Eine zwangsweise Unterbringung in der Psychiatrie hat das Landgericht Konstanz für einen 49-jährigen Villinger angeordnet. Foto: Archiv

49-jähriger Villinger fühlt sich von Unbekannten kontrolliert und schlägt zu. Gericht ordnet Unterbringung an.

Villingen-Schwenningen - Aus dem Gerichtssaal direkt in die Psychiatrie ließ die Dritte Strafkammer am Landgericht Konstanz am Dienstag einen 49-jährigen Mann aus Villingen bringen. Im Mai vorigen Jahres hatte der bereits mehrfach wegen Körperverletzung vorbestrafte Bewohner eines Mehrfamilienhauses einen 75-jährigen Nachbarn mit einem Faustschlag niedergestreckt. Dies war zunächst der Höhepunkt eines rund zwei Jahre dauernden Psychoterrors durch den aggressiven Mann.

Ständig unterstellte er dem Nachbarn und anderen »Verbündeten«, ihm Strom »abzuzapfen«, den Briefkasten auszuräumen oder Pakete zu unterschlagen. Einmal pro Woche, so der 75-jährige Nachbar und Hausmeister des Wohnblocks, sei er von dem Mann angegangen worden.

Der 49-Jährige selbst behauptete, er werde von Unbekannten kontrolliert, die mit dem Nachbarn in Verbindung stünden. Auch dessen Frau sei in dieses Komplott eingebunden. Sogar seine Wohnung werde, sobald er außer Haus sei, durchstöbert. Dies könne er sofort anhand bestimmter »Kennzeichen« feststellen, die er zuvor präpariere, um Beweise zu haben.

Der letzte große Streit, der für den 75-jährigen Nachbarn in einer brutalen Handgreiflichkeit endete, war entbrannt, weil der Angeklagte ihm wieder einmal vorwarf, seine Stromleitung angezapft zu haben. Der Angeklagte berichtete, er habe schon mehrmals die Polizei geholt, um den Stromdiebstahl feststellen zu lassen. Auch die Stadtwerke hätten ihm nicht geholfen, so dass er sich jetzt von einem anderen Anbieter Strom liefern lasse. Auch all die anderen Verfolgungen seien nie geahndet worden: »Wenn ich die Polizei rufe, kommen die gar nicht mehr.« Fachleute mussten zwar feststellen, dass der Mann mit seinen eigenhändig über Putz verlegten Stromleitungen äußerst gefährlich lebte. Seine Vorwürfe bezüglich des Stromdiebstahls konnten jedoch in keiner Weise bestätigt werden.

Auch seine Verfolgungsideen waren völlig haltlos. Sie entspringen einer wahnhaften seelischen Störung des Mannes, wie ein psychiatrischer Sachverständiger gestern erläuterte. Diese Erkrankung könne jederzeit wieder zu aggressiven Ausbrüchen führen, die mit einer Gefahr für Leib und Leben seiner Mitmenschen einhergehen könnte, stellte der Experte fest. Deshalb wurde der Angeklagte sofort nach Beendigung dieses Berufungsprozesses in das Zentrum für Psychiatrie gebracht.

Der 49-Jährige war selbst noch einmal vor Gericht gezogen, um eine Verurteilung zu sieben Monaten Haft abzuwenden. Mit dieser Strafe hatte das Amtsgericht Villingen-Schwenningen im August vorigen Jahres den Faustschlag gegen den 75-Jährigen geahndet. Die zunächst mit dem Fall befasste Berufungskammer entschied jedoch nicht, sondern ließ ein psychiatrisches Gutachten erstellen und legte das Verfahren einer Großen Strafkammer vor.

Die berücksichtigte gestern eine verminderte Steuerungsfähigkeit des Angeklagten und verhängte für den Faustschlag einen Monat weniger. Wegen seiner vom Sachverständigen festgestellten Allgemeingefährlichkeit wurde statt der Gefängnisstrafe aber die zwangsweise Unterbringung in der Psychiatrie angeordnet.