Wer ein Grundstück im Baugebiet Riedern kaufen darf, wo dieser Spielplatz steht, hat der Gemeinderat festgelegt. Archiv-Foto: Eyrich Foto: Schwarzwälder Bote

Baugebiet Riedern: Diskussion um Vergabekriterien zeigt die vielen Aspekte rund um ein häufiges Problem

Wer soll die Bauplätze auf der Erweiterungsfläche des Baugebietes Riedern bekommen? Darüber hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung munter diskutiert. Denn es geht um viel.

Winterlingen. In diesem Punkt hat die Gemeinde Winterlingen das exakt selbe Probleme wie die meisten anderen Kommunen auch: Innerorts liegen längst erschlossene Bauplätze bracht, weil die Besitzer sie aufheben wollen, bis vielleicht eines Tages eines der Enkelkinder dort bauen will. Vielleicht. Gleichzeitig suchen Bauwillige, teils sehr lange, nach einem Fleckchen Erde, um sich im Heimatort, am Ort der Arbeitsstelle oder in der Nähe der betagten Eltern niederzulassen. Vergeblich. Weil keiner seinen Bauplatz verkaufen will und die Gemeinde keinen mehr anzubieten hat.

Denn die Zeiten, in denen Kommunen beliebig ihre Wohngebiete ausdehnen durften, sind lange vorbei. Stichworte: Flächenfraß und Naturschutz. Der Gemeinde Winterlingen, die im vergangenen Jahrzehnt viel für den Ausbau und die Modernisierung ihrer Infrastruktur getan hat, ist es nun gelungen, das Baugebiet Riedern – auf der Höhe am Ortsrand – zu erweitern und 37 neue Bauplätze zu generieren. Doch nach welchen Kriterien sollen die begehrten Grundstücke vergeben werden?

Die Verwaltung hat dem Gemeinderat für seine jüngste Sitzung eine umfangreiche Kriterienliste vorgelegt – und dieser trefflich darüber diskutiert, denn bereits seit Dezember 2017 führt die Verwaltung eine Liste von Interessenten – Ende April waren es schon 60, und nun will die Verwaltung zunächst feststellen, wer von diesen Personen noch immer Bedarf hat, um mit den Betreffenden einen Vorvertrag abschließen zu können.

Folgende Kriterien hatte die Verwaltung vorgeschlagen: Einen Bauplatz kaufen darf nur, wer ihn selbst nutzen und mit Hauptwohnsitz dort leben will, wer bislang noch keinen Bauplatz von der Gemeinde Winterlingen gekauft hat und nicht im Besitz eines bebaubaren Platzes in der Gesamtgemeinde Winterlingen ist. Außerdem sollen nur natürliche Personen, also keine Bauträger, ein Grundstück kaufen dürfen und müssen sich zudem verpflichten, binnen drei Jahren nach Vertragsabschluss darauf zu bauen.

Die längste Diskussion im Gremium betraf folgendes Kriterium: "Erwerben kann ferner nicht, in wessen Familie in gerader Linie (Großeltern und Eltern) ein bebaubarer Platz in der Gesamtgemeinde Winterlingen vorhanden ist. Dies gilt bei gemeinschaftlichen Erwerbern für jeden Einzelerwerber." Im Klartext: Haben Oma oder Opa, Papa oder Mama noch irgendwo in Winterlingen, Benzingen oder Harthausen eine Bauplatzbrache liegen, schaut ein Bewerber in die Röhre.

Emil Oswald warf ein, dass es ja möglich sei, dass Großeltern mit einem Bauplatz "zig Enkel" – und womöglich zerstrittene – hätten. Wobei die Beweisführung, ob und wie zerstritten solche Enkel seien, schwierig sei, gab Bürgermeister Michael Maier zu bedenken.

Martin Kromers Antrag, die Großeltern zu streichen, goutierten die Räte schließlich bei einer Enthaltung. Dem Beschlussvorschlag der Gemeinde – inklusive der Änderung durch Kromers Antrag – stimmten alle zu.

Hermann Linder wollte wissen, ob die Gemeinde schon geprüft habe, wie viele der Interessenten schon einen Bauplatz hätten in der Familie. "Das kriegen wir dann schon raus", erklärte Maier, und Kämmerer Bodo Erath fügte hinzu: "Ein Großgrundbesitzer ist mir noch keiner ins Auge gefallen."

"Im Hinterkopf behalten" will die Verwaltung die Möglichkeit, dass jemand schon einen Bauplatz von der Gemeinde gekauft, ihn aber wieder verkauft hat. Roland Heck gab zu bedenken, dass manche heutzutage einen Platz als Finanzreserve vorhielten, um den eigenen Pflegebedarf abzusichern, während Anton Blau nach der Möglichkeit einer Altersgrenze fragte. In Harthausen habe schon mal eine Siebenjährige ein Baugesuch für den eigenen Bauplatz gestellt.

Zudem, so Oswald, könne es ja sein, dass jemand vor Jahrzehnten schon einmal einen Bauplatz von der Gemeinde gekauft habe – und nun für alle Zeiten blockiert sei. Bürgermeister Michael Maier hielt dagegen, dass es nicht sein könne, dass einer, der noch nie einen Gemeinde-Bauplatz erworben habe, diesem gegenüber das Nachsehen habe.

Der Sorge Martin Kromers, es könnte sich bei der Interessentenliste um eine lose Blattsammlung handeln, auf der nicht mehr auszumachen sei, wer zuerst darauf stand, widersprachen Michael Maier und Bodo Erath: Es handle sich um eine, kontinuierlich fortgeschriebene Liste.

In den Vorverträgen wird noch kein Preis festgelegt

Für die Vorverträge gilt, dass sie noch ohne Preisfestlegung abgeschlossen werden, zumal der Preis auch auf Kosten für Ausgleichs-, Erschließungs- und Vermessungsmaßnahmen basiert und erst später kalkuliert werden könne.

Wie will die Gemeinde nun vorgehen? Sie will zeitgleich alle Interessenten auf ihrer Liste anschreiben, ihnen den Bebauungsplan mit der Nummerierung der 37 Plätze schicken, deren Größen angeben, ein Datenblatt zum Ausfüllen und den Entwurf eines Vorvertrages beilegen. Die Gemeinde will den Bedarf abfragen, denn zulässig sind sowohl Einzel- und Doppelhäuser als auch Hausgruppen und Mehrfamilienhäuser – je nach Aufteilung könnten so mehr Bauplätze entstehen. Wer grundsätzlich auf der Warteliste verweilen will, muss binnen eines Monats nach Versanddatum seinen Fragebogen zurücksenden und erhält dann eine Bestätigung, ob die Vergabevoraussetzungen erfüllt sind, Informationen über die Möglichkeit eines Vorvertrags und über bis zu vier in Frage kommenden Plätze. Interessenten können dann mit den Nummern eins bis vier ihre Vorlieben priorisieren. Überschneiden sich solche Prioritäten, erhält der Interessent den Vorzug, der schon länger auf der Warteliste steht. Wer den Kürzeren zieht, erhält – sofern vorhanden – eine andere Option. Erst dann ist ein Kaufvorvertrag möglich. Übt jemand sein Optionsrecht nicht aus, wird der Platz dem Nächsten auf der Warteliste angeboten.

Rainer Pfersich wollte wissen, ab wann Interessierte bauen können, und erfuhr von Bürgermeister Michael Maier: "Sobald die Satzung rechtsgültig ist, können wir die Erschließungsarbeiten ausschreiben und im Herbst noch Vorverträge abschließen." Ab 2021 könnten Privatleute dann bauen.