lauschen seine Zuhörer gebannt und müssen immer wieder herzhaft lachen. Sie glauben dem leidenschaftlichen Golfer und Koch, wenn er sagt: "Ich bin halt ein einfacher Mann, Europameister zwar, aber ein einfacher Mann." Und einer, der für saure Kutteln immer zu haben ist.

Am Samstag erhält der überzeugte Badener - "nicht Badenser, man sagt ja auch nicht Frankfurzer" - eine weitere Ehrung. Er bekommt die Staufermedaille in Gold, die persönliche Auszeichnung des Ministerpräsidenten für Verdienste um das Land Baden-Württemberg.

Die Karriere Fütterers lief traumhaft, einen Traum aber wird er sich nicht mehr erfüllen können. "Immer wenn ich an einer Tartanbahn stehe, wünsche ich mir, ich hätte einmal in Höchstform auf einer solchen Bahn laufen können", sagt er, "aber diese Zeiten sind vorbei. Ich bin trotzdem glücklich." Schwester Klara übrigens hatte ihrem Bruder bald verziehen - von dem Tag an, an dem er sein eigenes Geld verdiente, kaufte er ihr jedes Jahr ein neues Kleid.

An diesem Freitag ab 18.15 Uhr zeigt das SWR-Fernsehen den Film "Der weiße Blitz - das Leben des Heinz Fütterer" von Michael Dittrich.