Rolf Kletscher lässt sich von Karamba Jaiteh gerne die Schulter schauen. Er hofft, dass der junge Schwarzafrikaner bald wieder Teil des Teams der Firma Buder in Mönchweiler sein darf. Foto: Spitz

Erst ist junger Schwarzafrikaner die Rettung, dann wird ihm Arbeitserlaubnis entzogen.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Händeringend hatte Peter Buder für sein Modellbauunternehmen in Mönchweiler ein Jahr lang einen fähigen Mitarbeiter gesucht. In Karamba Jaiteh hatte er ihn gefunden. Nun aber wurde diesem völlig überraschend die Arbeitserlaubnis entzogen. Ein herber Schlag für den jungen Mann, aber auch für das Unternehmen.

Als 2017 zwei Mitarbeiter des kleinen, aber international tätigen Unternehmens in Mönchweiler in Ruhestand gingen, begann für Inhaber Peter Buder eine aufreibende Suche: Ein Modellbauer und ein Produktionshelfer wurden dringend benötigt.

Von 40 Probanden des Arbeitsamtes kommt kein einziger

"Das Arbeitsamt hat uns 40 Vorschläge von Leuten geschickt, die sich bei uns vorstellen sollten – kein einziger kam." Peter Buder suchte nach Möglichkeiten, den Betrieb für sich und seine drei Mitarbeiter und zwei Aushilfen in der Produktion zu sichern. Doch die Suche blieb lange erfolglos. Bis über die BBQ Berufliche Bildung gGmbH, einen gemeinnützigen Bildungsträger in Baden-Württemberg, der sich auch der Integration von Flüchtlingen verschrieben hat, der junge Gambier Karamba Jaiteh den Weg zur Firma Buder fand.

Peter Buder war für diese Lösung offen und wurde positiv überrascht: "Nach zwei Tagen habe ich ihm einen unbefristeten Vertrag angeboten." Karambas Arbeitserlaubnis bis ins Jahr 2020 gab nicht nur dem heute 24-Jährigen, sondern auch seinem neuen Arbeitgeber eine Perspektive.

Wenn Peter Buder heute rückblickend schildert, wie sich der junge Gambier im vergangenen halben Jahr in das Unternehmen eingebracht hat, klingt das wie aus dem Bilderbuch: Karamba –der Chef nennt ihn längst beim Vornamen – habe sich sehr interessiert, rasch eingearbeitet und sich schließlich sogar in die Bedienung einer CNC-Maschine hineingefuchst. Nicht einen einzigen Tag habe er gefehlt. Und obwohl sein Arbeitstag erst um 7 Uhr morgens begonnen habe und sein Bus völlig ausreichend, zehn Minuten früher, Mönchweiler erreichte, habe der Gambier lieber eine frühere Verbindung vom Asylheim in Schwenningen nach Mönchweiler gewählt. "Ich muss ja noch meine Maschine anstellen", habe er stets gesagt.

Selbst anfangs skeptische Mitarbeiter nahmen Karamba schnell als richtigen Kollegen auf. Gemeinsam bildete man ein Team beim Wettbewerb des Schützenvereins. Wenn Karamba Jaiteh eine Begleitung zu Behördengängen benötigte, kam einer der Kollegen mit. "Er brachte richtig gute Laune mit", erzählt Monika Konang, die im Büro des Unternehmens sitzt. Lediglich die jeweils nur auf drei Monate befristete Duldung trübte das Bild. Peter Buder und sein Team suchten nach einer Wohnung für ihren dunkelhäutigen Kollegen – ein schier aussichtsloses Unterfangen mit der kurzen Duldungsphase im Rücken.

Diese sollte am Montag, 12. März, wieder einmal verlängert werden. Am Freitag zuvor erkundigte sich Buder bei der Ausländerbehörde vor Ort, ob ein Behördengang am Montag noch ausreichend wäre. Er habe grünes Licht erhalten. Doch als Karamba mit einem Kollegen vor Ort war, zeigte man dem Schwarzafrikaner plötzlich die rote Karte. "Ihm wurde die Arbeitsgenehmigung fristlos entzogen", schildert Buder sichtlich berührt. "Das war für uns ein Schlag ins Gesicht." Unmittelbar nach Erhalt der Hiobsbotschaft setzte der Inhaber des Modellbauunternehmens Himmel und Hölle in Bewegung.

Zunächst bei der Ausländerbehörde in Villingen-Schwenningen. Doch schnell sei klar gewesen, dass der ablehnende Bescheid nicht auf deren Konto gehe, im Gegenteil, sondern auf das des Regierungspräsidiums Karlsruhe. Und dessen Entscheidung scheint festzustehen. Die Begründung: Karamba Jaiteh habe sich nicht hartnäckig genug um eine Geburtsurkunde bemüht.

Betrieb muss Großaufträge vorerst ablehnen

Für Buder ein fadenscheiniges Argument: "Karamba floh als Minderjähriger aus Gambia, dort hat man aber erst ab 18 Jahren Anspruch auf Ausweispapiere." Laut den Schilderungen des Gambiers sei seine Familie in seinem Heimatdorf zwischen die Fronten geraten, nachdem sein Vater einem Holländer ein Grundstück habe verkaufen wollen. Der Vater sei verprügelt worden, schließlich zu Tode gekommen. Die Mutter sei nach Senegal geflohen, der junge Karamba über Niger, Lybien und Italien durch die Schweiz nach Deutschland.

Die Familiengeschichte ist es aber nicht, die Peter Buders Emotionen gerade rührt. "Es ist diese Willkür", stellt er bitter fest und mahlt mit dem Unterkiefer. Sein dunkelhäutiger Mitarbeiter, der in Gambia als Schreiner gearbeitet habe, habe sich sehr wohl um die Papiere bemüht. Er werde aus einem Erwerbsleben und einem Betrieb, der den Gambier dringend brauche, herausgerissen. Nun liege es notgedrungen dem Staat auf der Tasche. Er habe bis dahin sein Zimmer in der Flüchtlingsunterkunft bezahlt, alle Beiträge und Gebühren abgeführt, gerade auf ein Moped gespart, um ohne Umwege zur Arbeit zu kommen. Nun jedoch koste er den Staat jeden Monat zwischen 800 und 1000 Euro. Und ohne Papiere könne man ihn aktuell ohnehin nicht zurückschicken.

In dem kleinen Betrieb im Mönchweiler Buchenweg hofft man noch auf eine glückliche Wendung. "Ich will ihn behalten, er ist sehr wichtig für unser Unternehmen", sagt der Chef Peter Buder an diesem Dienstag. Drei Mitarbeiter und zwei Aushilfen arbeiten dort. Er habe fest mit Karamba gerechnet. Nun aber könne er erst einmal keine der großen Aufträge mehr annehmen. Er müsse sich um kleinere bemühen, um sie auch bedienen zu können, sagt er und blickt nachdenklich in die Ferne.

24-Jähriger kommt weiter in den Betrieb

Obwohl Karamba nicht mehr mit anpacken darf, kommt er noch immer hier vorbei – mittlerweile mit großen Hürden, denn am Mittwoch wurde Karamba vom Schwenninger Flüchtlingsheim nach Sunthausen verlegt. "Er braucht jetzt über eine Stunde, um zu uns zu kommen", konstatiert Buder. In Mönchweiler angekommen, schaut Karamba den anderen über die Schulter, will etwas lernen, während er hofft, dass sich seine Situation noch ändert. Als er seinem früheren Chef Rolf Kletscher, der gerade an einem Modell arbeitet, über die Schulter schaut, verliert sich dieser in Lobeshymnen über den Schwarzafrikaner. "Er ist ein richtiger Kollege, immer hilfsbereit. Wir hatten auch nie Verständigungsprobleme", sagt er lächelnd und kommt kopfschüttelnd zu dem Schluss: "Für mich ist das alles nicht nachvollziehbar." Ein weiterer Kollege, Gerhard Heininger, kommt grinsend hinzu, deutet auf den jungen Mann und sagt: "Das ist unser Karamba." Was "ihren Karamba ausmacht?" Er sei sehr fleißig, selbstständig – und die Entscheidung des Regierungspräsidiums einfach nur unbarmherzig.

Karamba übt weiterhin Deutsch und versucht beim Besuch des Schwarzwälder Boten vor Ort in Worte zu fassen, was in ihm vorgeht. "Ich bin very happy, dass ich hier arbeiten konnte", sagt er, schweift dann aber ins Englische ab, um schneller auf den Punkt kommen zu können: "I’m so disappointed" ("Ich bin so enttäuscht"), gibt er zu. Er habe doch einfach seinen Job gemacht und gute Arbeit geleistet. "I don’t know why", sagt er traurig und lässt die Schultern hängen, bevor er sie wieder strafft. Nein, seine Zukunft sehe er in Deutschland. Karamba will kämpfen und mit ihm seine Kollegen der Firma Buder und deren Chef: "Karamba muss jetzt dagegen klagen. Das wird gerade auf den Weg gebracht."