Architekt Andreas Flöß vor der Jugendstil-Villa in der Bahnhofstraße. Ab März sollen in der Preiser-Villa, die dann "Hotel Villa 8" heißen wird, Gäste schlafen. Fotos: Spitz Foto: Schwarzwälder-Bote

Architektur: Verliebt, verkauft, verändert – die Preiser-Villa mausert sich zur kleinen, aber feinen Herberge

Die Preiser-Villa in Villingen taucht in eine neue Ära ein. Aus dem Dornröschenschlaf wachgeküsst, blüht der Villa des ehemaligen Schnapsbrenners Preiser eine ganz neue Zukunft: Sie wird gerade zum kleinen, aber feinen Hotel umgebaut.

VS-Villingen. Baustaub liegt noch auf den Fliesen mit dem klaren und doch so filigranen Muster. Aus den Zimmern dringen Schleif- und Klopfgeräusche. Handwerker geben sich die Klinke in die Hand und werfen sich im Staccato Befehle zu. Geschäftiges Baustellentreiben. Und auch die Eigentümerin Brigitte Hiermaier packt mit an. Mit Gummihandschuhen und einem Schwamm bewaffnet, rückt sie in der künftigen Küche des Herbergsbetriebs gerade dem Belag auf den alten hellblau-weißen Fliesen zuleibe. Eine mühevolle Arbeit, aber die frisch-gebackene Herbergsmutter strahlt.

Die "Villa 8", wie das Hotel einmal heißen wird, ist eine Grand Dame: alt, ehrwürdig und stolz, aber abgesehen vom Baustaub kein bisschen verstaubt. Im Gegenteil. Jede Fuge, jede Ritze der alten Dame atmet Geschichte, die künftig eine Liaison mit einer Einrichtung im klassisch-puristischen Bauhaus-Stil eingehen wird. 1900 wurde das Haus errichtet, Adolf Preiser hat seine Fabrikanten-Villa 1913 bezogen – zunächst war das Gebäude als Wohn- und Betriebsgebäude der ehemaligen Zigarrenfabrik Kaiser errichtet worden. Sie sah tupfengleich aus wie der Villinger Bahnhof, ein Backsteingebäude bester Tradition. Doch dann, erinnert sich Architekt Andreas Flöß an die Geschichte des Hauses, sei die Fassade in einem Farbton überpinselt worden. Als das Haus von Werner Preiser in seinen Besitz gewechselt hatte, hatte Flöß versucht, ein Stück Vergangenheit wieder aufleben zu lassen – doch die gleiche Optik wie beim Bahnhof wollte nicht mehr gelingen. Ein anderes Farbkonzept musste her – Beige, Anthrazit und ein Sandsteinton.

Sechs Jahre lang überlegte Flöß hin und her, welche Zukunft der Villa künftig beschieden sein sollte. Und dann kamen die Hiermaiers ins Spiel. "Wir haben uns in dieses Gebäude verliebt", gesteht Brigitte Hiermaier im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Ihr Blick schweift über die historischen Holzböden, die filigran gearbeiteten, weißen Fensterrahmen und die gestempelte Füllung in der Brüstung des künftigen Frühstückszimmers. Das Gemäuer strahlt innen wie außen ganz viel Atmosphäre aus. "Ja, nicht wahr?!", sagt die Eigentümerin lächelnd – das rollende "R" verrät ihre bayerische Herkunft. Brigitte Hiermaier liebt die alte Villa offenbar noch immer. Und auch für ihr Hotelkonzept ist sie Feuer und Flamme. Aber eigentlich, verrät sie, wollte sie nie ein Hotel betreiben. "Ich bin eine Quereinsteigerin, ich hab’ sowas ja nicht gelernt" Doch die Leidenschaft, mit der sie ihre neue Aufgabe anpackt, wird’s richten. "Ich glaube, das Haus wird mit der gleichen Leidenschaft betrieben, wie wir es jetzt gemeinsam umgebaut haben", ist Architekt Flöß gewiss.

Noch gehen die Handwerker ein und aus. Aber ab März sollen sich hier die Gäste die Klinke in die Hand geben. "Der Bedarf ist scheinbar da", freut sich Brigitte Hiermaier über die positive Resonanz, die ihre Hotelpläne auch bei den Tourismusfachleuten der WTVS gefunden habe. 20 Betten, zwölf Zimmer, jedes mit eigenem Bad und individuell eingerichtet. Ein erlesenes Hotel Garni an ausgesuchter Adresse soll es sein – doch bezüglich der Zimmerpreise will die künftige Hotelbetreiberin vernünftige Maßstäbe anlegen und das Doppelzimmer für knapp 100 Euro auf dem Markt anbieten.

Die lange leerstehende Villa in der Bahnhofstraße 8 mauserte sich auch für Architekt Flöß zur Herzensangelegenheit. Beim Rundgang durch die Preiser-Villa bleibt er immer wieder an kleinen Details hängen und führt in leidenschaftlichen Ausführungen seine Ideen hinter der Architektur vor Augen.

Auch wenn es zunächst noch im Verborgenen liegt, weiß der Fachmann für denkmalgeschützte Gebäude: "Das Haus gibt uns total viel", diese Merkmale mit wenigen Akzenten wieder herauszuholen, ist es, worum es dem Architekten geht. Alte Türen werden aufgedoppelt, damit sie in Anlehnungen des Schallschutzes genügen, Brandschutz Türen werden so ausgewählt, dass sie den ohnehin vorhandenen Türen im Flur so stark ähneln, dass nur der Wissende sie als zweckbestimmtes Duplikat entlarven kann und selbst die Boxen, die für das Bad in jedes der zwölf Zimmer gebaut wurden, fügen sich so unauffällig ein, dass sie wohl schon immer dort gewesen sein müssen.

"Ja, das ist eine schöne Arbeit", gesteht Flöß. Doch bald wird er sein Kind, die neue alte "Villa 8" laufen lassen müssen – schon im März sollen darin die ersten Gäste schlafen.