An den Börstinger "Bläsern" blubbert und gluckst es immer noch. Foto: Bieger Foto: Schwarzwälder-Bote

Geschichte: Vortrag über die Herkunft der Kohlensäure

Starzach-Börstingen (ab). Zur Geschichte und Herkunft der Kohlensäure im "Schwäbischen Sauerland" im Neckartal gibt es im Börstinger Dorfmuseum am Neckartal-Erlebnis-Tag am morgigen Sonntag, 25. September, um 14 Uhr einen interessanten Vortrag: "100 Jahre Kohlensäurenutzung zwischen Eyach, Bad Imnau und Bad Niedernau".

 

Schon 1813 berichtete der Börstinger Schultheiß über drei Quellen auf seiner Gemarkung unterhalb der Weitenburg. Er ahnte damals nicht, dass dort ein großes Rohstoffvorkommen vorhanden war, das rund 80 Jahre später industriell ausgebeutet wurde und seine Heimat als das "Schwäbische Sauerland" in ganz Deutschland bekannt machte.

Die "Eyacher Kohlensäure-Industrie" erlebte eine lange Blütezeit und belieferte als Anbieter von Gasen für Technik, Medizin, Wissenschaft, Umweltschutz und Getränkehandel die ganze Bundesrepublik.

Damals waren die Brodelbecken leicht aufzufinden: Die Vegetation verriet sie durch saftiges Grün und üppige Fülle, dazu lagen verendete Vögel und Katzenkadaver herum. "Branntweinbrünnele" nannten die Börstinger eine kleine Quelle, denn wer sich länger dort aufhielt, fing an zu taumeln und musste sich schnellstens entfernen. Wilhelm Raydt erwarb die betreffenden Landstreifen im Gewann "Im Winkel" für 46 000 Mark und die Lohmühle für 54 000 Mark, um sich die Wasserkraft zu sichern.

Bereits fünf Jahre nach den positiven Probebohrungen gab es Zweigniederlassungen in Berlin, Wien und Zürich mit Abfüllstationen. Aus der Lohmühle wurde eine Maschinenhalle. Mit einer Hochdruckleitung wurde die flüssige Kohlensäure zur 1,5 Kilometer entfernten Bahnstation Eyach geführt, wo Arbeiter das Kohlenstoffdioxid in Versandflaschen und Tankwagen abfüllten.

Das Wasser der gefassten Quellen wurden von einigen Privatpersonen, wie dem Lammwirt Konrad Lachenmaier kommerziell schon 1874 mit der neu eröffneten Bahn bis nach Stuttgart vertrieben. Dieses Wasser war "kristallhell, völlig geruchsfrei, von perlender Frische und mildsäuerlichem Geschmack". Auch Wilhelm Diefenbach , der später die Firma "Löwen-Sprudel" in Obernau gründete, füllte hier ab.

Der Rohstoff hatte jahrzehnte lang Hochkonjunktur und bis zu 115 Bürgern aus Börstingen Arbeit gebracht.

Das Aus kam fast genau 100 Jahre nach dem Beginn der Kohlensäureproduktion im Neckartal – 1994 für die Firma Buse und 1998 für die Firma Air Liquide, die mittlerweile die Firma Agefko übernommen hat. Die Kohlensäurevorkommen sind seit Mitte des 20. Jahrhunderts weitgehend erschöpft. Lediglich die Sauerwasserquellen werden bis heute zur Getränkeherstellung in Bad Imnau und in Obernau genutzt.

Heute beginnen einige Quellen wieder zu Brodeln. So im Gewann "Im Winkel". Hier drückt die ausströmende Kohlensäure das rostbraune Wasser bis zu 40 Zentimeter in die Höhe.