Bundesumweltministerin Steffi Lemke kündigte an, dass die Bundesregierung die Einstufung der Atomkraft als nachhaltig ablehnen will. (Archivbild) Foto: dpa/Kay Nietfeld

Die Atom-Pläne der EU-Kommission sind umstritten. Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat nun ein „klares Nein“ der Bundesregierung angekündigt. Die Einstufung der Atomkraft als nachhaltig soll abgelehnt werden.

Berlin, Brüssel - Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat ein „klares Nein“ der Bundesregierung zu den Atom-Plänen der EU-Kommission angekündigt. Derzeit werde eine Stellungnahme erarbeitet, in der die Einstufung der Atomkraft als nachhaltig abgelehnt werde, sagte Lemke am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. Unterdessen verlängerte die EU-Kommission die Frist für die Stellungnahmen der Mitgliedsländer.

„Das vertritt die Bundesregierung geschlossen“, betonte Lemke mit Blick auf die Koalition von SPD, Grünen und FDP. Die Ministerin räumte zugleich ein, dass die Stellungnahme der Bundesregierung rechtlich nicht bindend sei.

Stellungnahme soll sich an Koalitionsvertrag orientieren

Am Montag wies die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann in Berlin darauf hin, dass die Stellungnahme in der Regierung noch bearbeitet werde. Sie werde sich am Koalitionsvertrag orientieren. Dort ist unter anderem festgehalten, dass die Bundesregierung am deutschen Atomausstieg festhält und sich auf europäischer Ebene dafür einsetzt, dass die Atomenergie für die von ihr verursachten Kosten selbst aufkommt.

Nach dem Willen der EU-Kommission sollen Investitionen in Atomkraft- und Erdgaskraftwerke unter bestimmten Bedingungen als klimafreundlich gelten. Diese Einstufung soll Teil der sogenannten Taxonomie werden. Das lässt sich Angaben der Brüsseler Behörde und einem kursierenden Text entnehmen, der den noch nicht öffentlichen Gesetzentwurf der Kommission darstellen soll.

Die Taxonomie betrifft alle möglichen Wirtschaftstätigkeiten und Branchen, darunter Forstwirtschaft, Verkehr, Bau und Energie. Sie soll Anlegern und Investoren Orientierung geben, wo sie mit ihrem Geld Nachhaltigkeit voranbringen können.

Frist für die Stellungnahmen verlängert

Die Vorschläge zu Gas und Atom werden in einem eigenen Rechtsakt gefasst. Er liegt im Entwurf den EU-Ländern vor. Die EU-Kommission hat unterdessen die Frist für die Stellungnahmen aus Berlin und den übrigen Hauptstädten von Mittwoch dieser Woche auf Freitag kommender Woche verlängert. Ein Sprecher verwies am Montag in Brüssel darauf, dass das Jahr gerade erst angefangen habe und es unter anderem die Weihnachtspause gab: „Es ist also ganz natürlich, dass wir ein bisschen mehr Zeit geben.“

Wenn die Stellungnahmen vorliegen, wird die Kommission ihren offiziellen Vorschlag vorlegen. Dieser wird dann vier oder im Fall einer Verlängerung sechs Monate von EU-Ländern und Europaparlament geprüft. Haben diese keine Einwände, wird der Vorschlag Gesetz. Um Einwände zu erheben, braucht es im Parlament eine einfache Mehrheit. Im Ministerrat sind die Hürden höher und damit die Wahrscheinlichkeit eines Einspruchs geringer. 20 Mitgliedstaaten müssten zusammenfinden, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten.

Die Bundesregierung lehnt die Einstufung der Atomkraft ab, befürwortet aber, dass Investitionen in Gaskraftwerke für eine Übergangszeit als nachhaltig klassifiziert werden. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums sagte am Montag, Ministerin Lemke habe sich zur Atomkraft geäußert und damit nur zu einem Teil des EU-Vorschlags - aber nicht darüber hinaus.