Mit Schnee bedeckt sind nicht nur die Kronen der Bäume in einem Wald nahe der Ortschaft Bartholomä im Schwarzwald. Foto: dpa/Jason Tschepljakow

Artic Outbreak is coming: Das Wetter in Baden-Württemberg wird zunehmend winterlich. Ein Jetstream über dem Südwesten hat den Weg für einen Kältevorstoß freigemacht. Jetzt wird es eisig kalt und winterlich weiß.

Der Winter steht in Baden-Württemberg vor der Tür. Mehr noch: Er hat sich bereits ungefragt Zutritt verschafft. Dabei waren in den vergangenen Tagen die Prognosen der Wettermodelle bei Schnee und Kälte noch weit auseinandergegangen.

Bei einigen wurde der große Wintereinbruch berechnet und dann wurde er sogar ganz abgesagt. Doch jetzt ist es nicht mehr zu leugnen: Das Tor für die arktische Kälte ist ganz weit geöffnet werden.

Kälteeinbruch in Baden-Württemberg

Auch die Züge müssen sich ihren Weg durch Schneeverwehungen „freikämpfen“. Foto: dpa/Julian Stratenschulte
Ein als Nikolaus verkleideter Mann ist zwischen Betzenweiler und Bischmannshausen mit dem Fahrrad unterwegs zu einer Weihnachtsfeier. Foto: dpa/Thomas Warnack

Über Deutschland und Mitteleuropa lag bis vor kurzem noch ein Jetstream, der die kalten Luftmassen über Nordeuropa von den warmen Luftmassen über Südeuropa trennte.

Zur Info: Ein Jetstream ist ein sich dynamisch verlagerndes Starkwindfeld oder -band, das meist im Bereich der oberen Troposphäre – der untersten Schicht der Erdatmosphäre – bis hinunter zur Tropopause – der wichtigsten Grenzfläche der Erdatmosphäre, die breitenabhängig in 6 bis 18 Kilometern Höhe- auftritt.

Dieses Starkwindband hat sich inzwischen allerdings abgeschwächt und den Weg für einen massiven Kälteeinbruch frei gemacht. Seitdem strömen extrem kalte arktische Luftmassen bis in den Südwesten Deutschlands und bringen kalte Luftmassen, Schnee und Eis nach Baden-Württemberg.

Zu kalt für diese Jahreszeit

Ein Räumfahrzeug des Winterdienstes ist zwischen Langenenslingen und Friedingen auf der Schwäbischen Alb im Einsatz, während ein Fahrzeug der Polizei mehrere liegengebliebene LKW’s absichert. Foto: dpa/Thomas Warnack
Wintersportler lassen sich von einem Schlepplift einen Skihang hinaufziehen. Der Lift am Seibelseckle im Ortenaukreis gehört zu den ersten, die Wintersportlern Abfahrten ermöglichen. Foto: dpa/Philipp von Ditfurth

Der Meteorologe Adrian Leyser vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach bestätigt, dass die Temperaturen in Deutschland in den nächsten Tagen weiter zurückgehen werden. Auch werde in den kommenden Tagen eine Temperaturabweichung vom langjährigen Mittel erwartet.

Es sei mehr als fünf Grad zu kalt für die Jahreszeit, erklärt Leyser. „Solche Kältephasen sind nicht außergewöhnlich.“ Zuletzt habe es ähnlich niedrige Tagesmittel-Temperaturen etwa Mitte Dezember 2022 gegeben. Sogar noch kälter sei es Anfang Februar 2021 oder Ende Februar und Anfang März 2018 gewesen.

Artic Outbreak in Deutschland?

Lachmöwen stehen im Schneefall auf einer Eisfläche an der Donau bei Munderkingen. Foto: dpa/Thomas Warnack
Die ersten Schneemänner zieren schon viele Städte. Foto: dpa/Patricia Bartos

Doch die Behauptung, „es stehe die kälteste Phase seit Dezember 2010 an“, sei „falsch“. Leyer geht nicht davon aus, dass der momentane Kälteeinbruch den ganzen Dezember über anhält.

Und was ist mit dem befürchteten Arctic Outbreak? Solche „ Schlagworte“ aus der Meteorologie würden sich „gut klicken, fußen aber selten auf seriöser Wissenschaft“, betont der DWD-Wetterforscher. In Europa sei solch ein Einbruch einer extremen Kältwelle „äußerst selten“, so Leyser.

Das bestätigt auch Felix Dietzsch: Mit I-Catchern wie Arctic Outbreak ist der DWD-Meteorologe genauso zurückhaltend wie sein Kollege Leyser. „Das klingt natürlich fancy. Man könnte auch ‚Kaltlufteinbruch’ sagen, das verkauft sich aber nicht so gut.“

Extrem kalt in sehr kurzer Zeit

Vögel wie diese Blaumeise brauchen in den Wintermonaten besonders viel Futter. Foto: dpa/Christoph Soeder
tark vereist sind die Fichtenbestände auf dem Brocken. Foto: dpa/Matthias Bein

Arctic Outbreak nennt man in der Meteorologie eine Kältewelle, die in relativ kurzer Zeit eine starke Abkühlung auf unterdurchschnittliche Werte der Lufttemperatur mit sich bringt. Solche Vorstöße von extrem kalten arktischen Luftmassen können bis weit in südliche Breiten auf der Nordhalbkugel auftreten. Besonders Kanada und der Mittlere Westen der USA erleben häufiger das Phänomen eines Artic Outbreak.

Ursache für diese plötzliche Wetteränderung ist laut Deutschen Wetterdienst ein polarer Tiefdruckwirbel. Dieser auf englisch „Polar Vortex“ genannte Polarwirbel verstärkt sich regelmäßig im Winter, wenn kein Sonnenlicht die Atmosphäre erwärmen kann und diese sich zunehmend abkühlt. Was wiederum zu einem Druckabfall in der Höhe führt. Die Folge: Der polare Tiefdruckwirbel verstärkt sich.

Unterschiedliche Kältewellen in Europa und Nordamerika

Schnee liegt auf den Treppen am Württemberg vor der Grabkapelle in Stuttgart. Foto: dpa/Bernd Weißbrod
Luchskatze Finja rennt nach dem Öffnen der Transportbox in den verschneiten Schwarzwald. Mit der Auswilderung des ersten Luchsweibchens in Baden-Württemberg ist der Aufbau einer Luchspopulation gestartet worden. Foto: dpa/Uli Deck

Anders als bei arktischer Polarluft in Europa mit den Alpen, die als Wetterscheide fungieren, kann die eisige, klirrende Kälte aus der Arktis wegen der geologischen Verhältnisse in Nordamerika weiter nach Süden vordringen und Kanada sowie die USA erreichen.

Oder um es so auszudrücken: Die Eiseskälte breitet sich begünstigt durch die Topografie und die riesigen Weiten des Kontinents wie eine Walze von Nord nach Süd aus. Deshalb ist ein Artic Outbreak auf dem nordamerikanischen Kontinent auch sehr viel wahrscheinlicher als in Mitteleuropa.