Nicolaus Wegele, erster Staatsanwalt und Pressesprecher der Staatsanwaltschaft, Matthias Grundke, leitender Oberstaatsanwalt und Martin Obermeyer, Verwaltungsleiter, berichteten über das Jahr 2022 Foto: Nowotny

Die Tübinger Staatsanwaltschaft, die auch zuständig ist für weite Teile des Landkreises Calw, berichtet über das Jahr 2022. Was hat sich verändert und welche Fälle standen besonders im Vordergrund?

So viele Verfahren wie im vergangenen Jahr hatte die Tübinger Staatsanwaltschaft noch nie zu bearbeiten. Mit insgesamt 58 200 Vorgängen wurde der bisherige Rekord von 2020 mit 56 725 Vorgängen deutlich übertroffen.

Die Staatsanwaltschaft Tübingen ist unter anderem zuständig für das Landgericht Tübingen sowie die Amtsgerichte in Calw und Nagold. Der Zuständigkeitsbereich wird laut Homepage der Staatsanwaltschaft im Norden unter anderem durch die Gemeindegrenzen von Schömberg und Bad Liebenzell begrenzt, im Osten durch die Grenzen der Gemeinden Münsingen, Mehrstetten, und Zwiefalten, im Süden neben weiteren durch die Gemeindegrenzen von Mössingen, Haiterbach und Altensteig. Im Westen bilden die Gemeinden Bad Herrenalb, Bad Wildbad und Enzklösterle die Grenze des Zuständigkeitsbereiches.

Weiterhin hohe Zahl von Sexualdelikten

Matthias Grundke, leitender Oberstaatsanwalt und Nicolaus Wegele, erster Staatsanwalt und Pressesprecher der Staatsanwaltschaft, berichteten jüngst über das vergangene Jahr und hoben besondere Fälle hervor.

Trotz der Vielzahl an Verfahren schafften die Mitarbeiter es, die Verfahrenslaufzeit zu verringern. 39,4 Tage brauchten die Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft im Jahr 2021 vom Eingang bis zur Verfahrensbeendigung. 2022 sank diese Zahl auf 38,4 Tage. Damit liegt die Tübinger Staatsanwaltschaft deutlich unter dem württembergischen Schnitt von 54,7 Tagen, erklärte Grundke bei der Vorstellung.

Besonders auffällig seien nach Angaben des leitenden Oberstaatsanwaltes die auch 2022 weiterhin hohen Eingangszahlen im Bereich der Sexualdelikte, insbesondere die Verbreitung von pornografischen Schriften. Die meiste Arbeit machten im Jahr 2022 jedoch erneut die Fälle von Betrug, Geldwäsche und Untreue. Trotz der leicht sinkenden Zahl von 4730 auf 4647 Verfahren machten diese Verfahren einen erheblichen Anteil an der Zahl der Gesamtverfahren aus.

Auch durch Trickbetrüger, Schockanrufe und falsche Polizisten entstanden vergangenes Jahr wieder sehr hohe Schäden. „Diese Straftaten verlagern sich immer mehr in den virtuellen Raum“, stellt Oberstaatsanwalt Grundke dar. Trotz einzelner Ermittlungserfolge seien die Verfahrenzahlen in diesen Bereichen sehr hoch geblieben, meint er weiter.

Ein erfreulicher Rückgang zeige sich dafür im Bereich der Hasskriminalität. 2021 waren es noch 151 Verfahren. 2022 ging die Zahl auf 74 Verfahren zurück. Das könnte laut Staatsanwaltschaft daran liegen, das die Polarisierung der Gesellschaft im Vergleich zu den Corona-Jahren zurückgegangen sei.

Auch 2022 führten die Fachleute der Staatsanwaltschaft Tübingen eine Vielzahl an Verfahren, die über die Region hinaus Beachtung in den Medien fanden.

Mit einer Eisenstange auf den Kopf geschlagen

Unter anderem gehört dazu die Verurteilung einer 48-jährigen Frau aus Gechingen, die wegen Mordes im September 2022 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Wegen ihrer beengten finanziellen Verhältnisse hatte sie wiederholt Abbuchungen vom Konto der Mutter vorgenommen, der so ein Schaden von 17 000 Euro entstanden sei.

Ende Oktober 2021 hatte die Mutter ihre Tochter zur Rede gestellt. Die Angeklagte soll sich in der Folge, auch aus Sorge um ihr Erbe und aus Angst vor strafrechtlichen Konsequenzen, entschlossen haben, ihre Mutter zu töten. Wenige Tage nach der Aussprache soll die Tochter zunächst versucht haben, ihre noch schlafende Mutter mit einem Kissen zu ersticken. Diese habe sich jedoch zur Wehr gesetzt. Daraufhin soll die Angeschuldigte mit einer Eisenstange mehrmals auf den Kopf der Mutter eingeschlagen haben, wodurch die Mutter kurze Zeit später verstorben ist. Der Bundesgerichtshof erklärte das Urteil nun für rechtskräftig.