Der Wildbader Hofapotheker Metzger kreierte für seine Familie ein Lebkuchengebäck, und genau nach diesem Rezept werden auch heute noch bei den Nachfahren der Wildbader Apothekerfamilie Lebkuchen gebacken. (Symbolfoto - gehört nicht zum Rezept) Foto: anncapictures/pixabay

Nachfahren des Hofapothekers backen fleißig. Kurleben und Stadtentwicklung geprägt.

Der Corona Lockdown führt die Menschen gedanklich meistens sorgenvoll in die Zukunft. Die Zeit, die man dadurch gezwungenermaßen hat, führt einen aber auch immer wieder in die Vergangenheit, man erinnert sich, verfolgt historische Spuren und entdeckt dabei immer wieder Interessantes. Zum Beispiel ein Lebkuchenrezept aus längst vergangenen Zeiten.

Bad Wildbad - Als Kurort hatte Wildbad im 19. Jahrhundert seine Blütezeit. Kurgäste aus ganz Europa gaben sich hier ein Stelldichein, um ihre Zipperlein zu kurieren, zu flanieren, das Kurleben und die Natur zu genießen – und um gesehen zu werden. Dort wo Europas Adel abstieg, dort wollte man schließlich auch gesehen werden.

Viele bekannte Namen sind in den sogenannten "Fremdenbüchern" und im "Badblatt" zu finden, die in Wildbads Nobelherbergen wie dem Hotel Klumpp, dem Königlichen Badhotel, dem Hotel Bellevue oder dem Hotel de Russie abstiegen. Unter anderem zählten zu den damaligen Wildbader Kurgästen die verwitwete Kaiserin von Russland, die hier vom gesamten deutschen Hochadel besucht wurde, der dann auch einige Tage in Wildbad verweilte, so auch der Hofmaler Winterhalter, die Komponistin und Pianistin Clara Schumann, Gioachino Rossini und eine ganze Reihe prominenter Persönlichkeiten des 19. und 20. Jahrhunderts.

Kurleben und Stadtentwicklung geprägt

Wo Kranke wieder genesen wollen, da benötigt man natürlich neben den warmen Thermalquellen, den Bewegungstherapien und der guten Unterkunft auch eine Apotheke. Und auch diese gab es in dem Kurort. Es war die "Hofapotheke" im Besitz der Apothekerfamilie Metzger, einer Familie, die später durch Verheiratung mit der im Kurort tief verwurzelten Familie Wilhelm Josenhans, das Kurleben und die Entwicklung des Bades entscheidend mitgeprägt haben, so auch den Bau der Bergbahn. Die frühere "Hofapotheke" gibt es immer noch. Es ist die heutige Stadtapotheke am Uhlandplatz im Zentrum des Kurstädtchens, und Apotheker Oliver Stephan betreibt das inzwischen weitgehend umgebaute Gebäude samt Apotheke.

Und wie es früher üblich war, konnten in der besagten Hofapotheke auch die Gewürze gekauft werden, die für die Weihnachtsbäckerei benötigt wurden: Gewürznelken, Zimt, Kardamom, Hirschhornsalz, Muskatnuss, Pottasche oder Ingwer. Heute in jedem Supermarkt erhältlich, gab es diese damals nur in der Apotheke. In fast jeder Familie gab und gibt es zur Weihnachtszeit irgendein Traditionsgebäck. So kreierte seiner Zeit auch der Wildbader Hofapotheker Metzger für seine Familie ein Lebkuchengebäck, und genau nach diesem Rezept werden auch heute noch bei den Nachfahren der Wildbader Apothekerfamilie Lebkuchen gebacken. Allerdings nicht hier im Schwarzwald, sondern im fernen Kanada, an der Atlantik- und an der Pazifikküste sowie in der Schweiz.

Dies erfuhr der Autor dieser Tage von Dorothee Kieser, geborene Josenhans, aus Nanaimo auf der Insel Vancouver (District Columbia), dem Westen Kanadas am Pazifischen Ozean. Sie ist Nachfahrin der Familie Metzger großmütterlicherseits, und der ehemalige Hofapotheker Carl Metzger (1864-1930) war ihr Urgroßvater. Ein Weihnachten ohne die traditionellen Lebkuchen nach Urgroßvaters Rezept aus dem Schwarzwald ist für sie undenkbar. So backen sie und auch ihre Schwester Christine Hoehne, die im Osten Kanadas in Dartmouth auf der Insel Neuschottland lebt, alljährlich die Hofapotheker-Lebkuchen, obwohl sie rund 4300 Kilometer voneinander entfernt leben. Ihre Kinder und deren Enkel lieben ebenfalls dieses leckere Weihnachtsgebäck, das vor über einem Jahrhundert in Wildbad zusammengestellt wurde. Es ist eine Art romantische Verbundenheit mit ihrem Geburtsland und zur Heimat ihrer Vorfahren, das auch immer wieder besucht wird.

Und schließlich ist ein Lebkuchenrezept aus einer "Hofapotheke" auch heute noch etwas Besonderes. Das handschriftliche, mehr als 120 Jahre alte, exzellente Rezept ist bei den Nachfahren noch vorhanden. Eine veredelte "Übersetzung" davon erstellte Dorothee Kieser. Sollte es jemand nachbacken wollen, so wird von ihr empfohlen, die Mengenangaben entsprechend zu reduzieren, da das Rezept für eine große Familie vorgesehen war.

Das Lebkuchenrezept des Hofapothekers Carl Metzger aus Wildbad:

ein Pfund Honig, ein Pfund Zucker, ein Viertelliter Wasser, 125 Gramm Mandeln, 125 Gramm Zitronat, 125 Gramm Orangeat, Schale von zwei Zitronen, 30 Gramm Zimt, Gewürznelken, Muskatnuss, Ingwer, Prise Salz, 15 Gramm Pottasche (heute drei Teelöffel Backpulver), zweieinhalb Pfund Mehl.

Den Honig siedend über die Zutaten gießen, rühren und abkühlen lassen. Erst dann Mehl mit Pottasche (oder Backpulver) zugeben. Über Nacht stehen lassen. Teig fingerdick aufs Blech streichen, 20 Minuten bei 325 Grad Fahrenheit (etwa 170 Grad Celsius) backen, heiß schneiden, dann einen Zucker-Zitronenguss auftragen.

Abkühlen lassen und in Stücke schneiden.