Wenn ein Baby durch die Klappe anonym in diesem Bettchen abgelegt wird, bekommen die zuständigen Mitarbeiter im Franziskusheim sofort ein Signal und kümmern sich um das Kind. Foto: ProKids-Stiftung

Babyklappe am Franziskusheim feiert runden Geburtstag. Vier Säuglingen das Leben gerettet.

VS-Schwenningen - Vor genau zehn Jahren wurde die Babyklappe der ProKids-Stiftung am Franziskusheim in Schwenningen in Betrieb genommen. In dieser Zeit rettete die Einrichtung vier Neugeborenen das Leben, wie Initiator Joachim Spitz sagt.

Es ist noch nicht lange her, dass die ProKids-Stiftung VS auf ihr zehnjähriges Bestehen zurückgeblickt hat. Und jetzt gibt es schon wieder Grund für einen Rückblick – voller Stolz und Freude, wie es in einer Pressemitteilung der Stiftung heißt. Denn vor genau zehn Jahre, am 12. März 2010, wurde die Babyklappe im Franziskusheim in der Neckarstraße installiert.

Ihr verdanken vier Kinder ihr Leben. Der Stiftungsgründer Joachim Spitz hat viel Gutes bewirkt. Doch auf nichts ist er so stolz wie auf die Babyklappe, in der bis heute zwei Jungen und zwei Mädchen abgelegt wurden. Diese Neugeborenen leben heute glücklich in Adoptivfamilien. Von ihren unbekannten Müttern, die sich in einer verzweifelten Situation befunden haben müssen, wurden sie in dieser Klappe abgelegt.

Dort ist alles auf den Betrieb der Klappe abgestimmt: Öffnet sie sich, klingelt es bei der diensthabenden Pflegefachkraft im Wohnbereich. Das Kinderbettchen in der Babyklappe wird permanent kameraüberwacht – der oder die Diensthabende kann schon vom Dienstzimmer aus sehen, ob tatsächlich ein Baby abgelegt wurde.

Wenn eine Person die Klappe öffnet, geht ein Licht im Klappenräumchen an. Zeitverzögert springt eine Kamera an, die sofort Bilder auf verschiedene Stationsbildschirme und den Bildschirm des Personals im Pflegeheim überträgt. Parallel werden per Telefon noch andere Personen benachrichtigt, sodass innerhalb weniger Minuten gesichert ist, dass rund um die Uhr jemand an der Babyklappe sein kann. Wenn sich die Klappe hinter dem Kind geschlossen hat, ist diese elektronisch verriegelt. Um ein anonymes Ablegen der Neugeborenen zu gewährleisten – schließlich ist es das, was Mütter in diesen Extremsituationen wollen – ist die Person außerhalb der Klappe auf keinem der Bilder zu erkennen.

Viele Unterstützer

Joachim Spitz blickt zurück, auf den Ursprung: Der Geschäftsmann hatte in der Zeitung davon gelesen, dass in der weiteren Region ein Neugeborenes ausgesetzt worden und gestorben war. Die Meldung vom Tod dieses Babys, das von seiner Mutter im Wald abgelegt worden war, hatte ihn zutiefst schockiert. Als "Mann der Tat" fackelte er nicht lange und ging entschlossen daran, das ambitionierte Projekt zu realisieren.

Mit Hilfe einer ganzen Reihe von Betrieben, die ProKids unterstützten, machte er Nägel mit Köpfen. Weil die Babyklappe mit umfangreicher Technik ausgerüstet werden musste, war der finanzielle Aufwand beträchtlich. Nach etwas mehr als zwei Jahren zeigte sich, dass sich der Aufwand gelohnt hatte. Denn plötzlich lag das erste Findelbaby in der Schwenninger Babyklappe. Ein Junge, der später in der Öffentlichkeit in Anlehnung ans Franziskusheim den Namen "Franz" bekam.

Das Amt für Jugend, Bildung, Integration und Sport (JuBIS) übernahm wie auch bei den nachfolgenden Findelbabys die Vormundschaft, um das Kind nach einer Spanne von acht Wochen, in denen die Mutter Gelegenheit gehabt hätte, sich zu melden, zur Adoption freizugeben. "Das Baby wäre ziemlich sicher gestorben, wenn es unsere Babyklappe nicht gäbe", freute sich Joachim Spitz seinerzeit.

Der kleine Franz war splitternackt abgelegt worden, die Nabelschnur relativ kurz abgeschnitten. Experten schlossen daraus, dass das Kind nicht professionell entbunden worden war. Wahrscheinlich hatte die unbekannte Mutter das Kind alleine zur Welt gebracht. Sie hatte lediglich ein in der Babyklappe hinterlegtes Formular mitgenommen. Auf diesem Zettel können Mütter, die ihr Kind in einer Babyklappe ablegen, vertrauliche Angaben machen. Diese Unterlage wird, sofern sie anschließend dorthin geschickt wird, im JuBIS archiviert, bis das Findelkind volljährig ist. Dann kann es, falls es Interesse daran hat, Einsicht nehmen und so etwas über seine Abstammung erfahren.

Joachim Spitz ist heute glücklich darüber, dass vier junge Menschen dank seiner Initiative leben dürfen. Und dennoch hat er die Babyklappe nie als Nonplusultra betrachtet, sondern vielmehr als notwendige Ergänzung für das Konzept der anonymen Geburt, das im Klinikum Villingen-Schwenningen angeboten wird. Die Hemmschwelle, die vor dem Angebot der anonymen oder vertraulichen Geburt im Klinikum steht, ist für mache Schwangere allerdings hoch.

Wichtiges Angebot

Da stellt die Babyklappe eine wichtige Alternative dar. Dass es schon immer Kritik an Babyklappen gegeben hat, ficht den Macher der ProKids-Stiftung nicht im Geringsten an. Stets wurde moniert, dass es Müttern dadurch zu leicht gemacht werde, ein ungewolltes Kind loszuwerden. Das findet Spitz "Nonsens". Seine Meinung dazu ist klar: "Wer so etwas bemängelt, sollte sich erst einmal die Mühe machen, sich in die verzweifelte Situation einer jungen Frau hineinzudenken, die ungewollt schwanger geworden ist und nicht weiß, wie es weiter gehen soll." Eine Babyklappe könne in einer solchen Lage für beide ein Rettungsanker sein – für Mutter und Kind.

Die Kritik an Babyklappen, die immer mal wieder geäußert worden ist, sei schon immer "an der Sache vorbeigegangen". Denn Anonymität sei für Frauen, die sich meist in einer psychischen Ausnahmesituation befinden, ein ganz wichtiger Aspekt.

Das Franziskusheim erschien ihm von Beginn an als idealer Standort und Partner für eine solche Klappe – in relativer Bahnhofsnähe an der viel befahrenen Neckarstraße gelegen und damit recht anonym. Auch heute sieht er das noch immer so. Die Tatsache, dass in den folgenden Jahren ein weiterer Junge und zwei kleine Mädchen in der Klappe abgelegt wurden, bestärken Initiator Joachim Spitz in seiner Einschätzung.

Auch in der Politik hat die Einrichtung ihre Fürsprecher: "Herzlich gratuliere ich Joachim Spitz und seinem Team zu zehn Jahren Babyklappe. Selbst konnte ich mich bereits vor einiger Zeit von dem großen Wert dieses tollen Projektes überzeugen", teilt der CDU-Landtagsabgeordnete Karl Rombach am Mittwoch in einem Schreiben mit.