Kein Durchgangsverkehr, weniger Kunden: Ulrike Pape vom Tante-Emma-Laden spürt die Folgen der Baustelle besonders. Foto: Merk

Sperrung sorgt für gähnende Leere in Glatt. Auch Restaurants fehlt der Durchgangsverkehr. Mit Video

Sulz-Glatt - Seit Ende März ist die Kreisstraße zwischen Glatt und Neckarhausen gesperrt, da die Glatttalstraße ausgebaut wird. Darunter leiden sowohl die Hotels und Restaurants als auch der kleine Tante-Emma-Laden in Glatt. Wir haben uns vor Ort ein Bild von der Lage gemacht.

Nachmittags in der Oberamtstraße in Glatt. An der Brücke beim Hotel Restaurant Kaiser ist es ruhig, nur wenige Autos fahren vorbei. Vereinzelt sieht man Touristen, die gezielt das Schloss und Museumszentrum anfahren. Auch ein paar Einheimische sind unterwergs. Doch die Idylle trügt. Was für den Moment schön erscheint, ist für die Hotel- und Gastronomiebetriebe keine prickelnde Situation: Ihnen fehlen die Kunden.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Sulzer Teilort die Auswirkungen einer Straßensperrung zu spüren bekommt. Schon als die Brücke über die Glatt bei Neckarhausen saniert wurde, war der Frust bei den Gastronomen und Gewerbetreibenden groß. Nun trifft es sie erneut – und zwar richtig hart. Denn: Die Straße ist voraussichtlich bis Jahresende, also noch gute acht Monate gesperrt.

Betroffen ist auch Andreas Siegmeier vom Hotel Restaurant Kaiser, der zusammen mit seiner Frau erst seit ein paar Monaten Pächter ist. "Die Vollsperrung ist eine Katastrophe. Uns fehlt der komplette Durchgangsverkehr", sagt er im Gespräch mit schwarzwaelder-bote.de. "Alle Leute, die zum Mittagstisch halten würden, kommen nun nicht mehr vorbei. Wenn sich zehn oder 15 Autos verirren, ist das schon viel. Seit der Sperrung ist im Ort tote Hose. Es bricht viel Geschäft weg." Das ist auch an diesem Nachmittag zu spüren. Lediglich zwei Gäste kommen zum Mittagstisch. Um trotzdem Kundschaft in sein Restaurant zu locken, will Siegmeier über Facebook auf seine Aktionen aufmerksam machen. "Die Leute sollen wissen, dass wir trotz Baustelle da sind".

"Von Vorteil ist eine Baustelle nie", sagt Volker Bertram vom Hotel-Restaurant Züfle, das sich am Ortsausgang in Richtung Hopfau befindet. Bertram sieht die Situation aber nicht ganz so schlimm wie sein Kollege vom Kaiser. Im Gespräch erzählt er, dass das Straßenbauamt dazugelernt habe, seit die Brücke bei der Glatter Kläranlage saniert wurde. Die Umleitung sei diesmal eigentlich gut ausgeschildert, die Leute finden Glatt, auch wenn sie manchmal dafür etwas länger brauchen.

Lädle lockt Kunden mit Nervennahrung

Davon spürt Ulrike Pape, Inhaberin des Glatter Tante-Emma-Ladens, nichts. Sie rechnet erneut mit weniger Umsatz, da ihr der Durchgangsverkehr fehlt, und die Zufahrt zu ihrem Laden nur noch unter erschwerten Bedingungen möglich ist. An der Absperrung hat sie ein Schild aufgestellt: "Auch genervt von Umleitungen? Wir haben die Nervennahrung. Uli's Lädle, Zufahrt frei." Seitdem kommen auch die Kunden aus Hopfau wieder, erzählt sie. Diese waren zuvor verunsichert, ob sie überhaupt noch zum Lädle fahren dürfen. Aber auch der Schwerlastverkehr fehle. Die Lkw-Fahrer hielten sonst bei ihr an, um Lotto zu spielen oder Zigaretten einzukaufen. Sie rechne mit 35 Prozent Einbußen, sagt sie vor Ort, und macht deutlich: Nicht nur die Sperrung der Kreisstraße trifft sie, sondern auch die innerörtliche Baustelle: Asphalt-, Gehweg- und Kanalarbeiten stehen hier an. Auch bei ihren Glatter Kunden sorgt die Baustelle für Frust. "Es ist alles sehr verwirrend, da nie wirklich bekannt ist, wo man durchkommt."

Ein Lied davon singen kann auch Thomas Esslinger vom Schlosscafé. Bereits während der ersten Sperrung stellte er mit seinem Kult-Café einen Umsatzrückgang zwischen 30 und 40 Prozent fest. Er rechnet auch während der aktuellen Baustelle wieder mit weniger Kunden. Man könne zwar jetzt noch nichts sagen, doch die meisten Leute nehmen nicht gerne einen Umweg für Kaffee und Kuchen in Kauf.

Ortsvorsteher versteht Aufregung nicht

Ortsvorsteher Helmut Pfister versteht die ganze Aufregung hingegen nicht. Es gebe zwar Einschränkungen, diese seien aber nicht ganz so dramatisch, wie viele im Ort sie schildern. "Glatt ist sehr gut erreichbar, nur halt von Neckarhausen her nicht. Die innerörtliche Erreichbarkeit der Häuser und Betriebe ist stets gegeben." Und sollten Anwohner von einer Einschränkung durch die Baustelle betroffen sein, so werden diese rechtzeitig per Flyer informiert. Und überhaupt ist der Ortsvorsteher sehr bemüht um die Belange der Anwohner. Auf der Baustelle gibt es jede Woche einen Termin vor Ort, bei dem eben auch mögliche Probleme angesprochen werden und nach einer Lösung gesucht wird.