Bis Ende September 2025 müssen insgesamt rund 4200 Hektar Fläche in der Region gefunden werden, auf denen Windräder gebaut werden können. Foto: © 3dtool - stock.adobe.com

Wie viel Abstand müssen Windräder von Siedlungen haben? Der Regionalverband Nordschwarzwald beschloss: 750 Meter. Drohen jetzt Klagen und Einsprüche?

Dass der Ausbau von Erneuerbaren Energien massiv und vor allem schleunigst vorangetrieben werden soll, ist nichts Neues. Da muss freilich auch der Nordschwarzwald seinen Beitrag leisten – beispielsweise mit dem Errichten von Windkraftanlagen.

Die gesetzliche Ausgangslage: 1,8 Prozent der Landesfläche sollen in Baden-Württemberg bis zum 31. Dezember 2032 für Windenergienutzung zumindest planungsrechtlich gesichert sein. Das ergibt sich aus dem Windenergieflächenbedarfsgesetz, das zum 1. Februar 2023 in Kraft getreten ist. Nicht zuletzt deshalb befasste sich nun der Planungsausschuss des Regionalverbands Nordschwarzwald bei seiner jüngsten Sitzung in Calw mit den Kriterien für den „Teilregionalplan Windenergie“. „Es ist nicht mehr die Frage ob, sondern wo und wie viele“, erklärte Verbandsvorsitzender Klaus Mack eingangs zur Windradplanung. Sascha Klein erläuterte dann die Kriterien und Pläne des Regionalverbands.

Der muss nämlich bis Ende September 2025 insgesamt rund 4200 Hektar Fläche der Regionsfläche für Windräder feststellen. Die Frage ist jetzt nur, in welchen Gebieten die Windräder eines Tages aufgeschlagen werden. Vor allem der Vorsorgeabstand, zum Beispiel zu Wohnbebauung, wurde heiß diskutiert. Der Regionalverbandsdirektor Klein erklärte, man habe angepeilt, nur 750 Meter Abstand zur umgebenden Wohnbebauung einzuhalten. Das sei im Übrigen auch jüngst so vom Verwaltungsgericht bestätigt worden, dass das in Ordnung sei und ausreiche, führte die Verbandsspitze aus. Und genau hieran entzündete sich die Debatte.

Die lebhafte Diskussion im Regionalverbandsausschuss: Volker Schuler (Freie Wähler) hatte mit dem geringen Abstand so seine Probleme. „Diese 750 Meter bergen Konfliktpotenzial“, fürchtete er. Das werde, so der Tenor von Ebhausens Rathauschef, in der Bevölkerung nicht gut ankommen. Man müsse die Einwohner vor Ort mitnehmen – 1000 Meter als Richtwert fände er passend, in Ausnahmefällen dann auf 750 Meter zu reduzieren, halte er für sinnvoller. Bei 750 Metern Abstand zur Wohnbebauung könnte es zu vielen Klagen oder Einsprüchen kommen, das gefährde das Gesamtziel, bis 2032 zahlreiche Windräder aufstellen zu können, warnte Schuler.

Günter Bächle von der CDU bekundete für seine Fraktion Zustimmung und hatte aber noch eine Spitze in Richtung Schuler parat. „Man erzeugt Angst in der Bevölkerung, indem man über Angst redet“, geißelte Bächle. Frank Schneider (FDP) bekannte, dass auch seine Fraktion anfangs der Windkraft skeptisch gegenüber stand. Allerdings habe „der Diktator aus dem Kreml“ mit dem Überfall auf die Ukraine vor fast genau einem Jahr den Blick auch bei seiner Fraktion geändert. „Deutschland wird ohne Erneuerbare Energien nicht in die Zukunft kommen“, stand für Schneider fest. Ins gleiche Horn stieß Joachim Wildenmann (Grüne). „Wenn wir mit dem CO₂ runter und unabhängig werden wollen, dann passt das“, resümierte er. Man müsse aber die Leute vor Ort überzeugen, eventuell auch mit Energie-Bürgergenossenschaften, damit die Erträge aus den Windkraftanlagen wieder in den Kommunen investiert werden könnten, ergänzte wiederum Schneider.

Als „Scheindebatte“ brandmarkte AfD-Verbandsmitglied Günther Schöttle die Diskussion um die 750 Meter, es komme allein auf den Schalldruck vor Ort an, unabhängig vom Abstand. Generell störten ihn und seine Fraktion aber andere Abstandsflächen – etwa die 100 Meter zu Wasser- und Heilschutzgebietszonen oder die 50 Meter zu Fließgewässern. „Im Havariefall“, so Schöttle, würden die Windräder mit einer Gesamthöhe von 250 Metern direkt im Gewässer landen und zig Liter Öl darin verlieren. „100 Meter sind da zu wenig“, urteilte der AfD-Mann. Mack als Verbandsvorsitzender ordnete ein, dass die jetzt zu erwählenden Flächen ja nur eine „theoretische Suchkulisse“ seien und im Einzelfall natürlich auch Umwelt-Aspekte beleuchtet würden.

Das große Problem bei den 1000 Metern Abstand: Ein Grundproblem, das Klein sah: „Wenn wir auf 1000 Meter Abstand gehen, dann bleiben wenige Orte übrig, an denen wir das zentral bauen müssen.“ Eben weil diese große Distanz nicht überall eingehalten werden könne, man aber trotzdem die gewünschten 1,8 Prozent der Regionsfläche zur Verfügung stellen muss. Es helfe nichts, „wir müssen Flächen liefern“, so der Verbandsdirektor. Das tat der Regionalverband dann auch und beschloss den Kriterienkatalog mehrheitlich. Jetzt geht es also an die konkrete Suche von möglichen Windrad-Flächen – auch solche, die nur 750 Meter von Wohnbebauung entfernt sind.

Übrigens: Nahe Gewerbegebieten oder kommunalen Flächen ist kein Abstand konkret vorgeschrieben. Denn beispielsweise in Gewerbegebieten habe man ja einen großen Energiebedarf und könne daher diese direkt vor Ort gebrauchen. Auch damit konnte der Ausschuss leben.