Das wechselhafte Wetter belastet Migräne-Patienten. (Symbolfoto) Foto: Oliver Killig/dpa

Diesen Sommer jagte ein Wetterumschwung den nächsten. Für „wetterfühlige“ Menschen in der Region ein besonderes Martyrium - sie leiden unter Migräneattacken. Der Klimawandel dürfte das Problem noch verschlimmern.

Es ist einer dieser heißen Tage im Spätsommer: Die Temperaturen liegen morgens bei zwölf, im Laufe des Tages dann bei 28 Grad. Regen und Sonne wechseln sich ab. Zwischendurch gewittert es. Wir fragen unsere Leser auf Instagram: „Migräne im Zusammenhang mit dem Wetter - was ist da eure Erfahrung?“

Die Rückmeldung kommt schnell: Den Zusammenhang, den kennen viele. Sie leiden unter dem wechselhaften Wetter und sehen es als (einen) Auslöser für ihre Kopfschmerzen. Das deckt sich mit einer Studie des Deutschen Wetterdienstes. Dort beschreibt sich jeder zweite Deutsche als „wetterfühlig“ beziehungsweise glaubt, dass das Wetter auf seine Gesundheit viel oder zumindest etwas Einfluss hat. Die häufigsten Symptome bei den Befragten waren: Kopfschmerzen und Migräne.

Einer dieser Menschen ist auch Yvonne B. aus Balingen. Sie leidet unter starken Migräneattacken mit einer sogenannten Aura. Das bedeutet: Sie sieht schlecht, ihr ist schwindelig und übel, der Nacken schmerzt, ihr Asthma verstärkt sich. „Gerade dieses stürmische Wetter merke ich extrem, da ist es am schlimmsten“, berichtet sie. Yvonne B. nimmt in solchen Phasen täglich Ibuprofen, aber das Schmerzmittel hilft ihr nicht. Die 34-Jährige war schon bei Ärzten, fühlt sich bei ihrem Leiden aber nicht unterstützt.

Zusammenhang mit Corona-Impfung?

Zudem hat die Balingerin einen Verdacht: Sie glaubt, die Migräne hängt auch mit ihrer Corona-Impfung zusammen. Erst seit der Immunisierung leide sie unter den Attacken, klagt sie. Sie sei dreifach geimpft, erklärt Yvonne B. „Mein Bauchgefühl sagt mir, dass es seit daher ist, dass ich überhaupt mit Kopfschmerzen zu kämpfen habe.“

Obwohl sich die Forschung eher auf Langzeitfolgen nach einer Corona-Infektion (Long-Covid) konzentriert, sprechen Mediziner auch vom Post-Vac-Syndrom. Damit werden anhaltende Beschwerden nach einer Corona-Impfung beschrieben. Und in der Tat gehören Kopfschmerzen zu einem der Symptome dieses seltenen Syndroms, wie der SWR berichtet. An Yvonne B.s Vermutung könnte also etwas dran sein.

Weniger dünn ist indes die Datenlage beim Zusammenhang mit dem Wetter: „Studien deuten auf einen Einfluss des Wetters auf Migräne hin. Dazu werden vor allem Föhnwetterlagen, Luftdruckänderung (Wechsel von Tief- und Hochdruck) und der Anstieg der Durchschnittstemperatur gezählt“, so die Auskunft von Angelika Sönnichsen, Pressesprecherin der AOK Schwarzwald-Baar-Heuberg.

Klimawandel wirkt sich negativ aus

Eine dieser Studien wurde kürzlich vorgestellt: So haben italienische Forscher festgestellt, dass bei plötzlichen Wetterwechseln (mit Blick auf die Temperatur, auf die Luftfeuchtigkeit oder den Luftdruck) mehr Migränepatienten in die Notaufnahme ihres Krankenhauses kamen.

Werden in Zukunft also noch mehr Menschen unter Migräne leiden? Schließlich gibt es wegen des Klimawandels immer häufiger Wetterextreme und somit auch Wetterwechsel. Zwar haben sich die italienischen Forscher allein auf die Wetterbedingungen fokussiert. Dennoch heißt es in einer Pressemitteilung zur Vorstellung der Studie: „It is reasonable to think that global warming might have a negative impact on migraine and headache disorders in general, as well as neurological conditions.“ (Übersetzung: „Man könnte davon ausgehen, dass sich die globale Erwärmung negativ auf Migräne und Kopfschmerzerkrankungen im Allgemeinen sowie auf neurologische Erkrankungen auswirkt.)

Es gibt immer mehr Betroffene

Wegen des Klimawandels oder aus anderen vielfältigen anderen Gründen: Die Zahl der Migräne-Betroffenen nimmt jedenfalls zu. Das zeigen Daten der AOK Baden-Württemberg. Der Anteil der AOK-Versicherten mit Migränediagnose in Baden-Württemberg ist 2012 bis 2021 deutlich gestiegen – von 3,8 auf 4,7 Prozent. Wen man allein auf die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg blickt, stieg die Zahl der Betroffenen jedes Jahr an. So litten 2017 11.038 Versicherte unter Migräne. Vier Jahre später waren es schon 12.715 - also 1677 Versicherte mehr.

Es gibt immer mehr Betroffene, was also tun? Laut AOK-Pressesprecherin Sönnichsen sollten Migräne-Patienten auf die Auslöser achten und diese möglichst meiden. Das Wetter lässt sich zwar nicht beeinflussen, andere Dinge jedoch schon. „Auf jeden Fall wirken Maßnahmen wie eine geregelte Lebensweise und Ausdauersport vorbeugend“, erklärt sie. Am besten eigneten sich Ausdauersportarten wie Laufen, Walken, Schwimmen oder Radfahren. Auf die eigene körperliche Leistungsfähigkeit angepasst würden Attacken dadurch nachweislich seltener auftreten, so die Pressesprecherin. Auch Entspannungsübungen, wie zum Beispiel autogenes Training, würden helfen. Ebenso wie Ruhe und Schlaf.

Bei Schmerzmitteln ist Vorsicht geboten

Ferner könnten Schmerzmittel in richtiger Dosierung bei leichten Attacken hilfreich sein. Sönnichsen warnt in diesem Zusammenhang jedoch: „Werden Schmerz- oder Migränemittel zu häufig eingesetzt, kann dies zu chronischen Kopfschmerzen führen.“ Sie empfiehlt als zusätzliche Maßnahme ein Migränetagebuch, in dem genau protokolliert wird, unter welchen Umständen die Kopfschmerzen auftreten. Und zu guter Letzt rät die Pressesprecherin Betroffenen, auch ihren Körper und Lebensstil kritisch zu beobachten.