Der Berliner Parfümeur Geza Schön kreiert auch Düfte für Hotels. Foto: dpa/Hannibal Hanschke

Wenn die Lobby nach Zedernholz, Patschuli oder Myrrhe riecht: Eigene Duftkreationen sind für Fünf- und Vier-Sterne-Hotels mittlerweile so wichtig wie gutes Personal. Für viel Geld lassen die Häuser von Experten Raumdüfte entwickeln, die zu ihren Gästen passen.

Für gewöhnlich duftet die Lobby. In Zermatt dringt bereits in der Talstation der Sunegga-Bahn angenehmer Duft in die Nase der Hotelgäste des Cervo Mountain Resorts. Statt des typischen Bergbahngeruchs – ein dumpfes, bisweilen stechendes Gemisch aus Öl, Bremsflüssigkeit und Gummi, kurz: Autowerkstatt – nimmt der Besucher leichte Noten von Zedernholz, Patschuli und Moschus wahr. Warm, weich, würzig mit einer angenehmen, fast subtilen Frische, die die schweren Düfte des Orients begleitet.

 

Man könnte es einen Coup nennen, der dem Besitzer des Cervo Mountain Resorts, Daniel Lauber, gelungen ist. Nicht nur die Kreation seines außergewöhnlichen Dufts, sondern vor allem die Strategie, die Zermatter Bergbahn gleich ins Hotelmarketing zu integrieren.

Ein Duft, der Gäste anlockt

Denn sein Hotel duftet nicht nur von der Lobby bis ins Spa nach Beyond Exploring No 6, so der Name des Dufts, sondern auch der Weg dahin ist von diesem Parfum erfüllt. Dazu muss man wissen, dass die Lodges, Laubers Hotel, oberhalb des Schweizer Bergdorfs am Waldrand liegen. Und statt des steilen Aufstiegs wählt der Gast besser den Weg mit dem Lift, der über den Zugang der Sunegga-Bahn zu erreichen ist. „Es kamen schon Skifahrer ins Hotel, die dem Duft gefolgt sind und nur für ein Getränk einkehrten“, sagt Lauber.

Mittlerweile nutzen Hotels auf der ganzen Welt die verführerische Macht der Düfte. „Visuelle Eindrücke verblassen mit der Zeit, Gerüche hingegen bleiben mitunter eine Ewigkeit im Gedächtnis haften und werden noch Jahre später wiedererkannt“, sagt der Duftproduzent Robert Müller-Grünow. Sein Unternehmen Scentcommunication hat mehrere Tausend Düfte im Archiv. „Mir fällt kaum eine Branche ein, für die ich noch nicht gearbeitet habe.“ 100 Hotels hat er mittlerweile olfaktorisch ausgerüstet.

Wenn der Duft passt, kommen die Gäste wieder

Während die amerikanische Hotellerie bereits seit den 1980er Jahren die Wahrnehmungs- und Emotionspsychologie nutzt, setzte der Trend hier erst vor 15 Jahren richtig ein, parallel zur Erforschung des menschlichen Riechens durch Professor Hanns Hatt, Biologe und Mediziner an der Ruhr-Universität Bochum.

Jahrzehnte untersuchte er die Wirkung von Gerüchen auf Menschen, Tiere, Lebewesen bis hin zu menschlichen Spermien. „Der Duft spielt bei jeder Entscheidung der Menschen eine wichtige Rolle. Der Riechnerv endet im limbischen System, jenem Areal im Gehirn, das für die Verarbeitung von Emotionen zuständig ist. Wann immer wir also einen bestimmten Duft wahrnehmen, bringt das Gedächtnis uns den Moment zurück, an dem wir ihn das erste Mal erlebt haben, aber auch die damit verbundenen Emotionen, gute wie schlechte.“ Dieses Wissen nutzen Duftexperten wie Müller-Grünow. Sie wissen, dass sich Menschen in einem Geschäft länger aufhalten, wenn es angenehm riecht, Hotelgäste zurückkehren, wenn der Duft passt. „Ganz logisch: Riecht es gut, komm ich wieder“, sagt Müller-Grünow.

Er kennt auch das Gegenteil: Er hat auch nach dem Einchecken gleich wieder ausgecheckt, „weil es erbärmlich gestunken hat. Lange her, Las Vegas, eine Melange aus abgestandenem Rauch und billigen Blumen.“ Ähnlich nervig findet er Vereinheitlichung: Wenn eine Hotelmarke wie die andere riechen möchte. „Wenn ich nicht weiß, ob ich gerade in New York, Jakarta oder Dubai einchecke. Ich finde, auch große Ketten könnten ihren Duft der Umgebung anpassen.“

Der Duft soll das Image des Hotels widerspiegeln

Rund sechs Monate dauert für Müller-Grünow die Entwicklung eines Hoteldufts, bei rund 8000 Euro geht es los, nach oben gebe es kaum Grenzen. „Das Briefing umzusetzen ist die schwierigste Aufgabe“, sagt er. „Manchmal stehen nur Wörter wie Leidenschaft, Frische, Wohlfühlen auf dem Papier.“ Wenn er einen externen Parfümeur dazu holt, arbeiten sie zusammen am Konzept, übersetzen abstrakte Wörter in Noten wie Lavendel, Tee, Sandelholz. Ein Hotelduft soll Haus, Image, Publikum widerspiegeln. „Je weit gereister, luxusverwöhnter die Gäste sind, desto mehr muss der Duft zur internationalen Zielgruppe passen“, sagt Müller-Grünow. Hölzer, Harze, Weihrauch, Myrrhe, Blumen wie Jasmin und Iris – „dann wird es meist richtig teuer“.

Walliser Bergwelt trifft auf ägyptischen Basar

Daniel Lauber, der Zermatter Hotelier, hatte übrigens ein konkretes Konzept für seinen Duft Beyond Exploring No 6 im Kopf. Das entstand bei seinen vielen Reisen durch den Orient. Für die Umsetzung suchte er den Parfümeur Sileno Cheloni in Florenz auf.

„Er hat sofort verstanden, worum es mir geht“, sagt Lauber. Acht Mischungen sind entstanden, die No 6 wurde es: „A Journey from the Souks of Cairo to the mystic Mountains of Zermatt“. Soll heißen: Der frische, klare Duft von Wald und Wiese der Walliser Bergwelt trifft auf Basar und Jurte.