Die Gebäude für die geplanten Unterkünfte Foto: /Simon Granville

Imvestor will in Heimsheim leerstehende Büros in Boardingrooms umwandeln und ein Pilotprojekt für Tiny-Boardinghouses starten.

Was tun mit leer stehenden Büroflächen, von denen es seit der Corona-Krise noch ein paar mehr gibt? Patrick Wolff, der Geschäftsführer der Wolff Verwaltungs GmbH in Friolzheim, will diese Räume so ausstatten, dass sie für zeitlich begrenztes Wohnen genutzt werden können. Der Bauherr plant auf einigen Stockwerken in den drei Verwaltungs- und Bürotürmen an der Autobahn im Heimsheimer Gewerbegebiet Egelsee sogenannte Boardingrooms. Zusätzlich will er den Bedarf für kleine Häuschen als 18 separate Einheiten testen, die er auf der freien Fläche neben dem Gebäude Römerstraße 40 aufstellen will. Für beide Vorhaben erhielt er jetzt die Zustimmung des Gemeinderats, allerdings mit Auflagen.

Plätze für Übernachtungsgäste

Die drei „Small Business Towers“ (SBT) direkt an der Autobahn A 8 werden künftig Übernachtungsgäste beherbergen und zwar jeweils maximal 12 pro Gebäude. Das wird kein normaler Hotelbetrieb sein, sondern die Räume sind für Mitarbeiter von Projekten gedacht, die für eine gewisse Zeit entweder bei Firmen direkt vor Ort oder in der näheren Umgebung tätig sind. Patrick Wolff sieht hierfür ein großes Potenzial, wie er im Gemeinderat erläuterte. Vor Corona habe es in den inzwischen vier SBT-Gebäuden eine Hundert-Prozent-Auslastung gegeben, die Heimsheim fast tausend neue Arbeitsplätze gebracht haben. „Doch Corona hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht“, sagte er. So sei durch Homeoffice und Online-Konferenzen etwa die Belegung von Besprechungsräumen von 40 Prozent auf jetzt nur sieben Prozent gesunken. Gleichzeitig gebe es einen Fachkräftemangel. Für Projekte müssten oft überregionale Spezialisten eine Weile vor Ort sein, beispielsweise bei großen Firmen wie Porsche oder Bosch. Er wolle aber auch internationale Projekte direkt nach Heimsheim holen, betonte er und nannte ein Beispiel mit 200 Arbeitsplätzen für mindestens ein Jahr, für das er gerade im Gespräch sei.

Nicht bei allen Stadträten stieß die geplante Nutzungsänderung sofort auf Gegenliebe. Er sehe es sehr kritisch, dass Gewerbeflächen für Wohnen genutzt werden sollen, sagte Rolf Vetter (SPD). Sabine Kiedaisch (Bürger für Heimsheim) zählte auf, dass es dann 36 Übernachtungsplätze in den drei SBT gebe, zusätzlich zu den bereits bewilligten 54 Zimmern im Projektcampus SBT 4 an der Römerstraße 40. Dazu sollen dann noch 18 Tiny Houses an der Römerstraße kommen. „Wir haben auch noch andere Beherbergungsbetriebe hier und in der Umgebung. Denen nehmen wir das Geschäft weg,“ fürchtete die Stadträtin.

Komplett recycelbare Holzhäuser

Sabine Kiedaisch und ihre Fraktionskollegin Gaby Wulff fragten mit Blick auf die kleinen Häuser nach deren ökologischem Zustand. „Unter diesem Aspekt sind wir extrem grün“, versicherte der Bauherr. Die Holzhäuser seien komplett recycelbar, es gebe Wärmepumpen und PV-Anlagen. „Wir brauchen Nachhaltigkeitskonzepte, sonst kriegen wir von großen Firmen keine Aufträge“, erklärte er. Außerdem handele es sich um ein Pilotprojekt, das man klein beginnen wolle. Er könne nicht garantieren, dass dort mal 18 Häuschen stehen. Im Übrigen nehme man den Hotels nichts weg, die Leute kämen „on top“ hierher.

Die meisten Gemeinderätinnen und -räte zeigten sich offen für die teilweise Umnutzung der Gewerbeflächen. „Ich sehe es entspannt“, sagte Walter Müller (Freie Wählervereinigung), Corona habe die Arbeitswelt verändert. Sie könne mit der Umnutzung der Towers mitgehen, „damit wir keinen Leerstand haben“, meinte Hannah Hensler (SPD). Ralf Rüth (CDU) betonte, dass es im Egelsee-Gewerbegebiet keine anderen Gebäude gebe, deren Grundfläche so gut ausgenutzt seien wie die der drei Türme, alle Gebäude seien energetisch auf dem neuesten Stand gebaut worden. Die Welt verändere sich und das Arbeitsleben auch, so Rüth. Man sollte den Unternehmer unterstützen und sehen, dass der Standort attraktiv bleibt. Nicht erwünscht seien Privatvermietungen oder Urlaubsdomizile.

Schleichende Umwandlung und Legalisierung von Wohnen befürchtet.

Der Bauamtsleiter Andor Varszegi führte die Pro- und Contra-Argumente für ein solches „Wohnen auf Zeit“ auf: Kritisiere man in Wohngebieten die Umnutzung von Wohnraum für die kurzzeitige Anmietung, so werde in Gewerbegebieten eine schleichende Umwandlung und Legalisierung von Wohnen befürchtet. Im Beschluss, den die Verwaltung zur Abstimmung vorlegte, hieß es denn auch, dass eine nichtgewerbliche, längerfristige Wohnnutzung ausgeschlossen wird, etwa durch eine zeitliche Einschränkung des Aufenthalts.

Der Bauherr Patrick Wolff zeigt sich begeistert von seinem Vorhaben: „Wir machen hier was mega Innovatives, das gibt es in ganz Deutschland nicht. Ich als Gemeinderat würde sagen, ‚mega Projekt‘ “, gab er den Stadträten vor der Abstimmung mit auf den Entscheidungs-Weg.