Das Gefängnis kommt nicht nach Tuningen. 56,6 Prozent der Wähler hat sich gegen die Ansiedlung einer Justizvollzuganstalt des Landes auf dem ehemaligen Liapor-Gelände mit rund 500 Gefangenen ausgesprochen. Foto: Bieberstein

56,6 Prozent sagen Nein. Landesregierung kassiert erneut Abfuhr. Wahlbeteiligung liegt bei 74,4 Prozent. Mit Kommentar.

Tuningen - Das Gefängnis kommt nicht nach Tuningen. 56,6 Prozent der Wähler hat sich gegen die Ansiedlung einer Justizvollzuganstalt des Landes auf dem ehemaligen Liapor-Gelände mit rund 500 Gefangenen ausgesprochen. Dass das Thema die Bürger bewegte, zeigte die hohe Wahlbeteiligung von 74,4 Prozent. Schon knapp eine Stunde nach Öffnung des Wahllokals im Lebenshaus Ochsen war das Quorum von 25 Prozent erreicht. Um die Mittagszeit lag die Wahlbeteiligung schon weit über 50 Prozent.

Teilweise war der Andrang vor dem Wahllokal so groß, dass sich lange Schlangen bildeten. Von den 2300 Wahlberechtigten gaben 1682 ihre Stimme ab. 724 stimmten für die Ansiedlung des Gefängnisses, 953 waren dagegen. Fünf Stimmen waren ungültig, davon zwei Briefwählerstimmen und drei Stimmzettel aus der Urne. Im Vorfeld wurden laut Fritz Münch schon 22 Wahlbriefe an die Absender zurück geschickt, weil der Wahlschein nicht vorlag oder es andere Mängel gab. 425 Wahlbriefe wurden schließlich zugelassen.

Nach 18 Uhr schritten die fünf Zählgruppen sofort zur Arbeit. Die 13 Wahlhelfer schafften es in Rekordzeit, alle Stimmzettel auszuzählen. Um 18.30 Uhr stand das Ergebnis fest. Die Spannung stieg minütlich, immer mehr Bürger trafen sich vor dem Ochsen oder schauten herein, wo die Stimmen ausgezählt wurden.

Schon da zeichnete sich ab, dass es knapp wird, die Papierhäufchen der Nein- und der Ja-Stimmen waren überall fast gleich hoch. Dann trat Bürgermeister Jürgen Roth auf die Treppe des Lebenshauses und verkündete das Ergebnis. Die Gefängnisgegner jubelten und beklatschten den Ausgang des Bürgerentscheids. Noch lange standen die Menschen in Gruppen zusammen und diskutierten über die für ihre Gemeinde historische Abstimmung.

Jetzt muss das Land sich weiter um einen Standort für eine Justizvollzugsanstalt bemühen. Justizminister Rainer Stickelberger hatte bei einer der vielen Informationsveranstaltungen in Tuningen angekündigt, dass es keinen neuen Suchlauf geben werde, sondern, dass die bisherigen Standorte wieder ins Rennen kommen, allen voran Weigheim, das beim Ranking den zweiten Platz hinter dem Liapor-Gelände gemacht hat.

Kommentar: Volkes Wille

Sabine Streck

Die Tuninger hatten die Wahl und nutzten die Chance. 74,4 Prozent der Wahlberechtigten gaben ihre Stimme ab und gestalten die Zukunft ihrer Gemeinde mit. Wochenlang entzweite das Für und Wider die Bürger. Jetzt ist die Marschrichtung klar, in Tuningen wird es kein Gefängnis geben. Was es aber in Zukunft auch nicht geben darf, ist ein Riss durch die Bevölkerung. Die Gräben müssen schnell zugeschüttet und der Blick nach vorn gerichtet werden.

Und der geht für das Gefängnis in Richtung Weigheim. Jetzt könnte Villingen-Schwenningen zum Zuge kommen. Wenn dort das Gefängnis gebaut wird, dann haben es die Tuninger zwar nicht auf ihrer Gemarkung doch in unmittelbarer Nachbarschaft. Ob es da nicht besser gewesen wäre, es auf eigenen Boden zu haben und jährlich 175 000 Euro in der Gemeindekasse zu wissen, ist eine andere Frage.