Ungewohnt: Campino am Alphorn Foto: /tefanie Salzer-Deckert

Ungewöhnliche Kombination: Die Toten Hosen, Gerhard Polt und die Well Brüder begeistern das Publikum im ausverkauften ZMF-Zirkuszelt in Freiburg.

Keine Frage, dieser Abend dürfte der große Coup im Festival-Programm des 39. Zeltmusikfestivals (ZMF) in Freiburg gewesen sein: Die Düsseldorfer Punk-Veteranen Die Toten Hosen haben zusammen mit Kabarettist Gerhard Polt (81) und den bayrischen Folklore-Multiinstrumentalisten Die Well Brüder das ausverkaufte ZMF-Zirkuszelt gerockt. Es war ein Abend der schrägen musikalischen Ausflüge, des beißenden Kabaretts und der der Überraschungen, an dem Hosen-Sänger Campino am Ende sogar am Alphorn mehr als nur einen überzeugenden Ton abzuliefern wusste.

Gesamtkunstwerk fügt sich zusammen

Je länger der Abend dauerte, desto besser fügte sich auf der Bühne alles zu einem Gesamtkunstwerk aus Unplugged-Punk-Hits, virtuos-witzigem bayrischen Musikkabarett, Schlager-Parodien („Lass uns träumen vom Lago Maggiore“) und dem bissigen Humor Polts zusammen: Letzterer redete sich in gewohnt kratzbürstiger Manier über die „Minderheit der Körnerfresser“ und die Klimakleber in Rage. In München, so Polt, gebe es immer mehr Preußen, alles würden sie da reinlassen heutzutage. Und das müsse man doch auch mal sagen dürfen. Am Ende singt er gar das pseudo-afrikanische, vollkommen aberwitzige „Mambele“, ganz klar ein Fall für kulturelle Aneignungs-Polizei, die aber an diesem Abend in Freiburg keine Chance hätte, im kochenden Zirkuszelt ihr Unwohlsein mit diesem Feuerwerk der politischen Unkorrektheiten kundzutun.

Es wird alles gespielt, was Musik machen kann

Kaum weniger bissig traten Polt die drei musikalisch breit aufgestellten Brüder Karli, Stofferl und Wilhelm Well entgegen, die von der Tuba über die Harfe bis zum Alphorn so ziemlich alles bedienen können, was Musik machen kann.

Bei „Wünsch dir was“ ist plötzlich der Text weg

Und die Hosen? Bei denen schien neben Gitarrist Kuddel und Sänger Campino vor allem Schlagzeuger Vom Ritchie so richtig Spaß an der rheinisch-bayrischen Gaudi zu haben, während Gitarrist Breiti und Bassist Andi, die sich auch an der Zither und am Hackbrett beweisen mussten, manchmal ein wenig verloren wirkten in all dem Hin und Her auf der Bühne. Aber egal, Hosen-Hymnen wie „Weil du nur einmal lebst“ wurden vom vollen ZMF-Zelt frenetisch gefeiert. Der Song „Wannsee“ wurde auf den Titisee umgemünzt und entsprechend goutiert. Und bei „Wünsch dir was“ kam Campino der Text abhanden. Aber ansonsten zeigte sich, dass die zwei gemeinsamen Proben-Wochen mit Polt und den Well Brüdern sich rentiert haben: Zwar haben alle Beteiligten in der Vergangenheit schon vielfach zusammengearbeitet, doch hier wirkt nun alles wirklich wie aus einem Guss. Wenn dann Gerhard Polt noch von den fiktiven Reisen mit dem Papa nach Bali zu den Menschenfressern berichtet, die keine Engländer mögen, weil die so nach Pfefferminz schmecken, dann ist der Abend unter dem Motto „Forever – Eine kulturelle Zumutung!“ eigentlich kaum noch zu toppen.