Von wem ging die Gewalt aus? Ein Untersuchungsausschuss soll die Verhältnismäßigkeit des Polizeieinsatzes vom 30. September klären. Foto: apn

"Kuhhandel" oder Aufklärung? Regierungslager überstimmt Opposition im U-Ausschuss.

Stuttgart - Die Auseinandersetzungen um Stuttgart 21 gehen nicht nur auf der Straße weiter, sondern auch in der Politik. Nach Informationen unserer Zeitung hat es in nichtöffentlicher Sitzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses einen heftigen Streit zwischen CDU/FDP und SPD/Grünen um die Ladung von Zeugen gegeben.

Die Gesetzmäßigkeiten besagen, dass den Oppositionsparteien in solchen Untersuchungsausschüssen ein Minderheitenrecht zusteht. Soll heißen: Sie dürfen Zeugen laden, auch wenn die Regierungsparteien dagegen sind. SPD und Grüne hatten davon zuletzt ausgiebig Gebrauch gemacht und unter anderem die Frau von Stuttgart-21-Gegner Walter Sittler, Sigrid Klausmann-Sittler, den katholischen Stadtdekan Michael Brock und Theaterregisseur Volker Lösch als Zeugen benannt. Sie sollen über ihre Eindrücke vom massiven Polizeieinsatz am 30. September in Stuttgart berichten. Im Gegenzug wollten CDU und FDP nun aber mehrere Polizeibeamten als Zeugen laden, die an jenem "schwarzen Donnerstag" an vorderster Front mit Demonstranten zu tun hatten. Doch die Oppositionsparteien lehnten ab, was bei CDU und FDP zu heftigem Unmut führte. "Offenbar wollen die S-21-Gegner nicht, dass Opfer der Demonstrantengewalt zu Wort kommen", heißt es aus dem Regierungslager.

Die Opposition wies das zurück. CDU und FDP hätten "einen Kuhhandel" angeboten, so ein Abgeordneter, nach dem Motto: Wenn Ihr auf die Parkschützer im Zeugenstand verzichtet, verzichten wir auf die Ladung der Polizisten. Am Ende setzten sich CDU und FDP mit ihrer Mehrheit durch und erzwangen damit, dass die Polizisten aussagen dürfen. Die Gesamtzahl der Zeugen steigt damit auf über 70. Darunter ist auch ein S-21-Befürworter, der bei den Ausschreitungen von einem Wurfgeschoss getroffen wurde und nun über die Gewaltbereitschaft der Projektgegner aussagen soll.

Auch bei einer anderen Personalie kam es im Ausschuss, der heute wieder tagt, zum Schlagabtausch. Während CDU und FDP den Freiburger Staatsrechtler Thomas Würtenberger nominiert haben, um zu erörtern, wo bei Protesten die Grenze zur Illegalität überschritten wird, nominierte die Opposition den früheren Chef der Polizeifachhochschule Villingen-Schwenningen, Thomas Feltes, als Zeuge. Er hatte der Landesregierung kurz nach dem Polizeieinsatz vorgeworfen, auf Eskalation gesetzt zu haben.