Sie bringen es zusammen auf sage und schreibe 694 Jahre. Hilde Laufer (92), Frieda Seemann (91), Erich Müller (88), Gerda Kramer (87), Anton Müller (85), Oskar Müller (84), Willi Müller (83) und Rosa Glunk (81). Foto: Bantle

Acht Geschwister, seit Geburt ein Herz und eine Seele, feiern zusammen ein ungewöhnliches Fest: Zusammen werden sie 694 Jahre alt. Zu diesem Anlass wurde im Mohren ein großes Fest ausgerichtet.

Niedereschach-Fischbach - Ein Fest, wie es selbst der altehrwürdige Landgasthof Zum Mohren noch nie erlebt hat, wurde am vergangenen Freitagabend im Mohrensaal gefeiert. Acht Geschwister, alle in Fischbach geboren und gemeinsam aufgewachsen und zwischen 81 und 92 Jahre alt, feierten dort zusammen ihren 694. Geburtstag.

Das Besondere dabei: die acht Geschwister konnten an dieser Geburtstagsfeier persönlich teilnehmen und dem Alter entsprechend bei guter Gesundheit kräftig mitfeiern. "Es ist bestimmt einmalig in Baden-Württemberg, dass von acht Geschwistern, alle so alt werden und gemeinsam ein solches Fest feiern können", vermutet der bekannte und frühere Gewichtheber und Kraftdreikämpfer Willi Müller, der es zu seiner aktiven Zeit bis zum Weltmeister im Kraftdreikampf brachte.

Ein gemeinsames Fest

Müller ist einer der acht Geschwister und mit seinen inzwischen 83 Jahren der Zweitjüngste der "Müller-Kinder". Er hielt auch die Festansprache.

Er erinnerte an die gemeinsame Geburtstagsfeier zum 640., an der alle acht vor knapp sieben Jahren ihren 80. Geburtstag feierten. Damals dachte wohl jeder, dass dies die letzte Feier sein könnte, an der alle acht Geschwister teilnehmen können. Es sei die Tochter seiner Schwester Frieda Seemann, Ingrid Seemann gewesen, die den Anstoß dazu gegeben habe, doch noch einmal gemeinsam zu feiern, solange es noch alle können.

Dass man zur Durchführung des Festes den Mohren ausgewählt hat sei keine Frage gewesen. Schließlich habe man im Mohren schon viele erinnerungsträchtige Feiern von Geburten, Geburtstagen, Kommunionen bis hin zu Hochzeiten und auch so manchen sportlichen Triumph durchgeführt.

Schwere Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg

An seine Geschwister und deren ebenfalls anwesenden Kinder, Enkel- und Urenkelkinder gerichtet, spannte Müller bei seiner Ansprache den Bogen von der Kindheit bis hin zu aktuellen Themen, wie der Klimakrise und dem Ukraine-Krieg.

Niemals hätte er sich vorstellen können, dass es in der heutigen, zivilisierten Welt noch einmal einen Krieg wie in der Ukraine geben könnte. "Ein Krieg, bei dem es nur Verlierer geben wird und wir gehören dazu", so die klare Aussage von Müller mit Blick auf nahezu unbezahlbare Rohstoffe. Und was Kriege für ein Unheil anrichten können und welches Unglück sie in jede Familie bringen können, haben die acht Müller-Geschwister in ihrer Jugend selbst leidvoll erfahren müssen, als der Vater gegen Ende des Zweiten Weltkrieges auf tragische Weise ums Leben kam und die Mutter mit acht Kindern plötzlich alleine dastand.

Das war eine schwere Zeit für die Mutter und die Kinder. An die zahlreich anwesenden Nachkommen der acht Geschwister gerichtet, machte Müller mit Schilderungen aus dieser Zeit deutlich, dass man auch ganz gut leben kann, wenn man Wohlstand und den eigenen Anspruch etwas zurückfahren muss.

Auch ein sparsames Leben sei etwas Gutes

Mit Blick an den Klimawandel erinnerte Müller daran, dass es auch schon früher trockene Phasen und Jahre gegeben habe. So habe man in seiner Jugendzeit in Trockenphasen Wasser aus dem Brunnen geholt und wenn dort keines mehr war auch aus dem Bach und habe Kraut und Rüben von Hand mit einer "Schapfe" (Schöpfgefäß) bewässern müssen. Und wenn man für den Bau gewaschenen Sand benötigte, habe man diesen von Hand aus dem Bach geschaufelt und aufgeladen.

Die Schulferien seien dazu dagewesen, um zu arbeiten und zuhause mitzuhelfen. Aktuell, so Müller, fehlen überall Arbeitskräfte. Das habe auch damit zu tun, dass heute pro Woche nur noch 35 Stunden gearbeitet werde. "Es müssen nicht wie in meiner Jugend 55 bis 60 Stunden sein, aber 35 Stunden sind zu wenig", findet Müller.

Positiv denken auch wenn es schwerfällt

Die gemeinsam erlebten schweren Zeiten in den Jugendjahren seien ein gutes Fundament für das spätere Leben gewesen. "Wir mussten sparen und können damit umgehen", betonte Müller mit Blick darauf, dass aktuell in vielen Bereichen wieder gespart werden müsse.

Müller warb dafür, positiv zu denken auch wenn es manchmal schwerfalle. An seine Geschwister gerichtet erinnerte er daran, dass der Tag kommen werde, an dem man für immer Abschied nehmen müsse. Doch das sollte keinen traurig stimmen: Vielmehr sollte man dankbar dafür sein, dass man so viele Jahre bei guter Gesundheit so viel Positives habe erleben dürfen.

Positiv wird den Müllers mit Sicherheit auch die beeindruckende Feier am vergangenen Freitag in Erinnerung bleiben. Da fehlte es nämlich an nichts: kulinarisch war viel geboten, das gemeinsame Miteinander wurde gepflegt und unterstützt vom Duo Wolfgang Hauser und Werner Reich, die für musikalischen Schwung sorgten, erklang auch so manches Lied.