Es geht ums Geld, wenn im Gemeinderat derzeit die Köpfe rauchen. Foto: Kalaene Foto: Schwarzwälder Bote

Zukunft: 76,5 Stellen und ein 24-Millionen-Euro-Loch

Villingen-Schwenningen. Ein Loch von 24 Millionen Euro – so groß ist das Defizit im Ergebnishaushalt der Stadt Villingen-Schwenningen laut Haushaltsplanentwurf, mit dem es der Gemeinderat zu tun hat. In Folge dessen waren nicht nur die Sorgenfalten in den Gesichtern der Stadträte bei den Beratungen im Verwaltungs- und Kulturausschuss am Mittwoch groß, sondern auch die Verunsicherung. Mit der Umstellung auf das neue kommunale Haushaltsrecht (NKHR) werden die Volksvertreter mit ganz viel Neuem konfrontiert.

"Im Prinzip haben wir eine neue Firma zum 1.1.2020", brachte es Kämmerer Hans Kech auf den Punkt. Er beruhigte all jene – und das waren den Wortmeldungen zufolge eigentlich alle – die im Haushaltsplanentwurf noch nicht durchblickten: "Ich gebe ganz offen zu, wir suchen genauso wie Sie! Über 15 000 Buchungsstellen, das kann man nicht alles auswendig wissen."

Zuvor hatten die Fraktionen in Wortmeldungen aber nicht nur ihrer Orientierungslosigkeit bezüglich des NKHR Ausdruck verliehen, sondern auch ihrer Sorge um die Finanzen. "Wie kriegen wir das weg?", fragte Frank Bonath (FDP) mit Blick auf das Defizit im Ergebnishaushalt.

Die beste Nachricht hatte der Kämmerer mit Blick auf den Zeitstrahl bis 2023 parat: Dann wäre nach aktuellen Rechnungen die Mindestliquidität doch noch nicht erreicht, sondern wären noch etwa 9,9 Millionen Euro verfügbar. Im Hier und Jetzt aber wurde hart gerungen – und zwar zunächst um die Personalausgaben. 78,5 zusätzliche Stellen beantragte Personal- und Hauptamtsleiter Joachim Wöhrle "fast schon mit falschem Gewissen". Konkret bedeutet: 2,6 Millionen Euro Mehrausgaben in 2020. "Wie sollen wir verfahren, wenn die Dienststellen uns nachweisen, dass die Fallzahlen steigen", wenn das Personal nicht ausreicht, gesetzliche Vorgaben erfüllt werden müssen und manche Stelle sogar gegenfinanziert ist?, so Wöhrle. Das machte es den Stadträten nicht gerade leichter.

Durchgewunken wurde der Stellenplan jedoch nicht. Am 1. Januar 2015 habe die Verwaltung 888 Stellen gehabt, fünf Jahre später 1190 – "das ist eine Zunahme von 20 Prozent in fünf Jahren", so Klaus Martin (CDU). Die Spirale dürfe sich nicht weiterdrehen. Die CDU beantragte daher, 50 Prozent der Stellen, Erzieher- und gegenfinanzierte Stellen ausgenommen, verzögert zu besetzen, etwa im nächsten Jahr. CDU und Freie Wähler scheiterten aber mit ihrem Antrag. Angesichts dessen ließ Bertold Ummenhofer (Freie Wähler) dann auch von seinem Ansinnen einer Reduzierung des Budgets um 50 Prozent ab.

Personalchef Joachim Wöhrle erläuterte später den Stellenzuwachs – über die Hälfte sei Kitas und Ganztagsschulen geschuldet. Zudem hätte der Gemeinderat vom Bürgeramt Diverses eingefordert, etwa Kontrollen von Müll- und Temposündern – dafür müsse Personal eingestellt werden, das durch entsprechende Einnahmen sogar gegenfinanziert sei.

In einer Vielzahl von Einzelabstimmungen wurde im weiteren Verlauf der Sitzung um die 78,5 beantragten neuen Stellen gerungen – um am Ende nach etwa zweistündiger Debatte 76,5 davon dem Gemeinderat zu empfehlen. Die Sozialdemokraten hatten den Stellenplan von Anfang an mitgetragen, ebenso im Wesentlichen die Grünen. AfD-Stadtrat Olaf Barth ging davon aus, dass die geforderten Stellen ohnehin erst "in ein, zwei, drei Jahren" besetzt werden könnten – auch wenn er sie für befürwortete. Ganz anders die FDP, deren beide Vertreter im Ausschuss kategorisch bei ihrer Ablehnung nicht gegenfinanzierter Stellen geblieben waren: "Ich habe noch nie gehört, dass Mehrstellen eine Restrukturierung schaffen", so Frank Bonath von der FDP angesichts des 24-Millionen-Euro-Lochs.