Warnstreik in Stuttgart: Keine Busse, keine Stadtbahnen. Wer am Mittwoch aufs Auto umgestiegen war, musste Geduld beweisen. Foto: www.7aktuell.de | Florian Gerlach

Die Straßen und S-Bahnen brechend voll, die Haltestellen von Bus und Stadtbahn verwaist: In Stuttgart wird gestreikt. Auch der Großteil der städtischen Kitas bleibt zu. In Stuttgart gehen rund 5000 Menschen auf die Straße.

Die Straßen und S-Bahnen brechend voll, die Haltestellen von Bus und Stadtbahn verwaist: In Stuttgart wird gestreikt. Auch der Großteil der städtischen Kitas bleibt zu. In Stuttgart gehen rund 5000 Menschen auf die Straße.

Stuttgart - Die Warnstreiks der Beschäftigten des Bundes und der Kommunen haben am Mittwoch ihren Höhepunkt erreicht. In Stuttgart blieben alle Busse und Stadtbahnen am Morgen in den Depots, wie ein Verdi-Sprecher mitteilte. Ihm zufolge werden sich rund 1400 Beschäftigte der Verkehrsbetriebe an den Streiks beteiligen. In Stuttgart kamen laut Polizei rund 5000 Menschen zu einer Kundgebung auf dem Schlossplatz.

Bereits am frühen Morgen war es auf Stuttgarts Straßen ungewöhnlich voll, weil viele aufs Auto umstiegen. Mehr Zeit für den Weg zur Arbeit einplanen, lautete die Devise. Auf den Haupteinfahrstraßen in die Innenstadt bildeten sich zwischen 7 und 10 Uhr Staus bis zu einer Gesamtlänge von etwa 30 Kilometern.

Auf der B27 staute sich der Verkehr zwischen Degerloch und Charlottenplatz auf neun Kilometern Länge. In Bad Cannstatt kam es zwischen Fellbach und König-Karl-Brücke zu Staus von vier Kilometern Länge. Auf der B10/B27 aus Richtung Autobahn 81 und Ludwigsburg waren es zwischen dem Autobahnabschnitt Stammheim und der Wolframstraße zeitweise fünf Kilometer Stau. Auf vielen weiteren Strecken im Stadtgebiet kam zu erheblichen Behinderungen, weil viele Verkehrsteilnehmer versuchten, die Staus zu umfahren.

Wer konnte, stieg auf die S-Bahn um: "An einem normalen Werktag fahren rund 390.000 Menschen mit der S-Bahn, man darf vermuten, dass es heute mehr sind", sagte Bahn-Sprecher Martin Schmolke. Mehr Wagen anzuhängen, sei keine Lösung: "In den Hauptverkehrszeiten fahren wir schon mit der maximalen Länge - mehr geht nicht."

S-Bahnstörung wegen Flatterband

Eine Störung auf der S-Bahnstrecke zwischen Bad Cannstatt und Untertürkheim blieb laut Bahn glücklicherweise ohne größere Auswirkungen: Der Wind hatte ein Absperrband auf die Oberleitung geweht. Auf den Linien S1, S2 und S3 kam es bis 8 Uhr insgesamt zu 28 Minuten Verspätung, im Regionalverkehr zu 48 Minuten.

Am Nachmittag ist im Berufsverkehr mit erheblichen Behinderungen im gesamten Stadtgebiet zu rechnen. Die Hauptausfahrstraßen B10, B14 und B27 werden hiervon erneut stark betroffen sein. Auch wer Ausweichstrecken nutzen will, muss nach Angaben der Integrierten Verkehrsleitzentrale (IVLZ) mit starken Verzögerungen rechnen.

Städtische Kitas bleiben geschlossen

Auch Eltern mussten sich auf Unannehmlichkeiten einstellen. 151 städtische Kitas blieben geschlossen, Kliniken boten nur den Notdienst an. Auch vor den städtischen Bädern standen Menschen vor verschlossenen Türen. In der Stadtverwaltung streikten rund 2300 Beschäftigte, 270 Mitarbeiter der Abfallwirtschaft legten ihre Arbeit nieder.

Auch die Abfall- und Wertstoffabfuhr ist vom Streik betroffen. Alle nicht geleerten Abfall- und Wertstoffbehälter sowie nicht bereits am Mittwoch abgeholter Sperrmüll und abgeholtes Grüngut werden in den darauf folgenden Tagen einschließlich am Samstag geleert beziehungsweise abgeholt.

Aufgrund des Warnstreiks sind am Mittwoch alle Bäder der Landeshauptstadt für die Öffentlichkeit geschlossen.

Vor den vier Häusern des Klinikums Stuttgart - Bürgerhospital, Katharinenhospital, Krankenhaus Bad Cannstatt mit Frauenklinik und Olgahospital -  versammelten sich einige hundert Teilnehmer zum Streik. Alle Notfalloperationen wurden durchgeführt, soweit möglich auch nicht dringende Operationen. Ambulanztermine und planbare Operationen wurden zum Großteil bereits im Vorfeld abgesagt. Die Stationen wurden ebenfalls bestreikt, sowie teilweise auch die Ambulanzen. Die Versorgung der Patienten war jedoch sichergestellt.

Wölfle appelliert an Streikende

Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle sagte: "Ich verstehe den Wunsch nach einem Lohnzuwachs gut, vor allem bei den Mitarbeitern der unteren Lohngruppen. Allerdings muss das Lohnplus auch finanziert werden."  Verdi fordere ein Modell, das der Stadt Mehrkosten von 40 Millionen Euro im Jahr beschere. "Das Geld steht in keinem Etat drin. Dafür müssen wir mehr Steuergelder aufwenden, die dann zur Finanzierung mancher gewünschter Leistungen für die Bürger nicht mehr vorhanden sind. Gerade die Stadt Stuttgart investiert vieles freiwillig, zusätzlich zum Tarifvertrag", so Wölfle weiter. Er appellierte an die Teilnehmer, die Streiks so kurz wie möglich zu halten. "Sie führen zu keiner Verbesserung des Verhandlungsergebnisses und sind immer Belastungen für die Bürger und Bürgerinnen", argumentierte der Verwaltungsbürgermeister.

Die Gewerkschaft Verdi erhöht einen Tag vor der zweiten Runde der Verhandlungen für die Beschäftigten des Bundes und der Kommunen den Druck. Auch in Tübingen, Villingen-Schwenningen und Sigmaringen sind Aktionen geplant. Verdi fordert eine Anhebung der Gehälter um 100 Euro sowie einen zusätzlichen Lohnzuwachs von 3,5 Prozent. Die Beschäftigten des Nahverkehrs sollen darüberhinaus eine Zulage von 70 Euro erhalten. Die Arbeitgeber lehnten dies ab, ohne bisher ein eigenes Angebot vorzulegen.

Am vergangenen Donnerstag waren die Tarifverhandlungen für die 2,1 Millionen Angestellten, darunter rund 182.000 Mitarbeiter der Kommunen und 9400 des Bundes im Südwesten, ergebnislos vertagt worden.

Das sagt die Twittergemeinde über den Warnstreik in Stuttgart: