Auch eine lebendige Frauengruppe gehört zur Ahmadiyya-Gemeinschaft. Foto: Barbara Szymanski

Beim Tag der offenen Tür berichten die Mitglieder der muslimischen Gemeinde von ihrem bunten Gemeindeleben, ihrem Bauprojekt, für das sie kein Grundstück finden und wie 30 Minuten Gespräch jahrelange Vorurteile ausräumen.

Bildung ist wichtig für sie, ihre Frauengruppe groß und rührig, alle wünschen sich dringend eine Moschee und sie empfinden Balingen „als weltoffene Stadt“, so der Vorsitzende Mansoor Ahmad der Ahmadiyya Muslim Jamaat am Tag der offenen Tür im Rahmen der Interkulturellen Woche. Den Wunsch nach einem anderen Versammlungsraum oder eben Moschee dieser islamischen Gemeinschaft lässt sich nachvollziehen. In diesem niedrigen,sehr schlichten Versammlungsraum an der Geislinger Straße können die 115 Mitglieder aus Balingen, Hechingen und Rottweil nie auf einmal zusammenkommen, bedauert auch Bentulmehdi Ahmad, die Schwester des Vorsitzenden.

Doch innerhalb von zwei Monaten sähe man jedes Mitglied dieser Gemeinschaft, so der Vorsitzende. Sie bedauern seufzend, dass es kein Grundstück gibt für ihr Vorhaben, das zum Beispiel bei Baudezernent Christian Wagner oder Bürgermeister Ermilio Verrengia durchaus auf offene Ohren stoße. Das habe sich bei einem Treffen im Juni gezeigt.

In anderen Ländern verfolgt

Die islamische Gemeinschaft der Ahmadis unterscheidet sich von anderen Strömungen im Islam, dass für sie mit Imam Mahdi der verheißene Messias bereits erschienen ist. In Ländern wie Pakistan würden sie deshalb verfolgt, ihre Moscheen angegriffen, sagt Ilber Kurtishi, der für den interreligiösen Dialog zuständig ist.

Und in Balingen, wie lebt es sich hier? Bei dieser Frage sind sich alle einig: sie stellen einen gesellschaftlichen Wandel fest, sagt Ratia Amina, Präsidentin der 40-köpfigen Frauengruppe. Gute Erfahrungen habe sie gemacht bei Gesprächen mit Andersgläubigen: „Ein 30-minütiges Gespräch räumt Missverständnisse von vielen Jahren aus dem Weg“, stellt sie fest. Es seien die üblichen Vorurteile, wie das Kopftuchtragen oder überhaupt die Unterdrückung der Frau, das Abschotten oder die Gewaltbereitschaft. Dabei lebten die Ahmadis so: „Liebe für alle, Hass für keinen“, sagt der Vorsitzende.

Stadträtin hat Verständnis für Wunsch und lobt Gemeinde

Rege sind an diesem Tag, an dem sich nur wenige Besucher einfanden, die Gespräche mit Stadträtin Angela Godawa. Sie verstehe, dass die Gemeinde eine Moschee bauen wolle, beobachte mit Freude, wie sich die Ahmadis hier in Balingen einbringen, wie das Spenden für die Tafel oder Wohnungslose, das Saubermachen am Neujahrstag oder einen Feigenbaum pflanzen im September als Zeichen für Frieden und der starken Gemeinschaft. Auch freut sie sich über „die Kontaktfreudigkeit der Gemeinde und auch der Frauengruppe“, wie sie sagt.

Loyalität zeigen, sich einbringen sind wichtig für Bentulmehdi Ahmad. Sie studiert auf gymnasiales Lehramt islamische Religionslehre und Geschichte in Tübingen, wo sie eine positive gesellschaftliche Entwicklung feststellt. Religionszugehörigkeit, Herkunft oder Aussehen träten zunehmend in den Hintergrund: „Wir erleben oft ein schönes, gepflegtes Miteinander.“