Eckige Kurven: Wie der bestehende Teil der Stockäcker erschlossen ist, gefällt vielen nicht.  Foto: Müller Foto: Schwarzwälder Bote

Baugebiet: Die Erweiterung der "Stockäcker" stößt in Benzingen nicht bei allen auf Gegenliebe

Ein Problem, durch dessen Lösung sich die Gemeinde Winterlingen mit hoher Wahrscheinlichkeit ins eigene Fleisch schneiden würde, hat die lange Ortschaftsratssitzung in Benzingen dominiert: Es geht um Bauland.

Winterlingen-Benzingen. Die "ungünstigen Voraussetzungen für die Erweiterung des Baugebietes Stockäcker" wollte Tobias Schuth, Sprecher von 150 Unterzeichnern einer Resolution, in der Bürgerfragestunde des Ortschaftsrates Benzingen erläutern. Schuth beklagte, dass zu viele junge Benzinger wegziehen müssten, es an Infrastruktur, sozialen und wirtschaftlichen Angeboten fehle – und an einem attraktiven Baugebiet. Eine Erweiterung von Stockäcker sei ungeeignet da nach Norden ausgerichtet und somit schlecht für Photovoltaikanlagen, aber auch die Anbindung an schnelles Internet lasse zu wünschen übrig. Die bereits bestehenden Bauplätze seien beengt, die Erschließungsstraßen zu schmal und zu eckig.

Die Unterzeichner wünschen sich die Erschließung des Gebietes im Süden der Ortsmitte, die noch unbebaut ist, damit junge Benzinger dort bleiben oder Familien zuziehen könnten, sowie eine bessere Anbindung an schnelles Internet. Die Erweiterung von Stockäcker hingegen entspreche nicht den Zielen der Bundesregierung für moderne Baugebiete, widerspreche ihnen gar.

Den Kern des Problems erläuterten Bürgermeister Michael Maier und Ortsvorsteher Ewald Hoffmann übereinstimmend: Das freie Areal im Süden der Ortsmitte habe der Ortschaftsrat schon vor 30 Jahren ins Auge gefasst. Allerdings habe sich herausgestellt, dass es ungeeignet sei, weil sich dort zu viel Wasser sammele. Stockäcker sei in den Fokus gerückt, und inzwischen seien für die Erweiterung Optionsverträge geschlossen, das größte Grundstück gar schon im Besitz der Gemeinde.

Der seit 1996 rechtskräftige Flächennutzungsplan erlaube die Erweiterung von Stockäcker. Nehme die Gemeinde stattdessen ein anderes Areal ins Visier, werde sie mit hoher Wahrscheinlichkeit die Möglichkeit verlieren, Stockäcker zu erweitern – und dennoch kein neues Baugebiet ausweisen dürfen. Der Grund: In punkto Einwohnerzahl hätten sich weder Winterlingen noch Benzingen so positiv entwickelt, wie bei Aufstellung des Flächennutzungsplanes prognostiziert. Gleichzeitig gebe es noch 18 bebaubare freie Flächen im Ort, die deren Eigentümer zwar nicht verkaufen wollten – das aber interessiere übergeordnete Behörden nicht. Baupotenzial ist Baupotenzial – egal wie blockiert. "Wenn ich mit der heutigen Einwohnerzahl in ein Flächennutzungsplanverfahren einsteige, fliegen alle Baugebiete raus", sagte Maier.

Zudem sehe der Flächennutzungsplan eine Konzentration auf den zentralen Ort Winterlingen als Kleinzentrum vor, erklärte Maier, die Gewerbeflächen-Konzentration im Interkommunalen Gewerbegebiet Vogelherd/Längenfeld und in Benzingen am Hungerberg, wegen der Anbindung an die Bundesstraße 463. Die Änderung eines Flächennutzungsplanes dauere zudem vorneweg zehn Jahre, berichtete Maier aus Erfahrung, "und dann müssten wir erst einen Bebauungsplan aufstellen", was weitere zwei bis drei Jahre dauere. "Die Erschließungskosten im Süden wären höher, und das fliegt uns schon aus Naturschutzgründen um die Ohren. Das ist für mich eine aussichtslose Geschichte."

Was die Erschließung der Erweiterung betrifft, betonte Maier: "Mit mir wird es keine eckigen Kurven geben. Wir müssen Stockäcker bedarfsgerecht und nutzerfreundlich erschließen."

Andere Flächen, etwa zwischen dem Friedhof und der so genannten Vorstadt, sowie in Verlängerung des Hungerbergs Richtung Blättringen schlug Tobias Schuth zur Erschließung vor, doch Gemeinde- und Ortschaftsrätin Isabelle Grüner-Blatt hielt dagegen: "Wir können nicht einfach Baugebiete rumschieben, sondern müssten erst den Flächennutzungsplan ändern" – mit den bekannten Risiken, "und ich möchte nicht verantworten, dass es nachher gar kein Baugebiet gibt."

Ortschaftsrat Dirk Sieber, der selbst in Stockäcker wohnt, zollte den Unterzeichnern zwar Respekt, hielt aber dagegen, dass Stockäcker so schlecht nicht sei: "Ich habe einen unbezahlbaren Ausblick." Den Schultes fragte er nach der Zeitschiene zur Realisierung und erfuhr: "Zwei bis drei Jahre dauert das Bebauungsplanverfahren." Wobei Maier betonte, dass der Planentwurf dann öffentlich ausliege und jeder Anregungen vorbringen dürfe. Das nutzten freilich wenige, und das Ergebnis seien dann eben vielleicht eckige Kurven.

Ewald Hoffmann schlug schließlich einen Ortstermin mit Tobias Schuth, Bürgermeister Maier und anderen Interessierten vor, um sich mögliche andere Lösungen anzusehen. Danach soll weiterdiskutiert werden.