Kämmerer Bodo Erath schaut sorgenvoll auf die finanzielle Entwicklung.Archiv-Foto: Eyrich Foto: Schwarzwälder Bote

Grundsteuerhebesatz: Gemeinderat beschließt Erhöhung um bis zu 20 Prozentpunkte / Reform kommt

Dass der Zeitpunkt ungünstig ist, war allen Winterlinger Gemeinderäten bewusst, als sie über die Erhöhung der Hebesätze für die Grundsteuer abstimmten. Argumente dafür hatten sie dennoch.

Winterlingen. In Corona-Zeiten, da manche Kurzarbeit leisten und bei manchen der Arbeitsplatz gefährdet ist, die Grundsteuer A und B zu erhöhen – Bürgermeister Michael Maier hat dem Gemeinderat den Vorschlag mit sichtlichem Unbehagen unterbreitet. Allerdings liege es 15 Jahre zurück, dass der Hebesatz von 300 auf 380 für die Grundsteuer A – sie gilt für land- und forstwirtschaftliche Betriebe – und von 280 auf 340 Prozent für die Grundsteuer B – für sonstige Grundstücke – angepasst worden sei, und die Finanzlage zwinge die Gemeinde dazu, nach so langer Zeit etwas mehr zu verlangen. Wenig mehr, wie aus der Sitzungsvorlage hervorgeht: Der Hebesatz für Grundsteuer A soll ab 2021 auf 390 und 2022 auf 400 Prozent steigen, bei Grundsteuer B sind es zunächst 350, im Jahr darauf dann 360 Prozent, also in beiden Fällen 20 Prozentpunkte mehr.

Was nicht heiße, dass der absolute Betrag um 20 Prozentpunkte steige, erklärte Maier mit Blick auf die komplizierte Berechnungsweise. Rainer Pfersich, Fraktionschef von "Zukunft Winterlingen", hatte sich die Mühe gemacht, am Beispiel seines Privatgrundstücks zu rechnen, und festgestellt, dass er 22,57 Euro jährlich wird mehr zahlen müssen. "Selbst in einer Pandemie kann das jede Familie schultern", kommentierte er.

Kämmerer Bodo Erath betonte, dass die Grundsteuer, die keinen Aufkommensschwankungen unterliegt wie etwa die Gewerbesteuer, für die ferne keine Umlagen zu entrichten seien und die vollumfänglich bei der Gemeinde bleibe, eine verlässliche Größe sei. In den vergangenen Jahren habe die Gemeinde die Haushaltsansätze für die Unterhaltung von Straßen und kommunalen Gebäuden stetig zurückgefahren, und die Grundsteuer sei eben das "Finanzierungsäquivalent für die Bereitstellung kommunaler Infrastruktur", wie es in der Sitzungsvorlage heißt.

Die Aufgaben, die damit finanziert würden – Brandschutz, Unterhaltung von Straßen, Hallen, Schulen, Kindergärten, Bädern und Sportstätten sowie Kosten für Straßenbeleuchtung, Jugendsozialarbeit und vieles mehr – seien in den vergangenen Jahren stetig teurer geworden. Beispiele für die Kostendeckungsgrade, die zwischen 0,16 Prozent für öffentliches Grün und 59,97 für die Akademie Laucherttal liegen, hatte Erath aufgeführt.

Der Beschlussvorschlag sei kein "vorauseilender Gehorsam" im Hinblick auf die Grundsteuerreform, die das Land Baden-Württemberg plant, betonte Michael Maier auf Frage von Robert Kromer. Die Reform, für die noch keine Details vorliegen, hat unter anderem zum Ziel, unbebaute, aber erschlossene Grundstücke schneller einer Bebauung zuzuführen.

Dem Beschlussvorschlag der Verwaltung schlossen sich am Ende alle Räte an. Endgültig festgezurrt werden die neuen Hebesätze in der Haushaltsberatung für 2021.