Gegen die geplante Schließung von Saxonia Textile Parts in Göppingen wehren sich die Mitarbeiter vor dem Betriebstor der Konzernmutter Kern-Liebers in Sulgen. Foto: Stephan Wegner/Stephan Wegner

Über 90 Arbeitsplätze bei der Kern-Liebers-Tochter Saxonia Textile Parts in Göppingen sollen wegfallen. Dagegen demonstrierten rund 30 Mitarbeiter vor dem Werkstor in Sulgen.

Geringfügig später als angekündigt rollte der Bus mit den Saxonia-Betroffenen aus dem schwäbischen Göppingen in die Kurt-Steim-Straße in Sulgen. Rund 30 der Mitarbeiter, deren Betrieb aufgelöst werden soll, wollen sich dies so nicht gefallen lassen und zeigten dies vor dem Haupttor von Kern-Liebers deutlich.

„Saxonia Textile Parts bleibt – und damit basta“ stand auf einem Transparent, das die Beschäftigten präsentierten.

Zudem hatten sie je einen Brief an den Geschäftsführungs-Vorsitzenden Erek Speckert sowie an Verwaltungsratsvorsitzenden Jürgen Steim dabei – mit Vorschlägen, wie Saxonia in Göppingen erhalten bleiben könnte. Dass es zu Kündigungen insgesamt kommen werde, sei wohl unvermeidlich, sagte Manuel Schäfer von der IG-Metall. Doch bei einem Kahlschlag gebe es eben keine sozialverträgliche Lösung für die Mitarbeiter. Vor allem nicht bei dem Betrag, den das Unternehmen zur Verfügung stellen wolle.

Auch Risiken beachten

IG-Metall und Betriebsrat von Saxonia Textile Parts setzten auf eine andere Strategie, die nämlich auch die Risiken beinhalte – und eine solche sei für das Unternehmen wirtschaftlich sinnvoller.

Geschäftsführung nicht vor Ort

Das entsprechende Schreiben hätten die Mitarbeiter gerne direkt an die Geschäftsführung übergeben – indes diese weilt derzeit bei einem Treffen in der Schweiz. So wurde das Schreiben in Anwesenheit des KL-Betriebsratsvorsitzenden Michael Glatthaar an der Werkspforte zur Weiterleitung an die Geschäftsführung abgegeben.

Manuel Schäfer (IGM) und der stellvertretende Saxonia Textile-Parts-Betriebsratsvorsitzende Uwe Allmendinger (von links) übergeben das Schreiben in Anwesenheit des KL-Betriebsratsvorsitzenden Michael Glatthaar an der Werkspforte. Foto: Wegner/Stephan Wegner

Länger warten, bis die Geschäftsführung wieder in Sulgen vor Ort ist, habe man nicht wollen, sagt Schäfer. Denn bereits am kommenden Montag gebe es Gespräche über die weitere Situation. Davor habe man ein Zeichen setzen wollen.

Die Leute seien nicht bereit, „geräuschlos auf ihren Arbeitsplatz zu verzichten“, sagte Schäfer – und das war auch zu hören: Neben Pfiffen aus Trillerpfeifen waren auch deutliche Worte der Ablehnung zu hören – nicht nur vor dem Werkstor, sondern auch an anderen Stellen des Firmenkomplexes, um den die 30 Warnstreikenden anschließend zogen.

Die Saxonia-Mitarbeiter demonstrieren vor dem Kern-Liebers-Sitz in Sulgen. Foto: Wegner/Stephan Wegner

Mit der Zahl der nach Sulgen mitgefahrenen Betroffenen zeigte sich der stellvertretende Saxonia Textile-Parts-Betriebsratsvorsitzende Uwe Allmendinger zufrieden. In der Nachtschicht sei noch gearbeitet worden, so habe vor allem die Frühschicht am Warnstreik teilgenommen. Er sagte: „Die Beschäftigten haben in den vergangenen Jahrzehnten alles für den Konzern gegeben. Wenn es schlecht lief auf Lohn verzichtet und, wenn es gut lief, dafür gesorgt, dass der Laden brummt. Natürlich werden sie ihren Arbeitsplatz nicht kampflos räumen und mit Almosen abspeisen lassen, wie sich das die Herren in der Konzernspitze vorstellen."

Runde um das Werksgelände

Schäfer sah bei der Runde um das abgezäunte Werksgelände in den Fenstern einige Mitarbeiter von Kern-Liebers, die mit dem Daumen nach oben gezeigt hätten, ansonsten hatten sich diese nicht mit den Forderungen der Göppinger solidarisiert – es ist kein Geheimnis, dass die Textile Parts insgesamt nicht gut dastehen, wie auch Schäfer anhand der ihnen bekannten Zahlen zugibt. Und so könnte es dann, wenn Göppingen in Teilen bestehen bleibt, zu Einschnitten in Schramberg-Sulgen kommen – allerdings sei dies dann sozialverträglich möglich.

"Schramberg macht Verluste"

In einer später veröffentlichten Pressemeldung erklärte Schäfer: „Bei Saxonia in Göppingen wird Geld verdient. Der Textilbereich in Schramberg macht Verluste. Die geplante Schließung des Standorts ist betriebswirtschaftlicher und sozialer Unsinn. Auch den Beschäftigten ist diese Entscheidung nicht zu vermitteln und wir reagieren dementsprechend. Deswegen stehen wir heute in Schramberg um für einen Sozialtarifvertrag zu kämpfen, der die Kolleginnen und Kollegen gegen den Absturz in die Prekarität schützt. Wir lassen nicht zu, dass Kern-Liebers, der im Ganzen ein sehr stabiler Konzern ist, sich seiner sozialen Verantwortung entzieht nur, weil die Bilanz gerade nicht im Sinne der Gesellschafter ist.“

Keine langfristigen Arbeitsplätze

Es sei klar, dass das Unternehmen die „Best-Cost-Country“-Strategie verfolge, so Schäfer. Und so sei der Besuch in Schramberg auch eine Botschaft an die Kollegen dort, dass wenn durch die Schließung in Göppingen in Sulgen neue Arbeitsplätze dazukämen, seien dies keine die langfristig blieben. Auch diese Botschaft wollen die Göppinger den Schramberger Kollegen vermitteln – und wenn sie diese verstanden hätten, dann ist sich Schäfer sicher, würden sie sich auch mit ihnen solidarisieren.

Zum Hintergrund

Im Juni wurde den 92 Beschäftigten bei Saxonia Textile Parts GmbH in Göppingen mitgeteilt, dass der Kern-Liebers-Konzern die Gesellschaft schließen möchte. Die Saxonia Umformtechnik am gleichen Standort soll nicht geschlossen werden, ist aber von den Auswirkungen der Schließung auch betroffen. Aktuell finden Verhandlungen mit dem Betriebsrat und der IG Metall statt. Ziel ist es einen Sozialtarifvertrag zu vereinbaren oder den Konzern umzustimmen.