Der Villingen-Schwenninger Frank Lobstedt vertritt die Alternative für Deutschland (AfD) im Kreistag und meldet sich nicht zu Wort. Foto: Leonid - stockadobe.com

Villingen-Schwenninger Frank Lobstedt vertritt Alternativen im Kreistag und meldet sich nicht zu Wort. Mit Kommentar

Villingen-Schwenningen - Dem Villingen-Schwenninger Frank Lobstedt gehört die Kreis-Stimme der AfD. Setzt er sie auch ein? Seit den letzten Kommunalwahlen sitzt er im Kreistag und will das auch künftig tun. Zeit also, einen Blick auf die Bilanz des einzigen Vertreters der Alternativen im Kreistag zu werfen.

Im Stadtparlament gehörten der AfD dank 5,6 Prozent der Wählerstimmen bei den Kommunalwahlen 2014 zunächst sogar zwei Sitze – daraus wurde, nachdem Dirk Caroli aus der Gruppe ausgetreten und zur FDP gewechsel war, nur noch einer. Und nachdem dann auch noch der einzige verbliebene AfD-Stadtrat Jan-Christoph Uh im März aus der AfD ausgetreten war, rückte Martin Rothweiler nach und sitzt seither für die Alternative für Deutschland im Stadtrat. Von seinem Rederecht im Gemeinderat Villingen-Schwenningens macht er rege Gebrauch.

Rothweilers Pendant im Kreistag jedoch wird nachgesagt, er schweige: Frank Lobstedt nimmt das Mandat für die AfD Plenum des Schwarzwald-Baar-Kreises seit den Wahlen 2014 wahr. Er steht offenbar in der Kritik, dieses unzureichend auszuüben. Immer wieder wenden sich Beobachter des Kreistages oder Leser unserer Berichterstattung über die Sitzungen seither an unsere Redaktion und machen auf den schweigsamen Kreisrat aus Villingen-Schwenningen aufmerksam, der 2014 immerhin von 2284 Wählern aus dem gesamten Kreisgebiet den Auftrag erhalten hat, für die AfD zu sprechen.

Er will wieder antreten

Im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten bestätigte Lobstedt zu Wochenbeginn, auch bei den Kommunalwahlen 2019 wieder für die AfD für den Kreistag kandidieren zu wollen. Die Kritik an seiner Ausübung des Mandats weist er von sich: Er sei außer zwei- oder dreimal immer anwesend gewesen – und viele Wortmeldungen machten, so Lobstedt wörtlich, bei ihm und Jürgen Schützinger (Deutsche Liga für Volk und Heimat) "keinen Sinn", sie hätten ja auch "keine Entscheidungsgewalt". Beide sitzen in der Tat als Einzelkämpfer für ihre jeweilige und in beiden Fällen dem rechten Spektrum zuzuordnende Partei im Plenum des Schwarzwald-Baar-Kreises und haben als Einzelpersonen keinen Fraktionsstatus inne. Ein Rederecht allerdings haben sie – Jürgen Schützinger beispielsweise nutzt dieses seit Jahren, um in Debatten seine Sicht der Dinge einzubringen, Fragen zu stellen oder in der Fragestunde ganz andere Themen aufs Tapet zu bringen.

In Lobstedts Fall nahm unsere Redaktion den bevorstehenden Ablauf seiner ersten Amtsperiode im Kreistag zum Anlass, um zu prüfen, was dran ist an den Gerüchten über die angeblich ständig schweigende, aber einzige Stimme der AfD im Kreistag.

Stellvertretend für die Amtszeit nahmen wir uns die Protokolle für alle öffentlichen Kreistagssitzungen vor, die seit dem 3. April 2017 stattgefunden haben – also einen Zeitraum von über eineinhalb Jahren. Die Protokolle werden beim Landratsamt des Schwarzwald-Baar-Kreises geführt und sind öffentlich und auf Wunsch einsehbar. Ersichtlich sind darin nicht nur die An- und Abwesenheiten sowie die Tagesordnungen, sondern auch die Redebeiträge der Kreisräte für die einzelnen Fraktionen und Gruppierungen.

Blättert man den Ordner mit den Protokollen vom 3. April 2017 bis zum 10. Dezember 2018 durch, ist festzustellen: Von den acht öffentlichen Kreistagssitzungen hat Frank Lobstedt tatsächlich zweimal gefehlt an sechs Sitzungen teilgenommen – viermal verließ er diese vorzeitig, zweimal kam er erst, nachdem die Sitzung schon begonnen hatte. Bei näherer Betrachtung fällt auch auf: Der AfD-Kreisrat hat offenbar während der gesamten eineinhalb Jahre keine einzige Wortmeldung während der öffentlichen Sitzungen vorzuweisen und auch kein Mal die Fragestunde genutzt, um eigene Themen einzubringen. "Der kommt immer nur, isst seine Butterbrezel, schweigt und geht dann wieder", sagt ein Kreisrat im Gespräch mit unserer Redaktion rückblickend. Ein anderer spricht gar von einer Art "Arbeitsverweigerung", immerhin kassieren Kreisräte auch Sitzungsgeld. Die Aufwandsentschädigung der Kreisräte beträgt monatlich 60 Euro. Zudem erhalten die Kreisräte für die Teilnahme an Sitzungen des Kreistages zur Vorbereitung oder Auswertung von Kreistags-oder Ausschusssitzungen ein Sitzungsgeld in Höhe von 60 Euro je Sitzung und erhalten die im Kreistag vertretenen Gruppierungen einen Zuschuss für ihre Geschäftsausgaben in Höhe von jährlich 60 Euro je Mitglied.

Volle Liste angepeilt

Trotz seines Schweigens lässt sich Lobstedt den Vorwurf der Verweigerung nicht gefallen. Auf Rückfrage unserer Zeitung erklärte er, dass in seinen Augen die Gespräche am Rande der Sitzungen viel wichtiger seien. Diese will er künftig nicht mehr als einziger für die AfD führen, im Gegenteil: Er gehe davon aus, dass die AfD bei den Wahlen im Mai mit einer nahezu vollständigen, also fast 40-köpfigen, Liste für den Kreis antrete und danach Fraktionsstärke erlange, so Lobstedt.

Kommentar: Mogelpackung

Von Cornelia Spitz

Wählen ist Bürgerpflicht – ein Slogan, der gerade in Wahljahren arg strapaziert wird. Aber wie schaut es andersherum aus: Welche Pflicht haben Gewählte nach der Wahl? Soviel steht fest: Mit ihrem Kreuz auf dem Wahlzettel geben Bürger den Kandidaten einen klaren Auftrag. Sie sollen sie im Falle ihrer Wahl im Plenum vertreten. Der Wähler erwartet, dass ein Mandatsträger für ihn seine Stimme im Gremium erhebt. Zu Recht! Ganz gleich, was man zu sagen hat: Sich wählen zu lassen, aber sein Wahlamt vorwiegend passiv wahrzunehmen, ist ein Betrug am Wähler. Und dabei macht es keinen Unterschied, ob der Gewählte Einzelkämpfer oder Teil einer ganzen Fraktion ist. Im Gegenteil: Gerade Vertreter einer neuen oder kleinen Gruppierung tun gut daran, aktiv zu sein. Wozu sonst sitzen sie im Plenum, wenn nicht, um gehört zu werden und mitzumischen?