Am Weiherbach bei Neufra sind die Biberspuren nicht zu übersehen. Foto: Siegmeier

Biber sind am Weiherbach in Neufra sehr aktiv. Mehrere Dämme lassen Gewässer über die Ufer treten. Grundstücksbesitzer beobachtet Geschehen mit gemischten Gefühlen.

Bis auf den Stumpf abgefressene Weiden, hoch aufgeschichtete Dämme und angeknabberte große Bäume zeigen am Weiherbach in Neufra schnell auf, wer sich hier niedergelassen hat: Biber. Und so wie es aussieht, ist das nicht nur einer, sagt Michael Müller, dem ein angrenzendes Grundstück gehört und der dem Spektakel nun schon eine ganze Weile zuschaut. Doch seit den extremen Regenfällen und dank der „Staustufen“ des Bibers, ist das kleine Rinnsal des Weiherbachs zu einem stattlichen Bach geworden, der zum Teil bereits über die Ufer getreten ist, und so ein Bewirtschaften der Wiesen unmöglich macht. Der Biber indes scheint sich pudel-, oder vielmehr biberwohl zu fühlen in seiner neu geschaffenen Landschaft. Der Eigentümer auf der gegenüberliegenden Seite habe sein Grundstück biberbedingt bereits an die Stadt Rottweil verkauft, sagt Müller.

Biber sind streng geschützt

Mitte des 19. Jahrhunderts war der Biber nahezu komplett ausgerottet, seit Ende der 1980er-Jahre ist der Nager an so manchem Bach – auch in und um Rottweil – wieder heimisch. „Aus Sicht des Naturschutzes und der Gewässerökologie ist die Rückkehr des Bibers ein Segen. So gestalten die Biber durch ihre Aktivitäten – etwa das Bauen von Dämmen – Gewässerläufe naturnah um. Dies führt zu einer größeren Strukturvielfalt, wodurch ein abwechslungsreiches Mosaik verschiedenster Lebensräume entsteht, die von einer Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten genutzt werden“, heißt es unter der Rubrik Bibermanagement auf der Website des Landes. Jedoch hält sich die Freude und Begeisterung der Grundstücksanlieger meist in Grenzen, sind ihnen bezüglich des Handelns die Hände gebunden, denn: der Biber gehört zu den – nach Naturschutzgesetz – streng geschützten Arten.

Um Betroffenen dennoch mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, hat das Land ein Bibermanagement aufgebaut und Biberberater engagiert, die sich die jeweilige Situation vor Ort anschauen, und gegebenenfalls, mit den Betroffenen, nach Lösungen suchen sollen. So können Bäume beispielsweise mit einem Schutz vor Verbiss bewahrt werden. In Neufra ist allerdings bislang noch keine Maßnahme erfolgt. Manche Bäume sind kurz vor dem Umfallen, andere wurden bereits vom Bach unterspült und drohen ebenfalls zu kippen. Dabei können „viele der schadensvorbeugenden Maßnahmen von den Landratsämtern gefördert werden“, heißt es auf der Landeswebsite weiter. Biberdämme dürfe man keinesfalls beseitigen.

Stadt und Gemeinde für konkrete Maßnahmen zuständig

Im Ortschaftsrat habe Michael Müller sein Anliegen bereits vorgebracht. Doch Hilfe habe man nicht in Aussicht gestellt, sagt er. Da der Anlieger auf der gegenüberliegenden Seite sein Grundstück aufgrund der Biberaktivitäten bereits an die Stadt verkauft habe, werde es in diesem Bereich keine bauliche Veränderung des Bachlaufs geben, ließ Ortsvorsteher Willy Schaumann wissen. Doch das reicht Michael Müller nicht aus. Denn für seine Wiesen sieht er keine Lösung und mangelnden Unterstützungswillen.

Die untere Naturschutzbehörde des Landkreises mit Sitz im Landratsamt beruft sich darauf, nur für die Einhaltung der Bestimmungen zuständig zu sein. Wenn es um konkrete Maßnahmen gehe, dann sei die jeweils zuständige Stadt oder Gemeinde Ansprechpartner. Gerhard Jäckle aus Eschbronn ist Biberbeauftragter im Kreis Rottweil und kennt sich mit den Konflikten und Problemen rund um den Biber bestens aus. Zu seinen Aufgaben gehört es, nicht nur über die Biber aufzuklären, sondern auch in Konfliktsituationen zu beraten. So können sich Betroffene oder auch Kommunen direkt an ihn wenden, wenn es darum gehe, Bäume zu sichern oder Überschwemmungen abzuwenden.

Flächendeckender Schutz mit Maschendrahtzaun nicht möglich

Tobias Hermann, der Pressesprecher der Stadt Rottweil, nimmt auf Nachfrage wie folgt Stellung: „Wir können den Ärger von Bürgern angesichts vermehrter Biberschäden durchaus nachvollziehen. Der Biber und seine Bauten stehen aber unter Naturschutz. Seine Wiederansiedlung fördert die Gewässerqualität und ist von Seiten des Gesetzgebers so gewollt. Das bedeutet, dass Bürger aber auch Kommunen nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten haben, den Aktivitäten der Tiere entgegenzuwirken. Unsere Abteilung „Stadtgrün & Gewässer“ kontrolliert die betroffenen Bereiche regelmäßig. In Abstimmung mit betroffenen Bürgern, dem Landratsamt und dem Regierungspräsidium werden geeignete Maßnahmen festgelegt und umgesetzt. Dazu gehören zum Beispiel das Entfernen von gefährdeten Bäumen aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht, die Ausweisung von Überschwemmungsbereichen oder auch in Einzelfällen das Anbringen eines Stammschutzes aus Maschendraht.

Die Stadt kann entlang von Gewässern also nur tätig werden, wenn auf städtischen Flächen besonders schützenswerte Bäume gefährdet sind oder aus Sicherheitsgründen (Überschwemmungen, Verkehrssicherheit) ein Handeln notwendig ist. Ein flächendeckender Schutz der Bäume mit Maschendrahtzaun ist nicht möglich. Um Bürger bei der Abwehr von Bibern zu unterstützen, haben wir zudem eine Anlaufstelle beim städtischen Betriebshof eingerichtet: Hier können Bürger kostenfrei Schutzmaterialien abholen, um damit Bäume auf privaten Flächen zu schützen.“