Uwe Stephan wurde zum wiederholten Mal an der Bushaltestelle stehen gelassen. Foto: Eich

61-Jähriger beklagt Verhalten im ÖPNV gegenüber eingeschränkten Fahrgästen. "Das geht einfach gar nicht."

Villingen-Schwenningen - Deutlich über 30 Grad zeigte das Thermometer am Samstag in der Doppelstadt an, als der Schwerbehinderte Uwe Stephan den Bus in die Stadt nehmen wollte. Doch dieser ließ den 61-Jährigen einfach stehen – zum wiederholten Male.

Nur unter Schmerzen kann sich Uwe Stephan mit seiner Krücke fortbewegen – so sehr schränken ihn Gicht und Arthrose ein und machen selbst recht kurze Wege zu einem Kraftakt. Das Merkzeichen "aG" im Schwerbehindertenausweis, den Stephan vorzeigt, steht deshalb für eine außergewöhnlicher Gehbehinderung, wie er erläutert. Umso verbitterter zeigt er sich über das Verhalten, welches bereits mehrmals im Busverkehr der Doppelstadt an den Tag gelegt wurde.

Das vorerst letzte Ereignis hat dabei das Fass zum Überlaufen gebracht. "Das war am Samstag", berichtet der 61-Jährige im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten, "da hat der Bus erst vorne am Zebrastreifen gehalten." Er zeigt auf den Fußgängerüberweg in der Schwenninger Walter-Rathenau-Straße, direkt an der Kreuzung zur Rietenstraße und Alleenstraße.

Von den Bänken im dortigen Unterstand an der Haltebucht für Busse, sei Stephan deshalb direkt aufgestanden – doch statt zur Haltestelle an der Feintechnikschule einzubiegen, habe der Bus der Linie 1 beschleunigt. "Ich hab mit meiner Krücke gewunken und der brettert einfach vorbei", erzählt er fassungslos und ergänzt: "Der Fahrer muss mich auf alle Fälle gesehen haben!"

Nicht nur Stephan, sondern auch zwei Seniorinnen und weitere Fahrgäste, die wie er gewartet hatten, verstanden die Welt nicht mehr – sind jedoch zunächst machtlos. Dem 61-Jährigen, der zum Busbahnhof fahren wollte, bleibt deshalb nichts anderes übrig, als den Weg in Richtung Innenstadt zu Fuß anzutreten. Mit "Schmerzen ohne Ende", wie er betont.

In der sengenden Hitze habe er aufgrund seiner Gehbehinderung schließlich 45 Minuten gebraucht, um letztendlich an seinem Ziel anzukommen – dort hätten ihn die Busfahrer sogar noch verhöhnt, als er von dem Vorfall erzählte. "Das geht einfach gar nicht", sagt er.

VS-Bus entschuldigt sich

Da es sich nicht um den ersten Vorfall dieser Art handelt und auch Senioren in dem Mehrfamilienhaus an der Feintechnikschule, in dem er wohnt, sich über dieses Verhalten beklagen, wollte er die Öffentlichkeit einschalten. Denn: Seine bisherigen Bemühungen, die Verantwortlichen auf diesen Missstand aufmerksam zu machen, hätten nicht zu einer Besserung geführt.

Beim Landkreis, welcher als Aufgabenträger für die öffentlichen Verkehrsmittel fungiert, konnte man ihm nicht weiterhelfen, bei der Nahverkehrsbeauftragten der Stadt habe man ihn lediglich an das Busunternehmen verwiesen. "Dort heißt es aber nur, dass man es dem Fahrer ausrichten würde", erklärt der 61-Jährige. Angesichts von vier weiteren Vorfällen im Herbst und Winter vergangenen Jahres auf der gleichen Linie bezweifelt er aber, dass sich um das Problem ernsthaft gekümmert wurde.

Stephan ist in diesem Zusammenhang wichtig zu betonen, dass er sich keinesfalls über die Fahrer auslassen möchte, "die haben einen harten Job", aber es könne nicht sein, "dass Behinderte und Senioren einfach stehen gelassen werden." Er spricht dabei aus Erfahrung, denn als Kraftfahrer sei er alleine 27 Jahre lang Bus und sogar 40 Jahre Lkw gefahren. "Ich weiß deshalb, dass die Fahrer unter Druck stehen." Doch mit Fahrgästen so umzuspringen sei keine gute Werbung für den Öffentlichen Personennahverkehr.

Das sieht auch Frank Wiest, einer der Geschäftsführer der Verkehrsgemeinschaft Villingen-Schwenningen GmbH, so. Auf Anfrage unserer Zeitung bedauert er, dass Stephan mit der Nutzung des VS-Busses Probleme hatte. "Zwischenzeitlich konnten wir unseren Chauffeur, der am Samstag diese Tour fuhr, befragen", so Wiest. Dieser habe den Fahrgast "wohl übersehen" und sei deshalb ohne anzuhalten an der Haltestelle vorbeigefahren. "Er entschuldigt sich bei ihm für sein Missgeschick", betont der Geschäftsführer.

Der 61-Jährige hat die Entschuldigung der Verantwortlichen zwar angenommen, aber: "Die warmen Worte habe ich schon oft gehört, es muss sich einfach etwas ändern."

Der betroffene Busfahrer hat sich mittlerweile persönlich bei der Redaktion gemeldet und kann sich den Zwischenfall nicht erklären.