Pauline (gespielt von Theresa) kauert in der Mitte der Szene: um sie herum zerreißt sich die langjährige Jugendgruppe. Foto: Rahmann

Das Stück „Bis dass dein Schweigen bricht“ der Theater-AG „Hechinger Freiheit“ des Gymnasiums ist ein Jugenddrama, in dem eine Freundeskreis vor einer Zerreißprobe steht.

„Was tun, wenn einen der Hunger nach Nähe zerreißt?“, fragt Merle in die Aula des Hechinger Gymnasiums herein und zitiert eine Definition für Einsamkeit aus Wikipedia: „Es handelt sich dabei um das subjektive Gefühl, dass die vorhandenen sozialen Beziehungen und Kontakte nicht die gewünschte Qualität haben.“

Es wird kurz dunkel auf der Bühne, bis sich das Scheinwerferlicht sofort wieder einschaltet. Vor dem Auge des Zuschauers breitet sich das Innenleben einer Hütte aus, in der ein paar Jugendliche in gediegener Runde auf einem Sofa, dem Boden und ein paar Stühlen um einen improvisierten Tisch aus leeren Bierkästen sitzen. In der vertrauten Gruppe der vier Jugendlichen herrscht Aufregung. Da ein Teil der Gruppe nach dem Schulabschluss die Stadt verlassen wird, herrschen Ängste um den Zusammenhalt des Freundeskreises. Außerdem hat Simon seine Schwester Pauline mitgebracht, da sie wenig Freunde habe und meistens allein sei. Diese findet es „schon etwas peinlich, vom großen Bruder mitgeschleppt zu werden“ und ist sich „nicht sicher, ob die anderen mich dabei haben wollen“.

Angst, ersetzt zu werden: „Ich will nicht alleine sein.“

„Liv“, die eigentlich Olivia heißt, wünscht sich, dass die alte Gruppe bleibt wie sie ist. Auch die Filmabende mit ihrer besten Freundin Merle will sie nicht für den Neuling öffnen. Als Merle mit Pauline dann auch noch zusammen in genau den Kinofilm gehen, in den Merle eigentlich schon lange gerne mit Liv gehen wollte und diese nicht einlädt, bricht ein Streit aus. Liv erzählt im Vertrauen Sascha von ihren Ängsten. Merle ersetze sie als beste Freundin durch Pauline: „Ich will nicht allein sein.“

Simon will Sascha die Last von den Schultern nehmen. Foto: Rahmann

Sascha fragt andere aus der Gruppe um Rat, wie Liv zu helfen sei, ist sich aber nicht bewusst darüber dabei auch die Ängste auszuplaudern, die ihr Liv anvertraut hat. So weitet sich der Streit auf die gesamte Gruppe aus und scheint immer neue Blüten zu treiben.

Widersprüchliche Tipps: „Ihr wisst nicht, was ihr wollt.“

Simon ist irgendwann der Meinung, Pauline ordne sich Merle unter. Sie erzähle nur noch von Merle, er selbst komme emotional gar nicht mehr an sie heran.

Nachdem er seine kleine Schwester in die Gruppe geholt hatte, damit sie nicht mehr so oft alleine ist, empfiehlt er ihr nun, sie solle „wieder etwas für dich tun“. Pauline ist davon genervt: „Ihr wisst nicht, was ihr wollt.“ Die 21-jährige Eliane Wien und der 22-jährige Jonas Duttweiler, die selbst schon als Schüler AG-Teilnehmer und -Leiter waren, haben das Stück mit den Zehnt- und Zwölftklässlern zusammen entwickelt und einstudiert. Da einige der Amateur-Schauspieler derzeit die zehnte, einige die zwölfte Klasse besuchen, habe das Thema des Stücks nahe gelegen, sagt Wien. Wenn die Schule als Struktur, in der auch Freundschaften entstehen und gepflegt werden, wegfällt, habe dies selbstverständlich auch Auswirkungen auf Freundeskreise. Für das Stück war ihnen wichtig, dass es „möglichst keine Haupt- und Nebendarsteller“ gibt, sondern alle gleichwertige Rollen bekommen – auch wenn einige Schüler etwas mehr Text aufsagen als andere. Da die Darstellerin von Merle ausfiel, spielt Wien auch selbst im Stück mit.

Um Neujahr herum zieht sich die Gruppe im Schuppen Rentierhörner auf. Foto: Rahmann

Weil der Streit in „Bis dein Schweigen bricht“ sich ständig dreht und wendet und Gruppensituationen sich mit Gesprächen unter vier Augen in wechselnden Konstellationen lässt sich tatsächlich nicht so einfach ein vermeintlicher Hauptdarsteller ausmachen.