Siegfried Gänsler, der Vorstandsvorsitzende der Schwenninger Krankenkasse (links), und Unternehmenssprecher Roland Frimmersdorf, erklären ihre Vorstellungen eines solidarischen und wettbewerblich gerechten Verteilungsprozesses unter den Krankenkassen. Foto: Riesterer Foto: Schwarzwälder Bote

Gesundheit: Die Schwenninger fordert Änderungen bei Finanzierungs- beziehungsweise Umverteilungsmodell

Das Finanzierungsmodell, mit dem ein fairer Wettbewerb unter Krankenkassen geregelt wird, bedarf einiger Änderungen. Das fordert – auch hinsichtlich zu zahlender Zusatzbeiträge – die Schwenninger Krankenkasse.

VS-Schwenningen. Seit 2009 fließen die Beiträge gesetzlich Krankenversicherter und ihrer Arbeitgeber nicht mehr direkt an die Kassen, sondern an eine zentrale Stelle des Bundesversicherungsamts, den Gesundheitsfonds. Inklusive erhobener Zusatzbeiträge sowie Mitteln des Bundes, beläuft sich die Summe, die aus diesem Fonds im Jahr 2018 an die Kassen geführt wird, auf etwa 220 Milliarden Euro.

Die Bemessung, wie viel Geld bei einzelnen Kassen mittels Zu- und Abschlägen ankommt, unterliegt ihrer Versichertenstruktur, genauer gesagt Merkmalen wie Alter, Geschlecht und Bezug einer Erwerbsminderungsrente. Weil auch die diagnostizierte Häufigkeit von 80 ausgewählten Krankheiten unter den Versicherten (Morbidität) einbezogen wird, steckt hinter dem Modell das Wortungetüm "morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich", kurz Morbi-RSA. Grundgedanke der Umverteilung ist es, fairen Wettbewerb unter den Kassen zu schaffen und eine solidarische Gesundheitsgrundversorgung zu gewähren.

"Leider gab es nach 2009 lange keine Evaluation, ob das Geld an die richtigen Stellen fließt. So wurde nicht bemerkt, dass das Modell an vielen Stellen unfair und manipulationsanfällig ist", sagt der Vorstandsvorsitzende der Schwenninger Betriebskrankenkasse, Siegfried Gänsler. Einige dieser Schwächen seien von der Politik bereits erkannt und Lösungen in die Wege geleitet worden. So soll es beispielsweise für Kassen künftig anhand transparenter, einheitlicher Codierungen nicht mehr möglich sein, auf Ärzte einzuwirken, Patienten auf dem Papier "künstlich kränker" zu machen und so finanzielle Vorteile zu erhalten.

Einen bestehenden Nachteil sieht Gänsler darin, dass bei der Verteilung lokale Rahmenbedingungen nicht einbezogen werden. So erhalten Kassen mit ähnlichen Strukturen in verschiedenen Regionen zwar die gleiche Menge Geld aus dem Morbi-RSA, müssen jedoch vor Ort für die Versicherungsleistungen unterschiedlich viel ausgeben. "So gibt es beispielsweise – aber nicht nur – im Osten Regionen, in denen Kassen Geld bekommen, dass sie gar nicht benötigen", ergänzt der Unternehmenssprecher der Schwenninger, Roland Frimmersdorf. Von diesem Effekt profitierten vor allem die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK), aus solchen Gebieten.

Dies führe zu einem Wettbewerbsvorteil, nicht nur hinsichtlich eines Vermögensaufbaus. Denn diese Kassen könnten folglich ihre jeweiligen Zusatzbeitragssätze niedrig halten und so mehr Kunden und damit Marktanteile gewinnen. "Und Krankenkassen wie wir, müssen trotz vergleichsweise niedriger Verwaltungskosten einen höheren Zusatzbeitrag verlangen, um die Kosten zu decken. Denn klar ist: Die guten Versorgungsstrukturen müssen beibehalten werden", sagt der Vorstandsvorsitzende.

Ärgerlich sei, dass die Zusatzbeiträge ebenfalls an den Gesundheitsfonds abgeführt werden müssen und somit die "privilegierten" Kassen aus der unfairen Situation heraus zusätzlich mitfinanziert würden. "Ein wichtiges Ziel stellt deshalb meiner Meinung dar, dass zumindest diese Beiträge bei den Kassen verbleiben sollten, damit sie selbst damit arbeiten können", fordert Gänsler.

Bis Ende 2021 soll ein "neuer" Morbi-RSA stehen. Zudem sollen dann regelmäßige Evaluationen des Modells folgen. Bis dahin, so Gänsler, gilt es, die Interessen unter dem Dachverband der Betriebskrankenkassen zu kommunizieren. "Was dann konkret umgesetzt wird, ist schwer vorherzusagen."