Das Haus Höhenfried in Rohr: Noch mit Duschcontainern vor dem Haupteingang – doch jetzt Domizil für die ersten Flüchtlinge Foto: StN

Die Aufregung um die neue Asylunterkunft auf der Rohrer Höhe war groß – doch am Donnerstag zogen die ersten Bewohner in aller Stille ins ehemalige Haus Höhenfried ein. Der Flüchtlingsdruck auf Stuttgart aber bleibt hoch.

Stuttgart - Es hat zu regnen aufgehört, als das einstige Schwesternwohnheim der Diakonie aus dem Dornröschenschlaf erwacht. 44 Flüchtlinge aus Algerien, Mazedonien, Bosnien, dem Kosovo, Irak, Sri Lanka und Syrien sind Donnerstagmittag mit dem Bus aus Karlsruhe im Stadtteil Rohr angekommen. Im Gebäude an der Arthurstraße warten auf sie 94 Zweibettzimmer mit Waschbecken – nur das Warmwasser funktioniert noch nicht. Vor dem Haupteingang stehen dafür zwei blaue Duschcontainer.

Das Haus Höhenfried, ehemaliges Diakonissenheim, soll etwa 150 bis 200 Flüchtlinge aufnehmen – bisher aber ist das Werk unvollendet. Bauarbeiter müssen die Elektrik sanieren, beim Brandschutz nachbessern, teils neue Fußböden legen. „Da muss noch improvisiert werden“, sagt Friedhelm Nöh von der Arbeiterwohlfahrt, die das Haus mit drei Mitarbeitern betreibt.

Was zählt, ist der gute Wille. Und auch von außen kommt Hilfe: Am Abend vor der Ankunft hat sich der Freundeskreis Flüchtlinge getroffen, ehrenamtliche Helfer, die angesichts der neuen Flüchtlingswellen wieder zusammenfinden. „25 Interessierte sind gekommen“, freut sich Gudrun Nitsch, pensionierte Deutschlehrerin aus Vaihingen, die sich seit Jahrzehnten in der Flüchtlingshilfe engagiert. Jede Woche will man sich im Haus treffen, den Flüchtlingen helfen, Brücken zu Anwohnern bauen. Zwei syrische und kroatische Dolmetscherinnen sind dabei. „Als Erstes müssen wir in das anfängliche Chaos Struktur reinbringen“, sagt Gudrun Nitsch.

Der Druck ist groß

Denn eine Flüchtlingsunterkunft hat nicht gerade ein hohes Ansehen in der Nachbarschaft. So viele Nationen, so viele Probleme, so viele Leute: Ein älterer Nachbar forderte bei einem Informationsabend einen Zaun um das Anwesen, „um die Anwohner zu schützen“. Andere beklagten eine mangelhafte Informationspolitik.

Ende Juli hatte die Stadt den Pachtvertrag mit der Diakonie für zweieinhalb Jahre unterschrieben. „Dafür sind wir unheimlich dankbar“, sagt Stefan Spatz, stellvertretender Leiter des Sozialamts. Denn der Druck ist groß. Die Zahl der Flüchtlinge steigt, es fehlen die Plätze in der Stadt. „Mit der Kapazität des Hauses in Rohr haben wir vorübergehend Luft bekommen“, sagt Spatz, „aber das wird wohl schon dieses Jahr nicht mehr ausreichen.“

Für Alarm sorgt die Landesaufnahmeeinrichtung in Karlsruhe: „Die bisherigen Prognosen, wonach Baden-Württemberg vom Bund monatlich 1300 Asylbewerber zugeteilt werden, sind überholt“, sagt der zuständige Abteilungspräsident Manfred Garhöfer. „Wenn wir die Zahlen vom September hochrechnen, werden das monatlich eher 2000.“ Für die Stadt Stuttgart bedeutet das: Im Oktober müssen nicht 76 Flüchtlinge untergebracht werden, sondern 117.

Dabei ist das Gros der syrischen Flüchtlinge noch nicht angekommen. Der Bund will 5000 Kontingentflüchtlinge aufnehmen, 650 sollen nach Baden-Württemberg, 38 nach Stuttgart. „Wir suchen dringend weitere Liegenschaften“, sagt Spatz. Immerhin, sagt er, „gibt es einen Hoffnungsschimmer“.