Stefan Kaufmann Foto: Piechowski

Der Neue an der Parteispitze will  Schuster frühere Aussage über OB-Kandidatur abringen.

Stuttgart - Das Ringen um den Kreisvorsitz der Stuttgarter CDU ist entschieden. Der neue Parteichef Stefan Kaufmann, der überraschend schon im ersten Wahlgang gegen Bürgermeisterin Susanne Eisenmann obsiegte, will die Lager jetzt wieder zusammenführen.

Bei den Christdemokraten in der Landeshauptstadt ist eine neue Zeit angebrochen. Der Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann (41) wurde beim Kreisparteitag zum Nachfolger des abgetretenen Kreisvorsitzenden Michael Föll gewählt. Seine schärfste Rivalin, die Bürgermeisterin Susanne Eisenmann (46), wertete dies auf Anfrage als Ausdruck, dass die Delegierten sich die Erneuerung der Stuttgarter CDU "gemächlicher" wünschen, als es mit ihr an der Spitze der Fall gewesen wäre. Doch allein schon der Parteitag brachte Neuerungen.

Erstmals seit Menschengedenken gab es für das Vorsitzendenamt der CDU mehrere Kandidaten, die der Partei noch dazu mehr oder weniger Reformen auferlegen wollten. Zum anderen forderte die Junge Union, OB Wolfgang Schuster dürfe sich nicht erst am 7.Januar erklären, ob er noch einmal bei der OB-Wahl im Herbst 2012 kandidieren wolle. Sonst bliebe zu wenig Zeit. Darüber wird Kaufmann jetzt mit Schuster reden. Die Forderung der JU sei nicht illegitim, sagte er auf Anfrage.

Zuvor hatte Michael Föll am Freitag im Step-Zentrum in Vaihingen den Vorsitz abgegeben - an seinem 46. Geburtstag. Es sei seine bisher größte Geburtstagsparty, noch dazu eine, die ihn persönlich nichts koste, scherzte Föll vor den 327 Delegierten der Stuttgarter CDU-Bezirksgruppen. Nach der Niederlage bei der Landtagswahl, bei der die Stuttgarter CDU drei von vier Direktmandaten verlor, übernehme er die "Ergebnisverantwortung". Für die Niederlage der CDU in Land und Stadt sei die Atomkatastrophe in Japan nicht die alleinige Ursache gewesen. Das Bekenntnis der CDU zu Stuttgart21 habe sogar Wählerstimmen mobilisiert. Aber der Spitzenkandidat sei eben kein Zugpferd gewesen, sondern ein "Malusfaktor", sagte Föll, ohne den Namen Stefan Mappus in den Mund zu nehmen.

Föll erklärte erneut, dass er für anderweitige Aufgaben als eine erneute Bewerbung um den Posten des Ersten Bürgermeisters der Landeshauptstadt nicht bereitstehe.

"Das Land braucht keinen Stuttgart-21-Verhinderungsminister"

Susanne Eisenmann schloss bei ihrer Bewerbungsrede anders als Föll eine OB-Kandidatur in Stuttgart nicht ausdrücklich aus - bestätigte aber auch keine Ambitionen. "Es geht hier um nichts anderes als den Kreisvorsitz der CDU", sagte sie. Die CDU insgesamt müsse sich nicht neu erfinden. Wer mit 39 Prozent stärkste Partei im Land werde, aber die Regierungsbildung nicht beanspruche, habe zuvor etwas falsch gemacht. Die Grünen wären 2011 wegen S21 kein möglicher Partner gewesen, aber bei der SPD zumindest hätte ein Anklopfen möglich sein müssen. In anderen Zeiten müsse die CDU sich Koalitionen mit allen demokratischen Parteien offenhalten.

Kaufmann setzte andere Schwerpunkte. "Die Basis für Schwarz-Grün ist jetzt nicht gegeben", sagte er, und die SPD habe soeben einen Kreisvorsitzenden gewählt, der gegen S21 sei. Das Land brauche keinen Stuttgart-21-Verhinderungsminister der Grünen, sondern einen Verkehrsminister, der sich um Infrastruktur kümmere. Es könne auch nicht sein, dass Bauingenieure wie der bisherige S-21-Projektleiter Hany Azer bedroht würden, weil sie geltendes Baurecht umsetzen wollten, sagte er - und erhielt starken Beifall. Klare Kante zeigte Kaufmann auch bei Eisenmann. Das Amt des Kreisvorsitzenden sei unvereinbar mit einer OB-Kandidatur, sagte er. Er trete für Unabhängigkeit des Kreisverbands von der CDU im Rathaus ein.

Eisenmann forderte wirkliche Änderungen statt immer mehr Papiere mit Überlegungen, wie die CDU in der Großstadt wieder zum Erfolg geführt werden könnte. Die kommunalpolitische Basis der CDU müsse in die Stadtgesellschaft hinein erweitert werden, sagte Eisenmann, die 20 Jahre kommunalpolitische Erfahrung und ihre Wahlerfolge in die Waagschale warf.

Der dritte Kandidat, Karl-Christian Hausmann, betonte: "Ich lebe Familie." Und die CDU Stuttgart müsse klar als Partei der Familien erkennbar sein. Für ihn stimmten aber nur 21 Delegierte, für Eisenmann 130, für Kaufmann 175. Der Abgeordnete erreichte damit die nötige absolute Mehrheit von 164 Stimmen schon im ersten Wahlgang. Er sprach von einem "ehrlichen Ergebnis". Nun müssten alle an einem Strang ziehen. Die Zeit der Grabenkämpfe müsse vorbei sein.

Eisenmann sagte auf Anfrage, die Kreispartei sei fast in zwei Hälften gespalten. Bei der OB-Wahl brauche die CDU aber große Geschlossenheit. "Wir müssen von morgen an daran arbeiten, die Gräben zuzuschütten." Sie bleibe dabei, dass es nur um den Kreisvorsitz gegangen sei. Über einen CDU-Kandidaten für die OB-Wahl müssten zwingend die Mitglieder entscheiden.

Kaufmann, in dessen bisherige Funktion als Vize die Bundestagsabgeordnete Karin Maag gewählt wurde, strebt ebenfalls eine Mitgliederbefragung an. Ob dies auch gelten soll, wenn Schuster erneut antreten möchte, will Kaufmann intern " zur Diskussion stellen". Auf die Frage, ob Eisenmann in einem Wettbewerb um die OB-Kandidatur jetzt chancenlos wäre, sagte Kaufmann: "Es ist sicher nicht einfacher für sie geworden, falls sie kandidieren möchte."