Ein gewaltiger Anblick: Zum Abschluss des ersten Festzuges der Musikkapelle Benzingen hat sich ein Massenchor mit den Gästen aus Marienkirchen formiert. Foto: Eyrich

200 Jahre Musikkapelle Benzingen: Zahlreiche Kapellen und Freunde kommen zum gratulieren. Massenchor nach erstem Festzug.

Winterlingen-Benzingen - "In Harmonie vereint" – das erste Stück des großen Chores aus 20 Musikkapellen am Samstag war gleichzeitig die Überschrift über das Jubiläum zum 200-jährigen Bestehen der Musikkapelle Benzingen.

"Ein Choral, bei dem wir alle weinen müssen – weil er so schön ist", wie Cornelia Reischauer sagte – war der Höhepunkt am Samstag beim großen Musikertreffen im Festzelt in Benzingen: 20 Kapellen waren gekommen, um der Musikkapelle Benzingen (MK) zum 200-jährigen Bestehen zu gratulieren – darunter die Patenkapelle aus dem oberösterreichischen St. Marienkirchen a. H. mit ihrer feschen Dirigentin. Sie leitete den riesigen Musiker-Chor, der sich am Ende des Umzugs der Kapellen durch den Ort formiert hatte: Ein gewaltiges Bild war das, und gewaltige Klangfülle, als die Musiker "Ich bete an die Macht der Liebe" und anschließend noch das Lied der Deutschen spielten, ehe alle gemeinsam zur Musik der Kapelle "Peng" im Festzelt feierten.

Dort wechselten gestern nach einem prächtigen Umzug aller Ortsvereine, Schüler und Kindergartenkinder originelle und schöne Geschenke die Besitzer: An den Patenverein überreichte Michael Blatt, Vorsitzender des Jubiläumsvereins, eine Uhr mit Benzinger Motiv und nahm mit seinem Dirigenten Horst Marquardt einen Tambourstab und einen Fahnenwimpel der Österreicher entgegen.

Bürgermeister Michael Maier und Ewald Hoffmann als Sprecher der Vereine überreichten Geld für die Jugendarbeit, die bei der Musikkapelle groß geschrieben wird: Rund 40 Kinder und Jugendliche werden derzeit dort ausgebildet, und die Spender hatten sich nicht lumpen lassen. Ortsvorsteher Walter Sieber hatte das neue Ortswappen in Form zahlreicher Anstecknadeln mitgebracht – eine für jeden der 38 Aktiven in der großen Kapelle. Günther Fisecker, Bürgermeister in Marienkirchen, übergab das Wappen seiner Gemeinde aus Ton – wie passend für eine Musikapelle!

Dass die Beziehung der beiden Vereine auf mehr als Höflichkeitsbesuchen basiert, machte Florian Bögl, Obmann der Patenkapelle, deutlich: 1971 sei das Geburtsjahr einer "einzigartigen Freundschaft" gewesen, sagte Bögl und erinnerte an Jakob Manz, einen der fünf Ehrenvorsitzenden der MK Benzingen, der den Kontakt zu seinem einstigen Wohnort hergestellt hatte.

Was sonst die lange Geschichte der MK Benzingen prägte, darüber verlor Michael Blatt nicht allzu viele Worte – angesichts der gut gemachten und informativen Festschrift konnte sich Blatt auf Eckpunkte konzentrieren. Dabei wurde deutlich, dass die Musikkapelle – vermutlich bestand sie schon vor 1814 – zuerst bei kirchlichen Feiern mitgewirkt hatte, erst am 22. Juli 1925 offiziell gegründet und erst 1981 ins Vereinsregister eingetragen worden war. 1930 kamen Theateraufführungen hinzu und nach dem Zweiten Weltkrieg spielten die Musiker oftmals zum Tanz auf, richteten 1954 das Kreismusikfest aus und nahmen 1972 erstmals Frauen auf.

Ehrenvorsitzender Paul Hepp – einer der Verstorbenen, an die Diakon Paul Gasser vor seinem Segen erinnerte – war 1975 mit der Bundesfördermedaille am Bande in Gold geehrt worden, der größten Auszeichnung, die der Volksmusikverband zu vergeben hat.

Heute sei die Musikkapelle aus dem Benzinger Vereinsleben nicht mehr wegzudenken, sagte Michael Maier, engagiere sich auf vielfältige Weise in der Dorfgemeinschaft, fördere das Gemeinschaftsgefühl und sei eine Repräsentantin Benzingens über Kreisgrenzen hinweg – dafür dankte Walter Sieber.

Zudem sei sie eine der ältesten Musikkapellen im Zollernalbkreis, sagte Blasmusik-Kreisverbandsvorsitzender Heiko Peter Melle, dessen Ur-Ur-Ur-Großmutter aus Benzingen stammt. Den Benzingern rief er zu: "Seid stolz auf Eure Musikkapelle!"

Dass sie ihm eine Reise mit der Landtagsfraktion nach Wien erspart hat, verriet Landrat Günther-Martin Pauli: "Als ich gehört habe, dass Gäste aus Österreich hier sind, bin ich lieber zu Euch gekommen", rief er aus und fügte hinzu: "Eine Woche nach der Europawahl wird Europa hier gelebt." Dass die Marienkirchener zum Mittagessen und am Nachmittag für ihre Gastgeber aufspielten, war ein Geschenk, von dem auch die Gäste im voll besetzten Festzelt etwas hatten.