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Im Hickhack um Finanzen und Fusion der Feuerwehren ist nach 148 Jahren Schluss. Wer hat Fahrzeug geklaut?

Waldachtal-Salzstetten - Martin Gunkel steht vor den leeren Spinden im Feuerwehrhaus. Auf den Türen: Die Namen der aktiven Kameraden. Oben drauf: Die schwarzen Helme für Trauerfeiern. Nach 148 Jahren ist Schluss für die Freiwillige Feuerwehr Salzstetten.

Gunkel ist der ehemalige Abteilungskommandant: "Im ersten Moment tut es weh. Ich denke, die nächsten ein bis zwei Jahre werde ich gar nicht an ein Ehrenamt denken." Denn: Im Hickhack um Finanzen und die Fusion der Feuerwehren in Waldachtal haben er und seine Kameraden beschlossen, nicht mehr weiterzumachen.

Eigentlich wollten Gunkel und seine Kameraden einen "sauberen Abschluss" machen. Sie packten das LF 8 voll mit den Uniformen und wollten es am Dienstag zur Zentrale nach Lützenhardt bringen. Es hatte keinen TÜV mehr. Geld für die Reparatur oder ein neues Fahrzeug wurde nicht freigegeben.

Plötzlich tauchte das Löschfahrzeug mit Blaulicht in Lützenhardt vor dem Feuerwehrgebäude nachts auf. Gunkel: "Das ist gar nicht gut. Wir wollten ja einen sauberen Abschluss machen." Wer das Feuerwehrauto geklaut hat? Gunkel: "Ich glaube, im Laufe der Jahre hat fast jeder einen Schlüssel für unser Feuerwehrhaus. Ich war im Urlaub – und wir hatten gedacht, dass das Auto gleich Montagnacht nach einem DRK-Notfalleinsatz mitgenommen wurde." Er selbst hat alle seine Feuerwehrkameraden in der Whatsapp-Gruppe angeschrieben. Gunkel: "Ich weiß nicht, wer das gemacht hat. Man muss aber bedenken, dass nach diesem Aus Emotionen dabei sind."

In der Tat. Seit 1868 gibt es die Freiwillige Feuerwehr in Salzstetten. Gunkel: "Wir fühlen uns als Teil der Dorfgemeinschaft, haben viel für sie getan. Doch als sich vor acht Jahren abgezeichnet hatte, dass das zentrale Feuerwehrhaus gebaut wird, war klar, dass irgendetwas passieren wird."

Die Salzstetter Kameraden hätten "immer Druck gespürt", zu fusionieren. Gunkel: "Als das Feuerwehrhaus dann vor gut fünf Jahren gebaut wurde, war klar, dass wir keine Chance haben." Er will zwar nicht den alten Streit wieder aufwärmen. Sicherlich habe es auch "persönliche Differenzen" gegeben. Das meint Gunkel aber nicht als Vorwurf, wenn er davon spricht. Er bilanziert das eher traurig und wirkt deutlich gerührt, wenn er davon erzählt.

Man habe auch "unten gemeinsam geübt". Doch die Salzstetter haben immer das Gefühl gehabt, dass sie "belächelt werden", so der ehemalige Abteilungskommandant. Gunkel sagt: "Ich hätte eine Chance gesehen, wenn man uns fünf bis acht Jahre gegeben hätte, mit den anderen Kameraden zusammenzuwachsen."

Weil das Problem mit dem Löschfahrzeug schon länger klar war, hatten die Salzstetter Kameraden noch versucht, auch da mit anzupacken. Gunkel: "Weil auch der örtliche Automechaniker mit in der Feuerwehr ist, haben wir überlegt, den kaputten Anbau selbst mit zu reparieren. Aber Geld haben wir dafür nicht bekommen."

Viele Rückmeldungen

Auch die Politik hat die Salzstetter Kameraden wohl nicht unterstützt. Gunkel: "Der Ortschaftsrat und der Gemeinderat standen nie richtig hinter uns. Dabei haben wir so viel für den Ort gemacht – wir haben das Ferienprogramm mit gestaltet, Übungen im Kindergarten gemacht und waren für die Dorfgemeinschaft da."

Martin Gunkel. So wie er das sagt, klingt das nicht unbedingt vorwurfsvoll. Sondern eher danach, dass den Männern, die bereit sind, mit hohem Aufwand ihr Leben als Retter aufs Spiel zu setzen, in ihrem Engagement nicht anerkannt werden. Gunkel: "Kompromisslinien oder das Gefühl, man gehört dazu, das wurde uns von denen unten im Tal nicht aufgezeigt."

Nach der Berichterstattung haben sich inzwischen viele bei Gunkel gemeldet. Er sagt: "Im ersten Moment verstehen das viele nicht. Doch wenn du in die Tiefe gehst, sagen sie: Ihr habt Recht. Und ich denke, angesichts der vielen anstehenden Verschmelzungen von Feuerwehren werden wir nicht die letzten sein, denen so etwas passiert. Ich denke, so lange Druck ausgeübt wird, so wie wir das empfunden haben, kann solch eine Zusammenlegung von Feuerwehren nicht funktionieren."

Dann geht der ehemalige Abteilungskommandant Gunkel nach oben. Macht ein Holztor auf. Dahinter: Die Handpumpe von 1890. Und die Motorspritze von 1939. Historische Technik, mit der die Feuerwehr Salzstetten schon früher viele Leben gerettet hatte. Gunkel zeigt auf die Schläuche im Holzregal vorne: "Die bringen wir jetzt noch runter. Die historischen Geräte behalten wir. Und den Hausschlüssel auch. Wir werden das Haus der Gemeinde übergeben und hoffen, dass sie etwas Sinnvolles daraus macht."

Und wie geht es dem Feuerwehrmann ganz ohne Pieper? Gunkel greift an den Gürtel: "Den Pieper habe ich noch. Ich bin ja noch bei der Werksfeuerwehr vom Fischer. Und da bleibe ich auch." Und was ist mit den 16 Feuerwehrleuten von Salzstetten? Gunkel: "Einer hat sich in Altheim angemeldet. Der Rest wird wohl nichts mehr machen. Schade ist es um die acht jungen Anwärter. Davon haben vermutlich alle gekündigt."

Das Löschfahrzeug und der Mannschaftstransportwagen ("Das Bussle") sind schon weg. Die Schläuche auch bald. Am kommenden Sonntag will sich die Freiwillige Feuerwehr von Salzstetten von der Bevölkerung am Feuerwehrhaus verabschieden. 1868 wurde sie gegründet. Gunkel: "Wir sind vermutlich eine der ältesten Feuerwehren hier."

Schade, dass es so gekommen ist.