Interview: Gemeinderat im Gespräch über seine neugegründete ULS und deren Ziele für die Zukunft

Starzach. Überraschend erklärte Ratsmitglied Harald Buczilowski in einer Sitzung des Gremiums im September seinen Austritt aus der Fraktion, Freie Bürger Starzach. Gleichzeitig kündigte er an, er wolle eine neue Fraktion, die Unabhängige Liste Starzach, gründen. Wie es darum nun steht, erläutert er dem Schwarzwälder Boten im Interview.

Wieso haben Sie sich zu dem Schritt entschieden, eine Unabhängige Liste Starzach (ULS) zu gründen?

Im Gemeinderat in Starzach gab es zwei Listen: die Freien Bürger Starzach (FBS) und die Bürgervertretung Starzach (BVS) mit jeweils sechs Gemeinderäten. Auch wenn die meisten Entscheidungen im Gemeinderat einstimmig fallen, so gab es doch bei manchen Abstimmungen eine Blockbildung: Auf der einen Seite die BVS, auf der anderen die FBS. Der Bürgermeister hatte dann die entscheidende Stimme. Diese Blockbildung wollte ich durch die Gründung der Unabhängigen Liste aufheben. Die Gründung musste rechtzeitig vor der nächsten Wahl zum Gemeinderat erfolgen, um noch Kandidatinnen und Kandidaten zu gewinnen.

Wofür soll die ULS stehen?

Wie der Name schon sagt, soll die ULS für eine unabhängige Position stehen: Ich möchte mit der Liste für die Belange von Starzach und seiner Einwohnerinnen und Einwohner arbeiten, immer an der Sache orientiert: Ohne Beeinflussung durch Parteien, ohne Bevorzugung einzelner Ortsteile, ohne Einflussnahme durch Vereine und andere Interessengruppen. Der Leitgedanke soll sein: Was ist gut für die Zukunft von Starzach? Dabei werden die einzelnen Gruppen natürlich gehört/beteiligt, aber danach soll immer im Sinne von ganz Starzach entschieden werden.

Welche Ziele hat sich die ULS gesetzt?

Das übergeordnete Ziel ist: Die Einwohnerzahl von Starzach soll möglichst stabil bleiben, jedenfalls nicht sinken. Um dieses Ziel zu erreichen, muss Starzach attraktiv bleiben: Wir brauchen ein gutes und bezahlbares Kindergartenangebot, der Ausbau der Grundschule muss den Anforderungen eines zweizügigen Ganztagesbetriebes gewachsen sein. Außerdem müssen die Voraussetzungen für eine wachsende Anzahl von Seniorinnen und Senioren in den nächsten Jahren geschaffen beziehungsweise verbessert werden, das heißt ärztliche Versorgung, ambulante Dienstleistungen, Mobilitätsangebote sowie soziale Kontaktmöglichkeiten müssen vorhanden sein, um nur einige Punkte zu nennen.

Was halten Sie von der Infrastruktur in der Gemeinde Starzach?

Die muss ebenfalls erhalten und teilweise verbessert werden, indem Einkaufsmöglichkeiten geboten werden, die Straßen in Schuss gehalten werden und ein vernünftiges Nahverkehrsangebot gewährleistet wird. Und die Ortsmitten, zum Beispiel in Wachendorf, müssen attraktiver gestaltet werden. Kurzum: Starzach soll ein Dorf bleiben, in dem wir gerne wohnen und leben.

Ein großes Thema für Sie ist die Grundschulentwicklung in Starzach: Was wollen Sie in diesem Bereich erreichen?

Unsere Kinder sollen einen optimalen Start ins Leben bekommen. Die Grundschule in Bierlingen ist etwas in die Jahre gekommen und erfüllt nicht mehr alle Anforderungen an einen modernen Ganztagesbetrieb. Dies soll angepackt werden. Die ersten Schritte hat der Gemeinderat dazu bereits beschlossen. Weitere müssen folgen.

Gibt es noch andere wichtige Themen in der Gemeinde bei der die ULS anpacken soll?

Ja, zum einen die Leerstände in der Gemeinde: Jeder kennt in seiner Nachbarschaft leer stehende Gebäude. Es sind inzwischen 90 in Starzach, mit stark steigender Tendenz. Das ist ein großes Problem, das angegangen werden muss. Zum einen macht es einen sehr schlechten Eindruck auf Interessenten, die nach Starzach ziehen wollen, zum anderen behindert es die Gemeinde bei der Ausweisung von Baugebieten, weil rechnerisch der Bedarf an Bauplätzen reduziert wird. Wir werden die Bemühungen intensivieren müssen, um mit den Eigentümern der Leerstände zu einer Lösung zu kommen. Zum Anderen muss der Mittelstand durch mehr Wettbewerb bei der Vergabe von Aufträgen durch die Gemeinde gestärkt werden. Denn in manchen Bereichen werden fast immer dieselben Anbieter beauftragt, zum Beispiel bei der Planung von Baugebieten und im Bereich der Kläranlagen. Auch andere Anbieter sollte man zum Zuge kommen lassen. Das Herbizid Glyphosat ist ein wichtiges Thema für unsere Gesundheit. Der Gemeinderat hat vor Kurzem auf innerörtlichen gemeindeeigenen Flächen (also auf Straßenrandstreifen, Kindergärten und Schule) den Gebrauch von Glyphosat ausgesetzt. Dies soll jetzt auch auf die gemeindeeigenen verpachteten Grundstücke ausgeweitet werden. Dazu laufen bereits Gespräche mit den Pächtern.

Sie suchen derzeit noch Kandidaten und Kandidatinnen für die ULS. Was sollten Interessierte mitbringen?

Kandidatinnen und Kandidaten für die ULS sollten eine eigene Meinung haben, diese auch vertreten können und möglichst unabhängig sein. In der ULS soll es keinen Fraktionszwang geben: Wenn jemand anderer Meinung ist, soll dies auch im Gemeinderat vertreten werden können, ohne auf eine Mehrheitsmeinung in der ULS Rücksicht nehmen zu müssen. Dazu kommt, dass die große Mehrheit im Gemeinderat älter ist als 40 Jahre, viele älter als 50 (oder auch 60; ja, auch ich!). Das bedeutet oft eine große Lebenserfahrung, was gut ist. Aber kennen wir noch die Bedürfnisse der unter 40-Jährigen? Ich wünsche mir einen Gemeinderat, in dem auch Jüngere vertreten sind. Im Gemeinderat sitzen außerdem zur Zeit nur drei Frauen. Auch das wünsche ich mir anders! Wer soll die Anliegen von Frauen vertreten, wenn nicht sie selbst?

Wie kann man sich als Kandidat bewerben?

Es freut mich sehr, dass sich nach meinem ersten Aufruf spontan ein paar sehr interessierte Kandidatinnen und Kandidaten bei mir gemeldet haben. Aber unser Team soll noch wachsen. Wer Interesse hat, kann sich bitte über meine E-Mail-Adresse harald.buczilowski@gemeinderatstarzach.de an mich wenden.   Die Fragen stellte Michael Spotts.