Am Landgericht Rottweil ist im Fall des 26-Jährigen, der wegen Vorwürfen von Bedrohung an den Bahnhöfen Loßburg, Alpirsbach und Freudenstadt verurteilt war, ein Urteil gefallen. Ihn erwarten sechs Monate Freiheitsstrafe.
Alpirsbach - Als der Richter mit seinen zwei Schöffen den Sitzungssaal nach etwa einer halben Stunde Beratungszeit wieder betrat, gingen alle Beteiligten von einem Schuldspruch aus. Zu überzeugend und eindeutig waren die Zeugenaussagen und Beweise gegen den Angeklagten. Dieser hatte bis zum Schluss keinerlei Einsicht gezeigt und die Tathergänge mit teils abstrusen Begründungen von sich gewiesen. Einzig mit seinen letzten Worten entschuldigte er sich für die Vorfälle und versprach, nicht mehr straffällig zu werden.
Dem 26-Jährigen werden im Wesentlichen vier Taten vorgeworfen. Im Dezember 2019 soll er am Bahnhof in Loßburg eine Passantin und ihren Sohn mit einem Stein bedroht und der Mutter mit dem Tod gedroht haben. Am Folgetag soll der Angeklagte am Bahnhof in Alpirsbach einer Glasflasche den Boden abgeschlagen und damit versucht haben, einen Jugendlichen am Bauch zu verletzen. Auch ihm soll er mit dem Tode gedroht haben. Im Januar 2020 soll der Mann in einem Zug, der in Freudenstadt hielt, zwei Kopfstützen mit einem Messer beschädigt haben.
Am dritten Verhandlungstag sagten noch einmal drei weitere Zeugen zu den Taten in Loßburg und Freudenstadt aus. Darunter die geschädigte Mutter aus Loßburg und zwei Männer, die den Tathergang am Freudenstädter Bahnhof beobachtet haben. Sie alle bestätigten in ihren Ausführungen die Vorwürfe gegen den Angeklagten. Die erste Zeugin konnte sich noch genau an die Drohungen von damals erinnern. Sie habe Angst gehabt und im Nachhinein geweint, sodass sie am selben Tag auch nicht mehr arbeitsfähig gewesen sei.
Dem Richter platzt der Kragen
Die beiden Zeugen zu der Tat in Freudenstadt – die beschädigten Kopfstützen – schilderten nachvollziehbar den Vorfall. Angesprochen darauf, ob sie sich erinnern können, dass der Angeklagte ein Messer mit sich geführt hat, stimmten beide ohne zu zögern zu. Die Aussage des Angeklagten vom ersten Verhandlungstag, auf den Überwachungsbildern sei kein Messer, sondern ein Brief zu sehen, ließ den zweiten Zeugen für einen kurzen Moment sprachlos zurück. "Er hatte ein Messer und hat das damals auch so gesagt", erinnerte er sich.
Nach den Zeugenaussagen begann der Angeklagte abermals, die Schuld von sich zu weisen. Die anderen Leute hätten ihn provoziert. Da platze dem Richter erneut der Kragen: "Was haben die Leute mit den Sitzen zu tun?" Der 26-Jährige hatte auf diese Frage zunächst keine Antwort. Nach kurzer Bedenkzeit setzte er jedoch zu einer Erklärung an, bis sich auch einer der Schöffen einschaltete. Er drohte, die Sitzung zu verlassen, wenn sich der Angeklagte nicht mäßige und endlich die Wahrheit sage. "Das ist wie im Kindergarten. Wir sind hier vor einem deutschen Gericht", so der Schöffe.
In den folgenden Plädoyers waren sich sowohl Verteidiger als auch Staatsanwältin der Schuld des Angeklagten bewusst. Der Verteidiger versuchte, die sechsmonatige Freiheitsstrafe aus erster Instanz auf eine dreimonatige Strafe auf Bewährung inklusive einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu senken. Er begründete dies damit, dass der Angeklagte bereits aufgrund einer früheren Tat in Haft sitzt und er durch diese zur Besinnung gekommen sei. Zudem sieht er den zweiten Tatbestand des Versuchs der gefährlichen Körperverletzung nicht als erfüllt an, da der Angeklagte nie die Absicht gehabt habe, das Opfer wirklich zu verletzen. Doch auch der Verteidiger räumte ein, dass sein Mandant vermutlich lügt: "Er hat halt Angst vor dem Gefängnis, das ist menschlich."
Milderes Urteil wäre möglich gewesen
Die Staatsanwältin folgte dem Vorschlag des Verteidigers, die versuchte Körperverletzung aus der Anklageschrift herauszunehmen. Sie räumte auch die weiteren strafmildernden Aspekte ein. Jedoch hätten die bisherigen Strafen den Angeklagten nicht beeindruckt und eine Bewährung komme durch eine fehlende positive Sozialprognose nicht in Frage. Unter Einbeziehung des Urteils aus Horb von Januar 2021, aufgrund dessen der 26-Jährige bereits in Haft sitzt, plädierte sie für eine Freiheitsstrafe von fünf Monaten und eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen.
Der Richter verurteilte den Angeklagten letztlich unter Einbeziehung des Urteils aus Horb zu einer sechsmonatigen Gefängnisstrafe und einer Geldauflage von 40 Tagessätzen. Er führte in seiner Begründung aus, dass eine mildere Strafe zwar möglich gewesen sei, der Angeklagte dem Gericht aber keinerlei Chance gegeben habe. "Ich bin ein bisschen sprachlos. Das ist eigentlich ein bisschen dumm", sagte der Richter und führte weiter aus: "Sie müssen vielleicht mal anfangen, an sich zu arbeiten. Sie haben immer mit jemanden Streit." Aufgrund der bereits verhängten Gefängnisstrafe von Januar 2021 gebe es außerdem auch keinen Grund, die Strafe zur Bewährung auszusetzen.