Moderatorin Stephanie Haiber blickt auf die Villinger Reaktionen auf das Fasnetsverbot 1991 zurück. Foto: Trenkle

Friedrichshafener Zunft hat Saison 2021 bereits abgesagt. Narretei auch in VS gefährdet.

Villingen-Schwenningen - Vor 29 Jahren ist es passiert: Mit dem Golfkrieg wurden 1991 ein Jahr lang Fasnacht und Karneval ausgesetzt. 2021 könnte es Dank des Corona-Virus wieder passieren. Die Friedrichshafener Narrenzunft Seegockel hat inzwischen zur Sicherheit ihre Fasnet 2021 abgesagt.

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Eine viel zu frühe Entscheidung, meint der Präsident der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN), Roland Wehrle. Wie der Ausfall der Fasnet aussehen könnte, dokumentierte eindrücklich am Donnerstagabend die SWR-Landesschau aktuell Baden-Württemberg mit einem Rückblick auf 1991. Damals war ein Fernsehteam in Villingen unterwegs und filmte trotz des Verbots auftretende Narren.

"Wir lassen uns nicht vorschreiben, ob wir Fasnet machen oder nicht", gab damals ein erzürnter Narro im Häs zu Protokoll. "Wir haben schon die ganzen Jahre durchgemacht, im Mittelalter haben wir Fasnet gemacht und deswegen machen wir auch heute Fasnet!" Auf die Nachfrage eines Fernsehjournalisten, was passieren würde, wäre 1991 kein Narr auf der Straße, folgte die Antwort: "Dann wäre die Fasnet erpressbar. Dann wäre es dieses Jahr der Krieg und nächstes Jahr irgendwo eine Hungerkatastrophe und übernächstes Jahr, wenn der OB stirbt."

Seegockel sagen ab

Die Friedrichshafener Narrenzunft Seegockel hat sich aktuell entschieden: 2021 keine Fasnet! Zunftmeister Oliver Venus begründete am Donnerstag in der SWR-Sendung die Entscheidung so: "Überall wo Menschen zusammenkommen, ist ein Ansteckungsrisiko gegeben. Diese Krankheit ist hoch ansteckend und hoch gefährlich. Die Gefahr eines Lockdowns für den gesamten Landkreis ist natürlich dann auch stets in der Luft. Diese Verantwortung, dieses Risiko wollen wir nicht eingehen, weil die Auswirkungen einfach zu gravierend wären."

Verbandspräsident Wehrle konterte im Fernsehen gegenüber der Absage: "Ich finde das sehr unglücklich, dass man das gemacht hat, weil niemand die Berechtigung hat, die Fasnet als kulturelles Fest einfach abzusagen. Weder unser Verband noch die Narrenzünfte. Es sollten die Menschen selber sein, die das bestimmen."

Auch Wehrle blickte auf 1991: "Als alles angeblich verboten war, gab es sehr schöne fastnächtliche Aktivitäten. Es ist ein inneres Bedürfnis der Menschen und das lassen sich Einzelne nicht verbieten. Selbst wenn wir als Verbandspräsidenten sagen würden, es ist alles verboten, würden wir sehen: Es würde ein bisschen Fasnacht irgendwo sein."

Der närrische Widerstand gegenüber der politischen Absage war 1991 allerdings gesundheitlich auch risikolos. Diesmal könnte im Frühjahr 2021 alles anders sein: Das Corona verträgt offenbar keinen Spaß.

"Die Verantwortung gegenüber den Menschen ist zu hoch, als dass wir etwas auf die leichte Schulter nehmen wollten", so Zunftmeister Oliver Venus.

Kein Widerstand von Säger

Anselm Säger, Zunftmeister der Historischen Narrenzunft Villingen, will aktuell im Sommer auf keinen Fall absagen. Allerdings signalisiert er auch keinen absoluten Widerstand. "Wenn es zum Wohl der Bürgerschaft wichtig ist, dass man die Fasnacht absagt, dann werden wir absagen. Keine Frage. Aber schade wäre es natürlich dennoch", so Säger gegenüber dem SWR-Team.

Roland Wehrle: "Minister Lucha hat sich früh geäußert, dass die Fasnacht nicht möglich sein werde. In dieser Pauschalität würde ich das in keinem Fall sehen. Wir werden mit den politisch Handelnden das besprechen."

"Pest und Fehdezeiten, Kriege und Hungersnöte hat dieses Brauchtum genauso überdauert wie viele Verbote, die ihm von der Obrigkeit verordnet wurden; es ist echtes Volksgut!", so die Historische Narrenzunft Villingen auf ihrer aktuellen Internetseite. Sie erläutert weiter: "Am 16. Juni 1326 hielt Herzog Albrecht von Österreich seinen Einzug in Villingen und nahm die Huldigung der Bürger entgegen. Bei dieser Gelegenheit erhielt die Stadt auch von ihrem neuen Herrn den Bestätigungsbrief ihrer althergebrachten Rechte und Freiheiten, somit auch das Recht, ihre Fasnet so zu feiern, wie es seit dem Ende des zehnten Jahrhunderts üblich war."

Die "fünfte Jahreszeit" mit ihren Bräuchen als Schwellenfest zur österlichen Fastenzeit ist fester Bestandteil unseres Kalenders. Davon zeugt nicht zuletzt der Eintrag der Schwäbisch-alemannischen Fastnacht in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes.