Absetzgelände: Militärische Flüge an bis zu 120 Tagen nur bei guten Sichtverhältnissen möglich

Die erst jetzt veröffentlichte Karte der Flugschneisen des geplanten Absetzgeländes in Haiterbach wird zum Streitpunkt. Wird das idyllische Waldachtal bald jeden Sommer von Tieffliegern überflogen?

W aldachtal/Stuttgart. Eine weitere Frage lautet: Scheitert das geplante Absetzgelände, weil die betroffenen Kommunen und der Landkreis Freudenstadt bisher nicht beteiligt wurden?

Es geht um die Einflugschneisen für das geplante KSK-Absetzgelände. Die Haupteinflugschneise geht über das Waldachtal, wo auch Tiefflüge drohen, wie die Bundeswehr bestätigt hatte. Donnern jetzt jeden Sommer Hubschrauber und Transalls über den Landkreis Freudenstadt?

Ein Ortsvorsteher aus den betroffenen Kommunen: "Bei der Scoping-Veranstaltung in Nagold hat der Flugsportverein Nagold gesagt: Anhand der Sichtflugbedingungen in Haiterbach sind die militärischen Flüge an bis zu 120 Tagen im Jahr nur im Sommer möglich. Im Winter seien die Sichtverhältnisse dazu nicht ausreichend. Von der Bundeswehr hat niemand widersprochen."

Das bestätigt auch Remo Klinger, Anwalt der Gemeinde Haiterbach. Die Kommune ist per Bürgerentscheid verpflichtet worden, sich gegen das Absetzgelände mit allen legalen Mitteln zu wehren.

Klinger sagt: "Diese Bedenken sind durch den Flugsportverein nachvollziehbar geäußert worden, und von der Bundeswehr kam kein Widerspruch. Der Flugsportverein besitzt die beste Expertise zur Nutzung des Platzes in Haiterbach. Sie kennen sowohl den Platz als auch dessen flugsportliche Besonderheiten." 

Heißt das, dass die Überflüge nur im Sommer stattfinden können? Klinger meint: "Jedenfalls an vielen Tagen im Winter nicht. Damit wäre der Platz nur eingeschränkt nutzbar. Auch dieser Aspekt ist bei der Standortauswahl, die bisher getroffen wurde, unberücksichtigt geblieben."

Noch interessanter: Bisher wurde der Landkreis Freudenstadt nicht in das Verfahren rund um das Absetzgelände einbezogen. Dies könnte laut Klinger, der auch im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe viele Diesel-Fahrverbote in deutschen Städten durchsetze, zum Scheitern des Absetzgeländes in Haiterbach führen.

Klinger erklärt: "Lärm macht nicht an Landkreisgrenzen halt. Vor einigen Jahren hat unsere Kanzlei die Kommunen im nördlichen Brandenburg und südlichen Mecklenburg gegen den geplanten Bombenabwurfplatz in der Wittstocker Heide erfolgreich vertreten. Auch dort hatte die Bundeswehr die wenige Kilometer nördlich gelegenen Gemeinden im südlichen Mecklenburg nicht in das Beteiligungsverfahren aufgenommen. Als Grund dafür wurde angegeben, dass dort die Grenze der Bundesländer ist. Für die Gerichte war schon dies ein relevanter Punkt, der zur Aufhebung der Genehmigungsentscheidung führte. Lärm kennt keine Grenzen."

Der nächste Hammer in der Affäre um das Absetzgelände Haiterbach: Die geplanten Einflugschneisen wurden der Raumschaft anscheinend verheimlicht. Das bestätigt auch Waldachtals Bürgermeisterin Annick Grassi. Sie hat erst aus unserer Zeitung von den konkreten Flugkorridoren erfahren (wir berichteten).

Fakt auch: Das Staatsministerium hat im Amtsblatt Horb zwar acht Mal über die Pläne und den jeweiligen Stand informiert. Aber: Die vom Schwarzwälder Boten veröffentlichte Karte über die tatsächliche Belastung im Landkreis Freudenstadt wurde bisher dort nicht gezeigt, wie das Rathaus bestätigt. Man sei auch verwundert über die Antwort des federführenden Regierungspräsidiums Stuttgart, dass man die Bundeswehr anfragen solle für eine Info-Veranstaltung in den betroffenen Orten des Landkreises Freudenstadt: "Das ist klar Aufgabe des Landes, diese Info-Veranstaltung zu organisieren", heißt es. 

Zwar wurden diese Einflugschneisen bei der ersten Informationsveranstaltung zum Absetzgelände im Sommer 2017 gezeigt, allerdings waren zu dieser Info-Veranstaltung damals weder die Horber Stadtverwaltung noch die anliegenden Kommunen wie beispielsweise der Talheimer Ortschaftsrat eingeladen. Der Ortschaftsrat hatte damals zufällig das Flugblatt eines Gegners des Absetzgelände erhalten.